Geruchs- und Geschmackssinn von Tim Raue

Wie der Verlust spezieller Grundfähigkeiten zum Versicherungsfall wird

TV-Koch Tim Raue hat seinen Geschmacks- und Geruchssinn versichern lassen. Wie sinnvoll ist das? Wie lässt sich der Verlust dieser speziellen Sinne im Ernstfall nachweisen und welche Versicherungen greifen? Was Makler wissen sollten.

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14:08 Uhr | 27. August | 2024
TV-Koch Tim Raue

TV-Koch Tim Raue hat seinen Geruchs- und Geschmackssinn versichern lassen.

| Quelle: Joshua Sammer / Freier Fotograf

Wenn ein Koch nicht mehr riechen und schmecken kann, dann hat er ein großes Problem und kann seinen Beruf im Grunde an den Nagel hängen. Sterne- und TV-Koch Tim Raue hat sich deshalb jetzt gegen den Verlust dieser beiden Sinne versichert.

„Geschmacks- und Geruchssinn sind für mich elementar“, begründete Raue diesen Schritt gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Es bleibe allerdings ein unsicheres Gefühl. Denn im Ernstfall werde es schwer, den Versicherungsfall zu beweisen.

Die Absicherung der genannten Sinne kann über eine Unfallversicherung oder über eine Grundfähigkeitsversicherung erfolgen. Insbesondere bei letzterer ist es tatsächlich gar nicht so einfach, den Verlust dieser Fähigkeiten nachzuweisen, wie eine procontra-Recherche ergab.

Standardisiertes Verfahren

In den Allgemeinen Versicherungsbedingungen von „Body & Mind Plus“, der Grundfähigkeiten-Versicherung der Bayerischen, heißt es etwa dazu:

Der Verlust der Grundfähigkeit Riechen und Schmecken liegt vor, wenn die versicherte Person nicht mehr in der Lage ist,

- Menthol oder Essig zu riechen und –

- Glucose oder Zitronensäure zu schmecken.

Die Diagnose ist durch einen Facharzt der entsprechenden Fachrichtung auf Basis von wissenschaftlich anerkannten Tests, z.B. Elektroenzephalographie, zu stellen. (AVB § 2 Abs. 4 b).

„Vereinfacht können Sie sich das Verfahren so vorstellen, dass der Patient entsprechende Proben erhält. Für einen objektiven Nachweis werden dann die Veränderungen in der Hirnstromkurve im Elektroenzephalogramm (EEG) herangezogen“, erläutert Simon Kuklinski von der Bayerischen.

Ganz ähnlich die Erklärung der R+V: „Der komplette Verlust des Riechvermögens etwa kann durch eine sogenannte objektive Olfaktometrie nachgewiesen werden“, so R+V-Pressesprecher Frank Senger. „Bei der objektiven Olfaktometrie werden dem Probanden in einem standardisierten Verfahren verschiedene Riechstoffe präsentiert. Im Rahmen der Verarbeitung dieser Riechreize durch das Gehirn kommt es zu einer elektrischen Aktivität, welche mittels Elektroenzephalographie (EEG) nachgewiesen wird.“

Alternative zur BU-Versicherung

Fabio Rumpf, Selbstständiger Makler aus Kassel, findet es in diesem Zusammenhang „spannend, dass der Kunde für einen bestimmten Leistungsauslöser seine Arbeitskraft absichern kann, obwohl er eigentlich nur eine Grundfähigkeit versichert, die keinerlei Zusammenhang mit der tatsächlichen Arbeitskraft hat.“ Denn wenn ein Koch weder schmecken noch riechen könne, sei er de facto berufsunfähig. „Das kann eine spannende Alternative für Personen sein, die entweder keine BU aufgrund des Gesundheitszustandes bekommen oder sich keine BU aufgrund der hohen Beiträge leisten können bzw. möchten.“

Tatsächlich kann eine Grundfähigkeitsversicherung (GFV) aufgrund ihrer verhältnismäßig geringen Beiträge eine preiswerte Alternative zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) darstellen. Auch die Risikoprüfung bei Vertragsabschluss ist nicht so umfangreich und streng wie die Prüfung bei einer BU.

Bei beiden Versicherungen wird bei Leistungsvoraussetzung eine Rente gezahlt. Bei der GFV muss der Verlust von versicherten Grundfähigkeiten wie Gehen, Sitzen oder eben auch Riechen und Schmecken gegeben sein, während bei der Berufsunfähigkeitsversicherung die versicherte Person berufsunfähig sein muss, also dauerhaft ihrem zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr zu 50 Prozent nachgehen kann.

Dabei bietet die BU nach Einschätzung von Experten den besseren Schutz, denn sie versichert alle gesundheitlichen Ursachen für den Wegfall der Arbeitsfähigkeit.

Invaliditätsgrad bestimmt Versicherungssumme

Bei der Absicherung des Geruchs- und Geschmackssinns über eine private Unfallversicherung hängt die Höhe der meist einmalig gezahlten Versicherungssumme von dem in der sogenannten Gliedertaxe festgelegten Invaliditätsgrad ab. Dieser muss von einem Arzt in der Regel innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall schriftlich festgestellt werden. In dem hier besprochenen Fall würde die Begutachtung durch einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt anhand spezieller Geruchs- und Geschmackstests durchgeführt, die den Verlust oder die Beeinträchtigung objektivierbar und messbar machen. 

Die Schädigung muss außerdem dauerhaft sein, also voraussichtlich länger als drei Jahre bestehen. Und wichtig: In der Unfallversicherung erfolgt nur dann eine Leistung, wenn ein Unfall ursächlich war, krankheitsbedingte Beeinträchtigungen sind nicht versichert.

Nach Informationen der Arbeitsgemeinschaft Olfaktologie und Gustologie der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie treten in Deutschland jedes Jahr bei rund 50.000 Menschen Störungen des Riech- oder Geschmacksinns auf. Mehr dazu finden Sie hier.