Bundesregierung prüft Obergrenze für Pflege-Eigenanteil
Eine Auswertung des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek) vom 1. Juli 2024 macht deutlich, dass der Anteil, den Pflegebedürftige in Pflegeheimen aus eigener Tasche bezahlen müssen, erneut angestiegen ist. So zahlen die zu Pflegenden im Bundesdurchschnitt monatlich einen Eigenanteil von 2.871 Euro im ersten Aufenthaltsjahr. Das sind 211 Euro mehr als ein Jahr zuvor (1.7.2023: 2.660 Euro). Im zweiten Aufenthaltsjahr beträgt die monatliche Eigenbeteiligung aktuell 2.620 Euro, ein Plus von 233 Euro (1.7.2023: 2.387 Euro). Im dritten Aufenthaltsjahr müssen 2.284 Euro zugezahlt werden – 169 Euro mehr als im Vorjahr (1.7.2023: 2.115 Euro). Ab dem vierten Aufenthaltsjahr beträgt die Eigenbeteiligung aktuell 1.865 Euro bundesdurchschnittlich im Monat. Das entspricht einem Anstieg von 91 Euro (1.7.2023: 1.774 Euro).
Lauterbach erwägt Deckelung des Eigenanteils
Dass diese Entwicklung für viele bedeutet, dass sie sich die Unterbringung in einem Pflegeheim irgendwann nicht mehr leisten können, schein auch bei der Bundesregierung angekommen zu sein. Gegenüber dem ARD kündigt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) an, gegenzusteuern zu wollen. "Wir müssen dazu kommen, dass wir vielleicht mit einer Obergrenze für den Eigenanteil arbeiten. Das prüfen wir derzeit. Wir prüfen auch, wie die Investitionskosten stärker durch die Länder getragen werden können. Die Länder machen da zu wenig. Das fällt so auf die Füße der Versicherten, der zu Pflegenden", so Lauterbach.
Aus welchen Kosten setzt sich die Eigenbeteiligung zusammen?
Die von den Pflegebedürftigen zu tragende Eigenbeteiligung setzt sich aus drei Komponenten zusammen: den Kosten für Unterkunft und Verpflegung (1.7.2024 im Bundesdurchschnitt 955 Euro/Monat), den Investitionskosten (1.7.2024 im Bundesdurchschnitt 490 Euro/Monat) und dem sogenannten einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE). Dieser beinhaltet vor allem Kosten für das Pflegepersonal (1.7.2024 im Bundesdurchschnitt 1.678 Euro/Monat). Dass die Eigenbeteiligung mit zunehmender Aufenthaltsdauer geringer wird, ist durch die Zuschüsse begründet, die die Pflegekasse zum EEE dazugibt. Aktuell betragen die Zuschüsse im ersten Aufenthaltsjahr 15 Prozent des zu zahlenden EEE, im zweiten Aufenthaltsjahr 30 Prozent, im dritten Aufenthaltsjahr 50 Prozent und ab dem vierten Aufenthaltsjahr 75 Prozent des zu zahlenden EEE. Die Zuschüsse waren zum Jahresanfang um jeweils fünf Prozent erhöht worden, für das erste Aufenthaltsjahr sogar um zehn Prozent.
Investitionskostenübernahme würde Heimbewohnende um 490 Euro im Monat entlasten
„Die finanzielle Eigenbeteiligung für Pflegebedürftige in Pflegeheimen steigt weiter an“, so Ulrike Elsner, vdek-Vorstandsvorsitzende. „Dass diese so hoch ist, liegt auch daran, dass die Länder ihre Verantwortung ignorieren. Allein die Übernahme der Investitionskosten, wie gesetzlich vorgesehen, würde Heimbewohnerinnen und –bewohner um durchschnittlich 490 Euro im Monat entlasten.”
Auch sei es Aufgabe des Staates, die Ausbildungskosten zu übernehmen. Dass diese Kosten anteilig von Pflegeheimbewohnenden querfinanziert werden, sei keine faire Lastenverteilung, so Elsner. Ausbildung sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und sollte aus Steuermitteln bezahlt werden. Zumal nicht einmal sicher sei, dass die Auszubildenden anschließend auch im Pflegeheim arbeiteten. „Die Ampelfraktionen haben im Koalitionsvertrag vereinbart, diese Ungerechtigkeit zu beseitigen. Wir erwarten, dass dieses Versprechen im Rahmen der von Minister Lauterbach angekündigten umfassenden Pflegereform eingelöst wird.” Das brächte beispielsweise für die Pflegebedürftigen in Heimen im ersten Aufenthaltsjahr eine finanzielle Erleichterung von weiteren 112 Euro im Durchschnitt im Monat.