Jeder vierte Vertrag gekündigt

„Desaster und Katastrophe”: Finanztip hält Riester für gescheitert

Gut die Hälfte der rund 20 Millionen Riester-Verträge in Deutschland wurden gekündigt oder stillgelegt. Das zeigen Berechnungen von Finanztip. Für Hermann-Josef Tenhagen, den Chefredakteur des Verbraucherportals, ist das ein Desaster. Riester sei gescheitert, meint er.

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13:09 Uhr | 09. September | 2024
Ältere Frau auf Parkbank schaut auf ihr Handy

Schlechte Nachrichten für die ältere Generation: Das Konzept der Riester-Rente gilt bei Experten als gescheitert.

| Quelle: Alistair Berg

Von den mehr als 20 Millionen Riester-Verträgen, die bis Ende 2023 in Deutschland abgeschlossen wurden, existieren 4,6 Millionen, also knapp ein Viertel, bereits nicht mehr, wurden also gekündigt. Bis zu 5 Millionen weitere Verträge sollen ruhen.

Somit werden nur noch gut die Hälfte der einst abgeschlossenen Verträge gefördert. Das ergab eine Recherche des Verbraucherportals „Finanztip“, die auf Daten des Bundesarbeitsministeriums, des Bundesfinanzministeriums und der Deutschen Ren­ten­ver­si­che­rung beruht.

Staatsversagen und gierige Anbieter

Finanztip-Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen spricht angesichts dieser Zahlen von einem Desaster und einer Vollkatastrophe für viele Sparerinnen und Sparer. Das Riester-Konzept sei an geldgierigen Anbietern und einer mangelhaften Finanzaufsicht gescheitert, schreibt Tenhagen in einer Spiegel-Kolumne.

Nach Finanztip-Berechnungen sind bis Ende 2022 knapp 1,8 Milliarden Euro aus der Staatskasse direkt an Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men und Fonds-Gesellschaften geflossen. „Die Anbieter durften Kosten und Provisionen sogar auf die staatlichen Zulagen berechnen. So wurde das Modell Riester-Rente zum Goldesel der Versicherer und Fondsgesellschaften“, sagt Finanztip Altersvorsorge-Experte Martin Klotz.

Verträge nicht voreilig kündigen

Trotzdem warnt Finanztip unzufriedene Sparer davor, ihre Riesterverträge voreilig zu kündigen. „Gerade alte Riester-Verträge mit relativ guten Konditionen sollten Verbraucher weiter besparen“, rät Klotz: „Und bei schlechten Verträgen rechnet es sich eher, sie stillzulegen anstatt sie zu kündigen. Dann bleibt zumindest die staatliche Förderung erhalten, die Sparer sonst zurückzahlen müssten.“ Im Schnitt der vergangenen drei Jahre seien das immerhin rund 1.900 Euro pro Vertragskündigung gewesen.

Einen Ausweg aus der Misere sieht Finanztip in der von der Bundesregierung geplanten Einführung eines neuen Altersvorsorge-Depots, mit dem auch Riestern einfacher und profitabler werden soll. Martin Klotz: „Das neue Depot-Modell muss deutlich weniger kosten und auch für bisherige Riester-Sparer zugänglich sein. Das heißt, dass sie ihr angelegtes Geld kostengünstig und vor allem ohne explizite Zustimmung der bisherigen Anbieter auf das Altersvorsorge-Depot übertragen können. Denn so hätten sie noch eine Chance, ihr Geld aus der Riester-Falle herauszuholen.”