Die Lebensversicherer mit den höchsten Beschwerdequoten
Die Zinswende kam schnell und mit ihr erhöhten nach und nach viele Lebensversicherer ihre Überschussbeteiligungen. Doch für die Kunden bedeutete diese Entwicklung offenbar keinen Grund zur Freude – zumindest nicht ausschließlich. Denn auch die Zahl der Verbraucherbeschwerden bei der BaFin ist gestiegen. Betreffend die Lebensversicherer hat die Aufsicht im Jahr 2023 insgesamt 1.342 Fälle abschließend bearbeitet. Das waren 210 mehr als im Vorjahr, ein Anstieg um 18,6 Prozent. Im Jahr 2021 hatte die Anzahl der Fälle sogar noch niedriger gelegen (1.046).
Die Beschwerden verteilten sich auf 61 Lebensversicherer. Das waren zwei weniger als im Vorjahr. Sie verfügen über einen Gesamtbestand von 77,2 Millionen Leben-Policen. Daraus ergibt sich eine marktweite Durchschnittsquote von 17,38 Beschwerden pro eine Million Verträge.
Wertet man die BaFin-Statistik aus, so liegen fast alle Lebensversicherer verhältnismäßig nahe an dieser durchschnittlichen Beschwerdequote. Unter den größten Unternehmen mit mehr als zwei Millionen Verträgen im Bestand liegen sogar alle darunter (bis auf einen; dazu gleich mehr). Die Allianz beispielsweise mit ihren 11,5 Millionen Policen kommt bei 149 Fällen auf eine Beschwerdequote von 12,99, die Generali Leben (5,3 Millionen Policen und 49 Beschwerden) auf 9,30 und die R+V (5,4 Millionen und 33 Beschwerden) sogar nur auf 6,08.
Ein Desaster für Viridium
Ganz anders sieht es dagegen im Sektor der Run-off-Gesellschaften aus. Für die Frankfurter Viridium-Gruppe markiert die BaFin-Beschwerdestatistik einen neuen Tiefpunkt. Die Unternehmensgruppe ist auf den Kauf und die anschließende Abwicklung alter Lebenbestände spezialisiert. Bereits im Vorjahr befanden sich ihre vier Gesellschaften (Entis, Skandia, Proxalto und Heidelberger Leben) unter den fünf schlechtesten. Nun belegen sie in dieser Reihenfolge die ersten vier Plätze (siehe Tabelle).
Bei Entis (von neun auf 14), Skandia (von 15 auf 34) und Heidelberger Leben (von 27 auf 34) stieg die Anzahl der BaFin-Beschwerden. Beim Gruppenriesen Proxalto (3.051.158 Policen), der den großen Altbestand der Generali Leben verwaltet, ging zwar die Anzahl der Fälle leicht von 470 auf 462 zurück. Da aber über das vergangene Jahr auch gut 150.000 Policen abgewickelt werden konnten, stieg die Beschwerdequote erneut.
Lebensversicherer | Vertragsbestand Ende 2022 | Beschwerden | Beschwerdequote |
Entis | 60.806 | 14 | 230,24 |
Skandia | 200.874 | 34 | 169,26 |
Proxalto | 3.051.158 | 462 | 151,42 |
Heidelberger Leben | 328.651 | 34 | 103,45 |
LPV | 1.067.949 | 76 | 71,16 |
Bei Proxalto reihte sich mit 2023 ein echtes Seuchenjahr an – so hart es klingen mag – mehrere schlechte bis durchwachsene Jahre. Lange Zeit rissen die Kundenbeschwerden aufgrund von verspäteten Rentenauszahlungen nicht ab. Bereits in den Vorjahren hatte es immer wieder Wellen der Kritik wegen mangelndem Service und Fehlern für die Run-off-Plattform gegeben, die stets mit einem Umbau von IT und Prozessen erklärt wurden. Dann ging der italienische Lebensversicherer Eurovita pleite und dessen Eigner Cinven, außerdem Haupteigner von Viridium, wollte aus Sicht der BaFin nicht genug Kapital einbringen, um diesen zu retten. Folglich stand dann auch die geplante Übernahme von 700.000 Zurich-Altverträgen durch Viridium unter einem schlechten Stern und fiel letztendlich ins Wasser.
Beinahe unerheblich wirken vor diesen Entwicklungen die 76 Beschwerden über die Talanx-Tochter LPV (ehemals PB Leben), die dem einzigen noch im Neugeschäft aktiven Lebensversicherer in dieser „Spitzengruppe“ eine Quote von 71,16 bescherten.