Staatsanleihen

„Spanien und Griechenland sind nach wie vor günstig“

Europäische Peripherie-Staatsanleihen befinden sich im Aufwind. Ob dieser Trend stabil oder fragil ist, erklärt Ales Koutny, Head of International Rates beim Vermögensverwalter Vanguard.

13:07 Uhr | 29. Juli | 2024
Ales Koutny

Ales Koutny, Head of International Rates beim Vermögensverwalter Vanguard

| Quelle: Vanguard

procontra: Warum sind die Spreads von europäischen Peripherie-Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen in den letzten Monaten so deutlich gesunken?

Ales Koutny: Die Spread-Kompression war das Ergebnis stärkerer Wirtschaftsdaten. Das BIP-Wachstum war in Europa besser als erwartet, aber in der Peripherie stärker als in den "Kern"-Ländern Europas. Darum haben sich die relativen Fundamentaldaten verbessert und die Spreads zwischen Anleihen aus der Peripherie und Deutschland verringert.

procontra: Wie stabil oder fragil ist der Trend? Was spricht längerfristig für Anleihen aus europäischen Peripherieländern?

Koutny: Nach der COVID-Pandemie verlagerten sich die Ausgaben vieler Länder in Richtung Dienstleistungen. Davon konnten Peripherieländer-Volkswirtschaften wie Italien und Spanien profitieren, weil deren Wirtschaft mehr vom Dienstleistungssektor beeinflusst wird als in Ländern mit einem größeren industriellen Fußabdruck oder größerer Produktionspräsenz wie Deutschland. Wir erwarten, dass sich das Wachstum in Europa mittelfristig auf breiter Basis etwas beschleunigt. Dabei dürfte das Wachstum in Deutschland eher verhalten positiv bleiben, während die Wachstumsaussichten für die Peripherieländer weiterhin günstig sind. Darüber hinaus dürfte die Anwendung des Defizitverfahrens im Jahr 2027 die Haushaltsdisziplin aufrechterhalten. Die Kombination aus stärkerem Wachstum und disziplinierten Haushaltsausgaben bietet der Peripherie eine fundamentale Stütze.

procontra: Welche Länder haben dabei die besten Karten?

Koutny: Wir glauben, dass Spanien und Griechenland im Vergleich zu ihren Fundamentaldaten nach wie vor günstig sind, während wir Italien und Portugal jetzt in der Nähe des fairen Werts sehen.

procontra: Was sind die größten Risikofaktoren für europäische Peripherie-Anleihen?

Koutny: Der Hauptrisikofaktor ist eine Risikoaversion, insbesondere aufgrund einer wirtschaftlichen Rezession, da dies zu einer Verschlechterung der Anlegerstimmung und der wirtschaftlichen Fundamentaldaten führen würde. Zudem könnte eine deutliche Abschwächung des Euro in Verbindung mit höheren Energie- und Rohstoffpreisen den Zinssenkungszyklus der EZB verkürzen und die Attraktivität der Peripherieländer verringern.

procontra: Warum sollten Berater Peripherie-Anleihen auf dem Schirm haben?

Koutny: Die Wachstumsaussichten sind gut und die aktuellen Spreads bieten adäquate Erträge. Haupttreiber sind hier ein besseres strukturelles Wachstum und bessere Länderfinanzen. Sofern keine Rezession eintritt, die eine Flucht in die Qualität auslöst, kann dieser Trend noch viele Monate, wenn nicht Jahre, anhalten.