Rechtliche Einschätzung

„Makler sollten weiter selbstbewusst das Wort ‚unabhängig‘ verwenden“

Nach einem Urteil gegen einen Makler scheiden sich die Geister, ob Makler auf ihrer Website mit "unabhängiger Beratung" werben sollten oder dadurch Gefahr laufen, abgemahnt zu werden. Rechtsanwalt Norman Wirth sieht darin nach wie vor kein Problem und sagt Unterstützung gegenüber Verbraucherschützern zu.

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12:07 Uhr | 01. Juli | 2024
Norman Wirth
| Quelle: AfW

Ein Urteil - viele Meinungen. Am 7. Februar bestätigte das OLG Köln (Az. 6 U 103/23) ein Urteil des Landgerichts: Dabei ging es um die Abgrenzung eines Versicherungsmaklers von einem Versicherungsberater - also einem Honorarberater. Das OLG sah zwar Überschneidungen in den Tätigkeiten eine Versicherungsmaklers und eines Versicherungsberaters, grenzte den Berater aber eindeutig als denjenigen ab, der gegenüber den Versicherern eine finanziell unabhängige und insoweit auch objektive und neutrale Stellung einnimmt.

Der BVK rät Maklern aufgrund des Urteils klarzustellen, dass sie zwar nicht persönlich von einem bestimmten Versicherer abhängig sind, die angebotene Dienstleistung jedoch nicht unabhängig erfolgt, weil sie auf Provisions-/Courtagezahlungen angewiesen sind. „Sollte es dazu kommen, dass eine solche Klarstellung regelmäßig gefordert wird, so könnte dies im Rahmen einer erweiterten Erstinformation im Bereich der Vergütungsinformation erfolgen. Denn die Annahme einer Courtage ist nicht untersagt, der Vermittler darf dann jedoch nicht mit einer „unabhängigen Beratung“ werben“, heißt es in der Verbandzeitschrift des BVK.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (BZBV)  titelte sogar triumphierend „Versicherungsvermittler dürfen sich nicht als unabhängig darstellen“ https://www.vzbv.de/urteile/versicherungsvermittler-duerfen-sich-nicht-als-unabhaengig-darstellen.

Doch diese Aussage ist laut AfW-Vorstand und Rechtsanwalt Norman Wirth ganz offensichtlich wider besseres Wissen der dafür Verantwortlichen falsch und irreführend und einer von Steuergeldern finanzierten Organisation nicht würdig.

Als Berater darstellen: Nein! - Als unabhängig darstellen: Ja!

Rechtsanwalt Norman Wirth ist der Ansicht, dass das erst- und seit einigen Monaten vorliegende, rechtskräftige zweitinstanzliche Urteil gegen einen Makler, an der bisherigen und aktuellen Rechtslage grundsätzlich nichts ändert. Ein Makler, der sich quasi wie ein Versicherungsberater darstellt muss damit rechnen, rechtskräftig abgemahnt zu werden. Das heißt aber nicht, dass man nicht von sich sagen darf, dass man unabhängig ist!

Makler sind Sachwalter der Kunden

Wirth führt weiter aus: Abgesehen davon, dass von den dort genannten drei Urteilen, eines erstinstanzlich und später nur noch in der zweiten Instanz bestätigt wurde und das dritte Urteil noch nicht rechtskräftig ist (Berufung wurde durch die Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte für den betroffenen Vermittler eingelegt): Wir alle wissen, dass der Begriff Versicherungsvermittler der Oberbegriff für Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler ist – Paragraf 59 Absatz 1 VVG. Versicherungsvertreter sind nach deutschen Recht für ein Unternehmen tätig, stehen in dessen „Lager„ und sind damit nicht unabhängig. Versicherungsmakler sind hingegen treuhänderischer Sachwalter des Kunden – so der Bundesgerichtshof in seinem wichtigen „Sachwalterurteil“ -, in seinem Interesse tätig, stehen also in seinem „Lager“, und empfehlen nach den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden aus der Breite des Marktes passende Versicherungsprodukte. Und das auch unabhängig von der Vergütung. Ihnen steht auch der ganze Markt der Nettoprodukte (ohne Courtagezahlung seitens des Versicherers) offen. Sie sind nach deutschen Recht per se als unabhängig anzusehen.

Prof. Schwintowski von der Humboldt Universität zu Berlin habe dies zuletzt nochmals überzeugend in seinem Gutachten für den AfW zur Stellungnahme an die EU-Kommission dargelegt, als es im Rahmen der Retail Investment Strategy (RIS, Kleinanlegerstrategie) ging https://www.bundesverband-finanzdienstleistung.de/wp-content/uploads/2023/08/Aenderung-von-Richtlinie-ueber-den-Versicherungsvertrieb-Provisionsverbot-Rechtsgutachten.pdf ebenfalls um die Frage der Unabhängigkeit von Versicherungsvermittlern ging.

Prof. Dr. Schwintowski sei unter anderem Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der Verbraucherorganisation „Bund der Versicherten“, war lange Jahre Mitglied des Versicherungsbeirats bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) und Mitglied der vom Bundesministerium der Justiz eingesetzten Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts (VVG-Reformkommission). Seine Arbeitsschwerpunkte liegen neben dem Versicherungsrecht auf dem europäischen Recht, mit Schwerpunkt auch auf dem Wettbewerbsrecht. Seine Expertise ist laut Wirth unzweifelhaft.

Formale Unterscheidung

Zu dem rechtskräftigen Urteil, auf das der BVK in seiner Publikation Bezug nimmt, sagt Norman Wirth: Das Urteil ist in sich nachvollziehbar und rechtlich auch keine Überraschung oder irgendwie inhaltlich neu. Hier ging es um einen Makler, der in seiner Außendarstellung nach Auffassung des Gerichts die Grenze hin zu einem Versicherungsberater überschritten hatte. Man ist nun einmal nur zugelassen als Versicherungsmakler oder als Versicherungsberater. Das hat nichts damit zu tun, dass man als Makler auch seine Kunden beraten muss. Es ist einfach noch immer eine formale Unterscheidung, die zwar kritikwürdig, aber aktuell noch vorhanden ist.

Wer in seiner Außendarstellung die durch das Gewerberecht gesetzte Grenze zum Versicherungsberater überschreitet, muss mit Problemen rechnen. Alle anderen Maklerinnen und Makler sollten weiter selbstbewusst das Wort „unabhängig„ verwenden. Sollten sie dabei von ideologisch getriebenen Verbraucher“schützern“ angegangen werden, erhalten sie als AfW-Mitglieder Unterstützung.