Vatikan vs. Finanzmakler: Ein Sieg ohne Sieger bei Immobilien-Invest
Das Gericht stellte fest, dass die Finanzmakler zwar irreführend kommuniziert haben, jedoch keinen Betrug nachgewiesen werden konnte, wie das Portal „katholisch.de“ berichtete.
Irreführende Kommunikation ohne Betrugsabsicht
Das Urteil bezieht sich auf den Immobilienverkauf des Vatikans an der Sloane Avenue, bei dem der Finanzmakler Raffaele Mincione und der italienische Kurienkardinal Angelo Becciu des Betrugs beschuldigt wurden. Mincione, der im Dezember 2023 in einem separaten Verfahren vom vatikanischen Strafgericht wegen Betrugs und Unterschlagung zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde, äußerte sich nach dem Londoner Urteil zufrieden: „Mein Vertrauen in die Justiz wurde wiederhergestellt“, erklärte er gegenüber der römischen Zeitung Il Tempo. Mincione betonte, stolz darauf zu sein, als britischer Staatsbürger in einem Land mit fairen Gerichtsverfahren zu leben.
Das Londoner Gericht stellte klar, dass die Beschuldigungen des Vatikans, Mincione habe beim Verkauf der Immobilie betrügerische Absichten verfolgt, nicht korrekt seien. Während das Gericht die irreführende Kommunikation der Finanzmakler anerkannte, blieb eine strafrechtliche Verurteilung aus.
Vatikan sieht sich in der Kommunikation getäuscht
Der Vatikan reagierte auf das Urteil mit gemischten Gefühlen. In einer Erklärung auf Vatican News wurde festgestellt, dass Mincione dem Vatikan irreführende Angaben über den Wert der Immobilie gemacht habe. Das Gericht erachtete es als erwiesen, dass Mincione und seine Unternehmen in der Kommunikation mit dem vatikanischen Staatssekretariat nicht die für „gutgläubiges Verhalten“ erforderlichen Standards eingehalten hätten. Eine abschließende Entscheidung steht jedoch noch aus – das Gericht muss nun auch klären, wer die Prozesskosten zu tragen hat.
Der Streit um den Immobiliendeal bleibt somit vorerst ungelöst, obwohl das Urteil in London für beide Seiten als Teilsieg gewertet wird. Die Frage nach der betrügerischen Absicht ist weiterhin offen und wird in weiteren rechtlichen Schritten wahrscheinlich erneut thematisiert.
Zum Hintergrund
Die Investition des Vatikans in die Londoner Immobilie war keineswegs ungewöhnlich, denn Immobiliengeschäfte gehören zur Einnahmequelle des Heiligen Stuhls. Doch das Geschäft erwies sich als teurer Fehlgriff: Laut Vatican News wurde die Immobilie zu einem Preis erworben, der weit über ihrem tatsächlichen Wert lag. Der Vatikan kaufte das Gebäude, ohne zu wissen, dass der Wert der Immobilie überschätzt wurde – ein Fehler, der fatale Folgen hatte. Noch gravierender war jedoch der Umstand, dass der italienische Investmentbanker, Mincione, der den Deal vermittelte, im Vertrag Anteile mit Stimmrechten behielt, wodurch der Vatikan die Kontrolle über das Gebäude verlor. Um die Anteile zurückzukaufen, musste der Vatikan schließlich 15 Millionen Euro zahlen – 8 Millionen weniger als ursprünglich verlangt, aber immer noch ein erheblicher Verlust. In dem Verfahren ging es nun darum zu klären, ob Mincione tatsächlich betrügerisch gehandelt hatte oder, wie seine Anwälte es darstellten, lediglich mit einem etwas eigenartigen Stil („Er ist ein Freibeuter“). Mincione hatte die Klage selbst eingereicht, um seinen Namen „reinzuwaschen“ und vor dem Gericht feststellen zu lassen, dass er „in gutem Glauben“ gehandelt habe. Laut Vatican News hatte die Vatikan-Justiz Mincione hingegen unlautere Bereicherungsabsichten vorgeworfen und ihn unter anderem deswegen verurteilt.
Vatikan stark in Immobilien investiert
Der Heilige Stuhl besitzt 4.249 Immobilien in Italien, davon 92 Prozent in der Provinz Rom. Zum Immobilienbesitz gehören Kirchen, landwirtschaftliche Flächen, Bürogebäude und Ordenshäuser. Im Jahresbericht 2023 hatte die Güterverwaltung des Apostolischen Stuhls (APSA) einen Gewinn von 45,9 Millionen Euro gemeldet. Dabei liegt der Schwerpunkt der APSA im beweglichen Vermögen und den Immobilien.