procontra-Produktcheck

Was taugt der Budgettarif easy ambulant der Conti?

Die Continentale stellte bereits im vergangenen Jahr einen neuen Tarif vor, der die Lücke zwischen Schulmedizin und alternativen Heilmethoden schließen soll. Stärken und Schwächen ermittelte der procontra-Produktcheck.

08:07 Uhr | 10. Juli | 2024
procontra Produkt-Check
| Quelle: procontra

Was leistet der Tarif?

Das Leistungsspektrum ist auf den ersten Blick schon einmal ganz ordentlich: Vorgesehen sind mit einem Budget von – je nach Tarif - 600 oder 1.200 Euro jährlich…

●     … 100 Prozent Erstattung für Naturheilverfahren und verordnete Arznei- und Verbandmittel durch Heilpraktiker, Ärzte, Osteopathen

●     … alle Naturheilverfahren nach Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker und eigenem sehr umfangreichen Leistungskatalog jeweils bis zum Höchstsatz des GebüH bzw. GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte)

●     … Kostenübernahme für Vorsorgeuntersuchungen, Schutzimpfungen, ärztlich verordnete Arznei-, Verbands-, Heil- und Hilfsmittel.

Zusätzlich ist in beiden Tarifvarianten eine Kostenerstattung für Sehhilfen bis zu 300 Euro innerhalb eines Zeitraums von zwei Kalenderjahren. Das gilt für Brillen, Brillengestelle, Gläser, Kontaktlinsen. Und die Continentale spendiert einen Zuschuss von bis zu 1.200 Euro (600 Euro pro Auge) zu brechkraftverändernden Augenoperationen.

Die Zusatzversicherung bildet ab dem 21. Lebensjahr Alterungsrückstellungen, zudem ist eine Beitragsbefreiung während des Bezugs von Elterngeld vorgesehen. Ein 30-Jähriger zahlt bei 600 Euro jährlichen Budget im Monat 14,62 Euro, bei 1.200 Euro sind es 20,42 Euro.

Was sind die Stärken?

Zunächst einmal sieht der Tarif keine Wartezeiten vor, außerdem bildet er Alterungsrückstellungen, sodass man im Marktvergleich von einem eher günstigen Tarif sprechen kann. Da der Tarif im Sommer 2023 aufgelegt wurde, ist es allerdings auch absehbar, dass die günstigen Beiträge in den nächsten Jahren eher noch einmal angepasst werden (müssen). Das Leistungsspektrum ist recht breit aufgestellt, auch für Osteopathie und Chiropraktik wird geleistet. Behandlungen nach dem Hufelandverzeichnis werden nicht erstattet, dafür gibt es als Anlage in den Bedingungen ein „Leistungsverzeichnis Naturheilverfahren“ mit allen Behandlungsmaßnahmen, die über die GebüH hinaus erstattet werden.

Die Kalkulation nach Art der Lebensversicherung stellt auch die Continentale selbst als Stärke heraus und betont: „Dadurch bleiben die Beiträge auch im Alter bezahlbar. Altersbedingte Beitragssprünge, wie bei Tarifen, die nach Art der Schaden kalkuliert sind, werden vermieden.“ Hier bleibt abzuwarten, wie zukunftssicher die heute tatsächlich sehr günstigen Beiträge kalkuliert sind.

Was ist bei dem Produkt kritisch zu sehen?

Die fehlende Übernahme von Behandlungen nach dem Hufelandverzeichnis kann man als Schwäche sehen: Denn das Leistungsverzeichnis im Anhang der Bedingungen regelt abschließend, welche Maßnahmen erstattungsfähig sind. Das Hufelandverzeichnis kann sich dagegen auch zugunsten des Kunden ändern und neue Behandlungen mit aufnehmen. Die Continentale sieht das nicht als Nachteil und erklärt: „Der Leistungskatalog umfasst die alternativen Heilverfahren wichtiger Gebührenverzeichnisse.“ Weiterhin erstatte man auch alternative Heilverfahren, die sich in der Praxis als Erfolg versprechend bewährt haben.

Den einen oder anderen mag es stören, dass das Hufelandverzeichnis nicht einbezogen ist – der Leistungskatalog ist aber tatsächlich sehr weit gefasst. Die Sehhilfen werden nur erstattet, wenn der Erstbezug ärztlich verordnet wurde. Auch das ist kein Beinbruch, muss nur in der Beratung kommuniziert und sauber dokumentiert werden.

Die Gesundheitsfragen sind fair und nachvollziehbar, was die Sehhilfen angeht – Brillenträger können die Brillenleistung trotzdem mitversichern gegen Zuschlag oder die Brille von den Leistungen ausschließen. Gefragt wird sehr offen nach „Untersuchungen bzw. Behandlungen mit einem krankhaften Befund“ in den vergangenen drei Jahren. Zwar werden diverse Erkrankungen ausgeschlossen, aber auch hier bleibt unklar, wann denn Rückenschmerzen vorlagen, die anzugeben wären und wann nur „akute Muskelverspannungen“, die nicht angabepflichtig sind. In der Bewertung sind durchgehend geschlossene und klar umrissene Fragen immer besser für Kunden und Berater.

Bezeichnung missverständlich

Die Bezeichnung als Budgettarif ist eher missverständlich. Unter den Budgettarifen verstehen heute die meisten die klassischen bKV-Lösungen, bei denen das Budget für diverse Zwecke von Heilpraktikerbehandlungen über stationäre Zusatzleistungen bis zu dentalen Leistungen einsetzbar ist.

Der Tarif der Continentale fokussiert aber die alternativen Heilmethoden und Vorsorgeuntersuchungen, dazu kommen Sehhilfen als Zusatzleistung außerhalb des Budgets. Die Continentale begründet das damit, dass bei klassischen Budgettarifen der Kunde doppelt zahlt, wenn er eine Krankenhaus- oder Zahnzusatzversicherung hat. Das überzeugt nicht, denn bei den klassischen Budgettarifen wählt der Kunde eben gerade selbst, wofür er sein Budget einsetzt.

Wer ist die Zielgruppe?

Der Tarif spricht den Anteil in der Bevölkerung an, der neben der klassischen Schulmedizin insbesondere auf alternative Heilmethoden setzt.

Tipps für die Vermittlung

Der Tarif ist interessant für alle Vermittler, die regelmäßig Anfragen zu Heilpraktikerversicherungen haben und in diesem Segment beraten. Mit sauber dokumentierter Krankengeschichte lässt sich hier ein recht guter Schutz vermitteln. Geht es lediglich um eine gute Brillenversicherung mit der Kombination einer Kostenübernahme für Vorsorgeuntersuchungen, dann steht die UKV mit ihrem Tarif besser dar.

Das Fazit

Die Continentale bietet eine Zusatzversicherung mit einem Fokus auf alternative Behandlungsmethoden mit einem optimalen Preis-Leistungs-Verhältnis. Kleinere Schwächen trüben etwas den guten Gesamteindruck, die Bezeichnung als Budgettarif ist in punkto Marketing sicherlich exzellent. Hier sind Berater gefragt, damit bei den Kunden keine falschen Erwartungen geweckt werden.