Kritik an Proxalto wegen ausbleibender Auszahlungen
Nach einem Bericht des Handelsblatts warten mehrere Kunden des Lebensversicherers Proxalto auf die Auszahlung ihres Rentensparvertrags. Unter Berufung auf eine verärgerte Kundin berichtet das Medium, die Zahlung sei bisher ausgeblieben, weil das Unternehmen wegen einer Systemumstellung keinen Zugang zu den erforderlichen Daten herstellen konnte.
Auf dem Bewertungsportal Trustpilot verschaffen sich Kunden Luft über ihren Frust: Demnach werden sie hinsichtlich der Auszahlung abgelaufener Lebensversicherungen immer wieder vertröstet unter Angabe unterschiedlicher Gründe. So fehlten in einigen Fällen neben der genannten Systemumstellung Unterlagen für die Bearbeitung des Vorgangs. „Seit über 4 Wochen wird die fällige Versicherungssumme nicht ausbezahlt, obwohl alle Unterlagen vollständig vorliegen! Zuerst wurden die Konto- und Identifikationsunterlagen verschlampt (sind dann auf einmal wieder aufgetaucht), dann hat angeblich eine IT-Umstellung die Auszahlung verhindert und seit einer Woche bekommt man – wenn überhaupt jemand erreichbar ist – nur fadenscheinige Ausreden! Werden jetzt die BaFin informieren und rechtliche Schritte einleiten!“, schreibt Maria H. auf der Bewertungsplattform.
Bad News Spread Fast
„Die Proxalto weigert sich die Lebensversicherung an mich auszuzahlen. Angeblicher Grund es fehlen die Ausweiskopien. Dabei ist dies gar nicht notwendig“, berichtet ein anderer Nutzer. Ein weiterer User moniert: „Zahlt nicht aus! Fällige Auszahlung der LV ist seit 5 Wochen überfällig. Keine Rückmeldung auf Mails, keine telefonische Erreichbarkeit.“
Die Bewertung des Unternehmens auf Trustpilot bewegt sich mit 1,5 Sternen von insgesamt fünf möglichen Sternen im sehr niedrigen Bereich. Dazu muss man wissen: Um überhaupt eine Bewertung abgeben zu können, muss mindestens ein Stern vergeben werden. Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Zufriedene Kunden äußern sich selten auf Bewertungsportalen. Und: Die Anzahl der Negativäußerungen bewegt sich auf Trustpilot bei rund 60 Bewertungen. Natürlich ist jeder verärgerte Kunde für ein Unternehmen einer zu viel. Allerdings befinden sich derzeit etwa 2,2 Millionen Verträge im Bestand von Proxalto. Wie viele Verträge derzeit insgesamt vor dem Ablauf stehen, ließ Proxalto allerdings unbeantwortet. Doch so hätte sich die Anzahl der Fälle mit Verzögerung in Relation zu den 2,2 Millionen Verträgen setzen lassen.
„Niedrige dreistellige Zahl an Fällen“
„Wenn in Einzelfällen Verzögerungen auftreten, werden die entsprechenden Prozesse und die Auszahlungen so zügig wie möglich durchgeführt“, erklärt Heiner Reiners, Proxalto-Pressesprecher gegenüber procontra. „Per Ende Juli war bei der Proxalto eine niedrige dreistellige Zahl an Fällen anhängig, in denen es zu Verzögerungen bei Auszahlungen kommt.“
Zwei mögliche Ursachen seien für derartige Verzögerungen, so Reiners, verantwortlich: Zum einen verlängere sich durch die Zunahme von Dokumentationspflichten auch der Bearbeitungszeitraum.
Zum anderen werde aktuell eine „tiefgreifende Modernisierung der IT-Systeme umgesetzt, wodurch es in Einzelfällen zu temporären Unterbrechungen bei Geschäftsvorfällen“ kommen könne. „Es handelt sich dabei um technisch bedingte Begleiterscheinungen einer notwendigen Modernisierung, die einzelne Kunden zeitweise als Beeinträchtigung der Servicequalität wahrnehmen. Die Modernisierungsarbeiten sind zugleich im ureigenen Interesse der Proxalto Kund*innen, wie die seit dem Eigentümerwechsel signifikant um 71 Prozent gestiegenen zugeteilten Überschüsse belegen“, erklärt Reiners. Die Migration der 2,2 Millionen Proxalto-Verträge auf die moderne Bestandsführungslandschaft sei nach Angaben des Unternehmens zudem die größte und komplexeste IT-Initiative, die in der Branche bislang durchgeführt wurde.
Ein etwas fader Nachgeschmack bleibt allerdings: Kürzlich wurde bekannt, dass die Viridium-Gesellschaften Skandia, Heidelberger Leben und Entis für das Jahr 2021 die höchsten BaFin-Beschwerdequoten aller Lebensversicherer auf dem deutschen Markt aufweisen. Dazu kommt noch die sechsthöchste Beschwerdequote durch die Viridium-Tochter Proxalto. „Angesichts der Komplexität von IT-Modernisierungen dieser Größenordnung lassen sich vereinzelte, temporäre Auswirkungen, die auch die Kund*innen spüren, nicht vollends ausschließen“, sagte ein Unternehmenssprecher gegenüber procontra. „Denn natürlich sind wir mit der Entwicklung im Jahr 2021 – auch wenn diese aus den genannten Gründen größtenteils erklärbar ist – insgesamt nicht zufrieden.“
Versicherungsnehmer der Zurich könnten angesichts der immer lauteren Kritik durchaus verunsichert sein und werden mit Argusaugen auf die Beschwerden blicken. Denn auch die Zurich wird rund 720.000 alte Verträge – überwiegend traditionelle Garantieprodukte – mit einem verwalteten Vermögen in Höhe von 21 Milliarden Euro in eine neu gegründete Gesellschaft überführen, die schließlich an die Frankfurter Viridium Gruppe verkauft werden soll.