procontra-Auswertung

Teurer als geplant: Kassen-Zusatzbeiträge explodieren

Beitragsschock zum Jahresanfang. Wie eine procontra-Auswertung zeigt, kommen die meisten Krankenkassen mit dem gesetzlich festgelegten Zusatzbeitragssatz von 2,5 Prozent nicht aus und liegen zum Teil deutlich darüber.

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14:01 Uhr | 02. Januar | 2025
Arzt mit Stethoskop

Die Kosten im Gesundheitswesen steigen. Versicherte müssen daher höhere Beiträge zahlen.

| Quelle: Adam Berry / Freier Fotograf

Den gesetzlichen Krankenkassen laufen die Kosten davon. Deshalb hatte der GKV-Schätzerkreis unter Federführung des Bundesgesundheitsministeriums für 2025 eine Anhebung der kassenindividuellen Zusatzbeiträge um 0,8 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent empfohlen. Wie procontra ermittelt hat, reißen diese Vorgabe aber viele Kassen deutlich.

In einer aktuellen Übersicht des Spitzenverbandes des Bundes der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) sind die neu geltenden Zusatzbeiträge von 94 Krankenkassen aufgeführt. Bei 64 dieser Kassen liegt der Zusatzbeitrag über der 2,5 Prozent-Marke. Das sind fast 70 Prozent.

Besonders die Knappschaft fällt mit einem bundesweiten Zusatzbeitrag von 4,4 Prozent zusätzlich zum allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent weit aus dem Rahmen. Deutlich teurer wird es aber auch für die Mitglieder anderer großer Kassen wie der Barmer (3,29 Prozent), der IKK classic (3,4 Prozent) oder der Betriebskrankenkasse Mobil (3,89 Prozent). Im Schnitt steigt der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz um rund 1,0 Beitragssatzpunkte an.

GKV-Chefin kritisiert Politik und prüft Verfassungsklage

Doris Pfeiffer, die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, gibt der Politik Schuld an dieser Entwicklung. Statt Strukturreformen anzugehen, habe diese lieber die Rücklagen der Krankenkassen „abgeräumt“, um die laufenden Ausgaben zu finanzieren, sagte sie jetzt in einem Interview mit der Rheinischen Post (RP). „Das konnte nicht gut gehen, aber auf unsere Warnungen wurde nicht gehört. Und jetzt, wo die Kassen die Rücklagen zur Stabilisierung der Finanzsituation brauchen würden, sind sie weg. Bei mehr als der Hälfte der Krankenkassen liegen die Rücklagen unterhalb der gesetzlichen Mindesthöhe.“

Pfeiffer geht davon aus, dass spätestens 2026 weitere Beitragserhöhungen notwendig werden. „Nehmen wir den Krankenhaus-Transformationsfonds zur Finanzierung der Krankenhausstrukturen: Obwohl der Umbau der Krankenhausstrukturen eine staatliche Aufgabe ist, sollen die gesetzlichen Krankenkassen dafür ab 2026 pro Jahr 2,5 Milliarden Euro zahlen. Allein dafür wird es neue Beitragserhöhungen geben müssen. Wir halten diese Regelung insgesamt für verfassungswidrig und prüfen gerade die Möglichkeiten einer Verfassungsklage dagegen.“

Versicherte haben Sonderkündigungsrecht

Gesetzlich Krankenversicherte haben bei einer Erhöhung des Zusatzbeitrages übrigens ein Sonderkündigungsrecht. Das gilt unabhängig von der Dauer ihrer Mitgliedschaft. Sie können ihr Sonderkündigungsrecht also auch dann ausüben, wenn sie noch nicht 12 Monate in der Krankenkasse versichert sind.

Laut einer Berechnung des Verbraucherportals Finanztip können Versicherte mit einem Bruttomonatsgehalt von 3.000 Euro jährlich über 460 Euro Beitrag sparen, wenn sie von der teuersten Krankenkasse zur Kasse mit dem niedrigsten Zusatzbeitrag wechseln. Netto haben sie damit bis zu 333 Euro mehr in der Tasche. Für freiwillige Mitglieder der GKV bietet sich immer auch ein Wechsel zur privaten Krankenversicherung an.