Beitragssprung bei Tierversicherungen

Kunden erhalten immer häufiger Änderungskündigungen

Der Markt für Tierversicherungen wächst. Indessen steigen auch die Kosten seitens der Versicherer. Die Folge: Prämienerhöhungen und Änderungskündigungen – zum Leidwesen von Versicherungsmaklern und Kunden gleichermaßen.

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15:08 Uhr | 09. August | 2023
Kunden erhalten immer häufiger Änderungskündigungen

Zum Schrecken vieler Zweibeiner versenden immer mehr Versicherer Änderungskündigungen. Der Schutz der Vierbeiner wird damit kostspieliger.

| Quelle: nitiphonphat

Die Deutschen und das liebe Vieh – so ließe sich in Erinnerung an die britische Fernsehserie der teutonische Hang zum Haustier beschreiben. Die Vierbeiner haben es den Deutschen angetan: In jedem zweiten Haushalt leben Hunde oder Katzen. Auch die Anzahl der Pferdehalter steigt kontinuierlich. Selbst die gestiegene Inflation konnte der Liebe zum kostspieligen Ross nichts anhaben, im Gegenteil: Besaßen im Jahr 2018 noch circa 920.000 Menschen ein Pferd, waren es laut Statistischem Bundesamt im vergangenen Jahr bereits rund 1,1 Millionen.

Wenngleich nur die Hälfte der Tiere versichert ist und das zumeist auch nur im Rahmen einer Tierhalterhaftpflichtpolice, erklären laut einer Studie des Marktforschungsunternehmens Nordlight Research immerhin 80 Prozent der Tierbesitzer zumindest ihr Interesse an dem Schutz. Für Makler handelt es sich um ein lukratives Geschäftsfeld. Im Schnitt können sie zwischen 15 und 25 Prozent der Nettobeiträge verdienen, schätzt Oliver Janes, Geschäftsführer des auf Tierpolicen spezialisierten Versicherungsmaklers Puntobiz.

Zumal der Run auf Tierpolicen seit Inkrafttreten der neuen Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) noch steigen dürfte. Im vergangenen Jahr wurden die Gebühren das erste Mal seit über 20 Jahren angepasst. Für Tierärzte war das ein positives Signal, denn immer mehr Praxen sind unter der Kostenlast eingeknickt. Nun sind Operationen und andere Behandlungen jedoch um durchschnittlich 20 Prozent teurer geworden. Es kommt dabei aber auf das jeweilige Tier an. Für den Schutz von Pferden müssen die Besitzer noch einmal deutlich tiefer in die Tasche greifen: „Die Versicherer haben ihre Prämien teilweise um bis zu 50 Prozent angehoben“, sagt Daniel Jokisch, Spezialmakler für die Einhufer.

Massive Zunahme von Änderungskündigungen

Gute Zeiten also für Makler und Versicherer mit entsprechenden Schutzkonzepten im Portfolio? Jein. Denn für die einen wird die Beratung schwieriger, weil für die anderen die Kosten in die Höhe geschnellt sind. Die Inflation zieht weite Kreise und nimmt alle Versicherungssparten in die Mangel.

Die Gemengelage ist für Makler insofern schwierig geworden, weil ihre Kunden immer öfter von sogenannten Änderungskündigungen betroffen sind. „Änderungskündigungen haben seit der GOT-Veränderung massiv zugenommen“, erklärt Janes gegenüber procontra. „Das Verhalten der Versicherer erscheint mir panisch und kann ich auch nicht mehr als seriös bezeichnen.“  

Auch Pferdemakler Jokisch sagt, die Versicherer würden ihre Bestände derzeit rigoros sanieren. „Das ist aber auch eine Frage des Stils“, so der Spezialmakler. Einen Versicherer, der Kunden nach einem Schadenfall den Schutz aufkündigt, empfiehlt er nicht mehr. Seit der Erhöhung der Gebührenordnung registriert er eine gestiegene Nachfrage nach dem Schutz für die Vierbeiner.

„Kündigungen sind unausweichlich.“

Allein die Frage bleibt: Wer kann sich das noch leisten? Viele Kunden können die massiven Kostensteigerungen nicht mehr schultern, glaubt Janes. „Die Zeiten mit günstig sind vorbei“, warnt der Versicherungsmakler. Wenn dann noch Leistungen gekürzt werden, sehen die Versicherungsnehmer lieber ganz vom Schutz ab. „Kündigungen sind unausweichlich“, gibt er zu.

Dabei ist auch bei ihm die Nachfrage enorm gestiegen. „Aber auch von kranken und nicht mehr versicherbaren Tieren.“ Doch die Versicherer haben in ihrer Annahmepolitik durchaus rigide Grenzen festgelegt: Für eine zehn Jahre alte Samtpfote wird ein Versicherungsschutz schon schwierig. Dabei leben Katzen je nach Rasse mitunter doppelt so lange.

Das Kosten- und Kündigungsproblem wird sich absehbar auch nicht abschwächen, denn noch immer haben manche Anbieter ihre Beiträge nicht an die neue Kostensituation angepasst. „Sie werden ihre Kollektive früher oder später mit unzumutbaren Preiserhöhungen bestrafen“, befürchtet Janes.

In einigen Bundesländern wie in Nordrhein-Westfahlen müssen Halter von Hunden, die größer als 40 Zentimeter beziehungsweise schwerer als 20 Kilo sind, eine Haftpflichtversicherung abschließen. Der gesundheitliche Versicherungsschutz hingegen ist freiwillig. Kürzlich wurde der Ruf nach einer verpflichtenden Tierversicherung laut. In mehreren beim Bundestag eingereichten Petitionen wurde eine solche Pflichtversicherung gefordert. Davon hält Makler Janes indessen nichts. „Tierhaltung ist und war noch nie preiswert, das waren immer Märchen aus den Marketingabteilungen der Versicherer“, sagt er. Zumal es auch Tierhalter gebe, die keine Versicherung brauchen. Sie zu einer Absicherung zu zwingen, hält er für absolut unseriös.