Wohngebäudeversicherung

Verbraucherzentrale klagt erfolgreich gegen Gothaer-Vertreter

Ein Bezirksdirektor der Gothaer wollte die Wohngebäudeprämie eines Kunden anheben, wenn dieser nicht innerhalb von 14 Tagen widersprach. Da Schweigen aber nicht mehr „ja“ bedeutet, kassierte er damit vor Gericht eine Niederlage.

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16:05 Uhr | 15. Mai | 2024
Verbraucherzentrale klagt erfolgreich gegen Gothaer-Vertreter

Ein Bezirksdirektor der Gothaer wollte die Wohngebäudeprämie eines Kunden anheben, wenn dieser nicht innerhalb von 14 Tagen widersprach. Da Schweigen aber nicht mehr „ja“ bedeutet, kassierte er damit vor Gericht eine Niederlage.

| Quelle: gorodenkoff

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat einen Rechtsstreit gegen eine Bezirksdirektion der Gothaer Versicherung gewonnen. Das Landgericht Baden-Baden entschied (Az. 5 O 26/23 KfH), dass der Ausschließlichkeitsvertreter Uwe Z. – die VZ BaWü nennt ihn diesbezüglich mit vollem Namen auf ihrer Internetseite und verlinkt auch auf das schriftliche Urteil – gegen das Verbot der „Erklärungsfiktion“ verstoßen hat. Er habe einen Kunden irreführend getäuscht und sich damit einen unrechtmäßigen Wettbewerbsvorteil verschafft. Dies hat Z. in Zukunft zu unterlassen. Bei Zuwiderhandlung drohen, wie in solchen Fällen üblich, bis zu 250.000 Euro Ordnungsgeld oder bis zu sechs Monate Ordnungshaft.

Konkret hatte der Bezirksdirektor der Gothaer Versicherung einem seiner Wohngebäude-Kunden ein Schreiben zugestellt, in dem er zusätzliche Leistungen der Wohngebäudeversicherung der Gothaer Versicherungsbank VVaG anbot. Darin hieß es:

Für die deutlichen Mehrleistungen, wird jedoch ein jährlicher Mehrbetrag von 35 Euro brutto notwendig. Sollten wir innerhalb der nächsten 14 Tage keine anderslautende Rückmeldung von Ihnen erhalten, werden wir die Umstellung Ihres Vertrages zum 31.12.2022 für Sie veranlassen.

Schweigen heißt nicht „ja“

Zwar widersprach der Kunde der angekündigten Erhöhung und der Änderung des Vertrags umgehend. Weil ihm das Vorgehen des Vertreters aber merkwürdig vorkam, meldete er den Fall der VZ BaWü. „Eine Erhöhung durchzusetzen, nur weil jemand sich nicht rechtzeitig meldet, ist nicht zulässig“, schätzte deren Versicherungsexperte, Peter Grieble, die Situation ein – und lag richtig.

Denn wie das Gericht bestätigte, ist das Schweigen eines Verbrauchers keine Willenserklärung. Der „Erklärungsfiktion“ oder auch „Schweigen heißt Ja“-Regel setzte der BGH im Jahr 2021 ein Ende. Somit suggerierte der Gothaer-Vertreter seinem Kunden ein Recht, das ihm nicht zusteht und handelte damit irreführend, erklärten die Baden-Badener Richter. Die Einwände des Vertreters, es handle sich bei dem Kunden nicht um einen Verbraucher oder die Abmahnfrist sei zu kurz gesetzt gewesen, konnte das Gericht nicht zustimmen. Die Klage der Verbraucherschützer sei zulässig, begründet und ihr sei in vollem Umfang stattzugeben.

Vertreter prüft Rechtsmittel

Laut der VZ BaWü hatte Z. auf die Abmahnung hin keine Unterlassungserklärung abgeben wollen, woraufhin sie gegen ihn Klage erhob. Im Urteilstext heißt es: „Der Beklagte verteidigt sein rechtswidriges Verhalten vorbehaltlos und uneingeschränkt als rechtlich zulässig, sodass neben der Wiederholungsgefahr auch die (Erst-) Begehungsgefahr gegeben ist.“ Auf procontra-Nachfrage erklärte Z. an diesem Mittwoch, er wolle sich nun mit seinem Anwalt über das weitere Vorgehen beraten und gegebenenfalls auch den Einsatz von Rechtsmitteln prüfen.

Die Gothaer erklärte auf procontra-Nachfrage, dass es sich bei dem Vorgehen um eine Entscheidung des selbstständigen Vertreters gehandelt habe, die nicht in Abstimmung mit der Gothaer erfolgt war. Weder sei das Gerichtsverfahren von der Gothaer begleitet noch finanziert worden.