Stimmungsbild mit Licht und Schatten

DKM 2024: Wie zeitgemäß ist die „Leitmesse“ der Branche heute noch?

Brauchen wir die DKM eigentlich noch? Diese Frage wird in der Branche derzeit intensiv diskutiert. Gleichzeitig herrscht beim Veranstalter ziemliche Unruhe. Ein Stimmungsbild im Vorfeld der Messe.

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15:08 Uhr | 22. August | 2024
Blick auf die Messe Dortmund, in der alljährlich die DKM stattfindet

Auch in diesem Jahr lädt die DKM wieder in die Messe Dortmund ein.

| Quelle: DKM

Am 29. und 30. Oktober öffnet in Dortmund wieder die DKM ihre Tore. Die „Deckungskonzeptmesse“ erfährt in diesem Jahr ihre 27. Auflage. Sie gilt als die Leitmesse der Versicherungs- und Finanzbranche schlechthin, als größter Branchentreff des Jahres für ungebundene Vermittler. Doch wie zeitgemäß ist eine solche Megaveranstaltung in Zeiten der Digitalisierung heute eigentlich noch und in welche Richtung entwickelt sich die DKM?

Diese Frage wird in der Branche derzeit heiß diskutiert. So zum Beispiel kürzlich auch auf einem von Alterspree organisierten Barcamp. Befeuert wird die Debatte durch den Umstand, dass hinter den Kulissen des Veranstalters, der bbg Betriebsberatungs GmbH mit Sitz in Bayreuth, derzeit viel in Bewegung ist.

Unruhe hinter den Kulissen

Speziell der Weggang von Geschäftsführer Konrad Schmidt, der die Messe maßgeblich geprägt und gut durch die Corona-Pandemie gebracht hat, scheint eine große Lücke gerissen zu haben. Inzwischen sollen weitere Mitarbeiter die bbg verlassen haben, unter anderem auch aus dem Organisationsbereich. Wie sich das auf die Messe auswirken wird, bleibt abzuwarten.

Fakt ist: An die guten Ergebnisse der Vor-Corona-Zeit hat man noch nicht wieder anknüpfen können. 2019 belief sich die Zahl der Messeteilnehmer laut bbg-Pressemitteilung auf 17.500 und die der Aussteller auf 358. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr lockte die DKM „nur noch“ 13.850 Finanz- und Versicherungsprofis und 285 Aussteller nach Dortmund. Auch gab es vor fünf Jahren noch mehr Themenparks und Kongresse als heute.

Wohin steuert also die DKM? Um das herauszufinden, hörte sich procontra einmal in der Branche um. Das Stimmungsbild zeigt: Es gibt in punkto DKM insgesamt viel Licht, aber auch Schatten.

Beginnen wir mit dem Licht: Niemand der von procontra Befragten möchte auf die DKM und damit auf die persönliche Begegnung mit anderen Branchenvertretern ernsthaft verzichten. Für Kristina Benz zum Beispiel, Leiterin Vertriebsmarketing bei der Continentale Versicherung, bleibt das persönliche Gespräch von Angesicht zu Angesicht essenziell. „Es fördert gegenseitiges Vertrauen und eine erfolgreiche Zusammenarbeit“, sagt sie. Ganz ähnlich die Einschätzung von Franziska Geusen, Hans-John-Geschäftsführerin und AfW-Vorständin. „Aus meiner Sicht ist die DKM nach wie vor eine tolle Möglichkeit, viele Menschen aus unserer wunderbaren Branche an einem Ort zu treffen“, unterstreicht sie.

Comeback der Stuttgarter Versicherung

Welche Bedeutung dieser persönliche Austausch hat, zeigt auch die Tatsache, dass die Stuttgarter nach zwei Jahren Pause wieder auf der DKM vertreten sein wird. In den Jahren der Pandemie hatte sich der Versicherer verstärkt auf digitale und dezentrale Formate fokussiert. Man beobachte jedoch laufend das Kommunikationsverhalten im Markt, insbesondere die Teilnehmerresonanz bei Messen, was zu einer Neubewertung des Kommunikationskonzeptes geführt habe, teilt die Stuttgarter auf Anfrage zu ihrem Comeback mit.

Die DKM, so lässt sich der erste Teil unseres Stimmungsbildes zusammenfassen, ist also tatsächlich immer noch das große Familien- oder Klassentreffen der Branche, auf dem niemand fehlen möchte.

Dass regionale Events die „Leitmesse“ einmal ersetzen könnten, glauben die von uns Befragten mehrheitlich nicht. Allerdings halten sie kleinere Veranstaltungen oder hybride Formate für eine gute und sinnvolle Ergänzung zur DKM. Einzelne Fokusthemen ließen sich so stärker ins Rampenlicht bringen, findet etwa Sebastian Langrehr, CSO der Smart Insurtech AG.

Doch bei aller Zustimmung zur DKM gibt es auch den bereits erwähnten Schatten, also kritische Punkte.

Bleiben Entscheider lieber unter sich?

So hat zum Beispiel Stefan Hedrich, Leiter Maklervertrieb des BGV Badische Versicherungen, den Eindruck, dass immer weniger einfache Vermittler außerhalb Nordrhein-Westfalens zur DKM reisten und es dort auch immer weniger zu einem direkten Kontakt mit Entscheidern komme. Bleiben letztere also lieber unter sich?

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die mit der DKM verbundenen Kosten. Allein die reine Standgebühr kostet laut Messebroschüre schon 490 Euro pro Quadratmeter. Dazu kommen die Personal-, Fahrt- und Übernachtungskosten. Speziell für kleinere Aussteller oft eine immense Belastung.

Das sieht auch Marcel Neumann, Chief Sales & Product Officer und Mitglied der Geschäftsleitung von OCC, mit gemischten Gefühlen. „Die Kosten-Nutzen-Relation muss insbesondere für kleinere Unternehmen tragbar sein“, meint er. Und weiter: „Es ist mir ein großes Anliegen, dass auch kleinen Unternehmen eine kosteneffiziente und nachhaltige Präsentationsmöglichkeit auf der DKM geboten wird.“

Beim Veranstalter verweist man in diesem Zusammenhang auf die seit 2023 geänderten bzw. gestrafften Messe-Öffnungszeiten, wodurch jetzt nur noch eine Hotelübernachtung notwendig sei. Und das bei gleichbleibender Netto-Kontaktzeit. Außerdem, so betont Katrin Taepke, Head of Marketing & PR bei der bbg, sei es gelungen, die Preise für Aussteller trotz der enormen Inflation stabil zu halten.

Wie nachhaltig ist die DKM?

Als letzter kritischer Punkt sei hier noch das Thema Nachhaltigkeit erwähnt. Im Gegensatz zu früheren Jahren setzen zwar immer mehr Veranstalter auf modulare und verschlankte Messestände, die wiederverwendet werden können, und auch billige Wegwerfartikel als Werbemittel sind deutlich weniger geworden, trotzdem bleibt das Thema relevant.

Laura Seitz etwa, Geschäftsführerin der sia digital GmbH, schätzt den „Ressourcenverbrauch und die CO2-Emmissionen, die mit Anreise, Aufbau und Durchführung der DKM einhergehen“ als erheblich ein. Als Beispiel nennt sie die „temporäre Verwendung von Teppichböden in den Hallen, die nach der Messe entsorgt werden.“ Es sei wichtig, solche Praktiken zu überdenken und kontinuierlich nach verbesserten Lösungen zu suchen, meint Seitz, die mit ihrer Meinung nicht allein dasteht.

Auch Slobodan Pantelic, Area Lead Partner & Kunde beim HDI und Vorstand des Vereins Free Insurance Data, meint, dass Präsenzmessen, ganz gleich ob die DKM oder eine andere Messe, aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten immer auch kritisch zu bewerten seien. Gerade die Aussteller seien deshalb gefordert, weniger Müll zu produzieren und unnötige Belastungen der Ressourcen zu vermeiden. 

Bei der bbg weiß man um diese Problematik. „Nachhaltigkeit ist uns als Veranstalter wichtig“, betont Katrin Taepke. So verzichte man zum Beispiel bewusst auf Printerzeugnisse zur Information, setze stattdessen auf die Messe-App. Allen Besuchern empfehle man außerdem die Anreise mit der Bahn zum exklusiven Festpreis, biete vermehrt vegetarisches und veganes Essen vor Ort an oder betreibe Server mit Ökostrom.

Fazit: Es ist vieles in Bewegung rund um die DKM. Das macht einen Besuch in diesem Jahr umso spannender. Schon der Philosoph Heraklit wusste: Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung…

Wie relevant ist die DKM heute noch für Sie?