BdV-Chefökonom im Interview

„Viele PKV-Einsteigertarife rächen sich noch heute“

Wie sich PKV-Beitragserhöhungen trotz konstant satter Gewinne der privaten Krankenversicherer erklären lassen, erläutert Constantin Papaspyratos, Chefökonom des Bund der Versicherten, im Interview.

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14:03 Uhr | 24. März | 2023
Chefökonom des Bund der Versicherten

Wie sich PKV-Beitragserhöhungen trotz konstant satter Gewinne der privaten Krankenversicherer erklären lassen, erläutert Constantin Papaspyratos, Chefökonom des Bund der Versicherten, im Interview.

| Quelle: privat

procontra: Ein Drittel der PKV-Anbieter fährt seit mindestens fünf Jahren über 15 Prozent Gewinn ein. Wie lassen sich da Beitragserhöhungen rechtfertigen?

Constantin Papaspyratos: Das kann man pauschal nicht beurteilen, denn erstens steckt in der versicherungsgeschäftlichen Ergebnisquote auch das Geschäft mit den Zusatzversicherungen drin und zweitens muss innerhalb eines privaten Krankenversicherers jedes Kollektiv, also jeder einzelne Tarif, gesondert betrachtet werden. Beispielsweise können viele Tarife eines Unternehmens Gewinne ‚abwerfen‘, während manchen ein relativ altes Versichertenkollektiv zugrunde liegt, das viele Leistungen in Anspruch nimmt und dadurch eine hohe Schadenquote produziert. Dann erhalten die Kunden aus diesem Kollektiv bei der nächsten Gelegenheit eine Beitragserhöhung, obwohl das Unternehmen insgesamt gute Gewinne einfährt. Ein anderes Beispiel wäre ein ‚Einsteigertarif‘, der mit vielen jungen, gesunden Leuten und entsprechend einem niedrigen beziehungsweise ‚optimistischen‘ Beitragsniveau gestartet ist. Wenn die Versicherten dann zunehmend Leistungen beanspruchen, kommen auch hier die BAP.

procontra: Haben wir hierzulande in der PKV ein Problem mit solchen ‚Einsteigertarifen‘, die mit ihren heftigen BAP dem Image der Branche schaden?

Papaspyratos: Dieses Thema hat sich in den letzten 15 Jahren deutlich verbessert. Vorher kursierten viele Angebote a la ‚PKV für unter 200 Euro monatlich‘. Einige Gesellschaften hatten es damit vor allem auf junge Selbstständige mit relativ geringem Einkommen abgesehen. Diese ‚Einsteigertarife‘ waren sehr knapp kalkuliert. Man hatte erwartet, dass diese Menschen entweder zurück in die GKV gehen oder dass sie in leistungsstärkere Tarife wechseln, wenn es mit ihrer Selbstständigkeit besser läuft. Da jedoch relativ viele Menschen in diesen ‚Einsteigertarifen‘ blieben und die Schadenquote mit dem Alter anstieg, waren die BAP hier sehr hoch und sind es teilweise immer noch. Zudem sind die BAP auch ein Zinsthema. Wenn der Tarif mit einem Rechnungszins kalkuliert wurde, den der Versicherer später nicht mehr erwirtschaften kann, treibt auch das die Beiträge nach oben.

procontra: Wie beurteilen Sie als Verbraucherschützer die teils hohen Gewinne der PKV-Anbieter?

Papaspyratos: Hier muss man darauf schauen, wie ein privater Krankenversicherer mit seinen Erträgen umgeht, um Beitragserhöhungen zu dämpfen – zum Beispiel über Limitierungsmittel. Wenn Teile des Gewinns dafür hergenommen werden, würde ich das nicht kritisieren. Zumal sich Versicherungsvereine nicht einfach neues Kapital beschaffen können wie Aktiengesellschaften. Letztere wiederum müssen Dividenden zahlen, um für neue Aktienausgaberunden zur Kapitalbeschaffung attraktiv zu bleiben.