Run-off-Lebensversicherer

Viridium trotz hoher Beschwerdequoten sehr optimistisch

Die Lebensversicherer der Viridium-Gruppe schnitten bei den jüngsten BaFin-Beschwerdequoten sehr schlecht ab. Doch der Run-off-Spezialist sieht sich im Aufwind. Das bestätigen auch Verbraucherschützer.

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16:06 Uhr | 12. Juni | 2024
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Die Lebensversicherer der Viridium-Gruppe schnitten bei den jüngsten BaFin-Beschwerdequoten sehr schlecht ab. Doch der Run-off-Spezialist sieht sich im Aufwind. Das bestätigen auch Verbraucherschützer.

| Quelle: Viridium

Schlechter hätte die kürzlich veröffentlichte BaFin-Beschwerdestatistik für den Frankfurter Run-off-Spezialisten Viridium kaum ausfallen können. Die vier Gesellschaften der Gruppe belegen die ersten vier Plätze der Negativrangliste, haben also die vier höchsten Beschwerdequoten unter allen Lebensversicherern auf dem deutschen Markt. Von den insgesamt 1.342 aufgeführten Beschwerden in der LV-Sparte entfielen 544 auf Viridium – das sind rund 40 Prozent des Gesamtaufkommens bei knapp fünf Prozent des marktweiten Policenbestands. Zudem haben sich die Beschwerdequoten aller vier Run-off-Lebensversicherer gegenüber dem Vorjahr verschlechtert.

Im Gegensatz zu dieser Entwicklung stehen die jüngeren Aussagen von Viridium-Chef Tilo Dresig. „Inzwischen sind die Nacharbeiten in der IT und im Kundenservice sehr weit fortgeschritten, die Prozesse laufen zunehmend reibungslos, wenngleich weitere temporäre Auswirkungen im Kundenservice nicht völlig auszuschließen sind“, hatte er gegenüber procontra im Mai 2023 erklärt. Dies geschah damals auch vor dem Hintergrund vieler Beschwerden von Kunden bei Verbraucherzentralen. Es ging um verspätete Rentenzahlungen an Proxalto-Versicherte, deren Verträge sich schon in der Auszahlungsphase befinden sowie um schlechte Erreichbarkeit des Lebensversicherers.

Viele Beschwerden, aber gute Stimmung?

Aber wie passen Dresigs optimistische Worte von vor einem Jahr und der nun deutliche Abwärtstrend seiner vier Gesellschaften in der Beliebtheit der Kunden zusammen? „In der BaFin-Beschwerdestatistik für das Gesamtjahr 2023 sehen Sie natürlich noch die Effekte vom Anfang des Jahres 2023“, sagte eine Viridium-Sprecherin auf procontra-Nachfrage. Danach sei das Beschwerdeaufkommen betreffend Viridium sukzessive auf ein normales Niveau abgeklungen. „Tatsächlich hat sich die Zahl der eingegangenen BaFin-Beschwerden von 2022 auf 2023 bereits deutlich reduziert“, meint die Sprecherin.

Wichtig: In ihrer Statistik führt die BaFin zu jedem Versicherer nur die Beschwerdefälle auf, die sie innerhalb des Kalenderjahres abschließend bearbeitet hat. Der tatsächliche Eingang neuer Beschwerdefälle im jeweiligen Kalenderjahr ist aus der Statistik nicht ersichtlich. Die einzelnen Versicherer wissen aber, wie viele Beschwerden über sie bei der Aufsicht eingehen.

„Die Zahlen für 2024 werden dann wieder ohne Sondereffekte sein“, gibt man sich bei dem Run-off-Unternehmen selbstbewusst. Dies werde dann das Resultat aller relevanten Nacharbeiten und der umfassenden Maßnahmen zur Verbesserung im Kundenservice sein, heißt es. Sowohl die neuen IT-Systeme als auch der Kundenservice befänden sich seit dem Frühjahr im Normalbetrieb und sorge für entsprechend gute Verfügbarkeit und Verlässlichkeit.

Viridium sieht sich auf gutem Weg

Ob das Verhalten des Viridium-Haupteigentümers Cinven während der Pleite des italienischen Lebensversicherers Eurovita vergangenen Sommer eine Rolle beim Beschwerdeaufkommen gespielt habe, könne man nicht einschätzen. Cinvens zögerliches Verhalten in diesem Fall hatte letztendlich dazu beigetragen, dass die BaFin die Übernahme des Zurich-Altbestands unter einem schlechten Stern sah und aus diesem letztendlich auch nichts wurde.

Für den Kauf und die Abwicklung weiterer Bestände sieht man sich in Frankfurt aber gut aufgestellt. „Viridium hat eine herausragende Stellung unter den Lebensversicherungen mit einer einheitlichen, modernen und skalierbaren IT-Plattform“, sagte die Sprecherin. Dies sei das Ergebnis stetiger Verbesserungen und erheblicher Investitionen. Und: „Solche umfassenden IT-Modernisierungen müssen viele Lebensversicherungen in Deutschland erst noch durchführen.“

Aktuell kein Beschwerdeaufkommen

Zumindest laut eigener Aussage entwickelt sich bei Viridium also etwas zum Positiven. Zwar ist die Unternehmensbewertung des größten Lebensversicherers der Gruppe, Proxalto, auf dem Kundenbewertungsportal Trustpilot mit 1,7 von fünf möglichen Sternen immer noch eher schlecht und es gehen dort noch alle paar Tage Kundenberichte über nicht zufriedenstellenden Schriftverkehr oder Servicezeiten ein. Eine Welle der Kritik ist aber nicht erkennbar.

Zudem bestätigte auch die Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) gegenüber procontra eine deutliche Verbesserung in Bezug auf Proxalto. „Nein, aktuell haben wir kein Beschwerdeaufkommen“, antwortete uns Sandra Klug, Abteilungsleiterin Geldanlage, Altersvorsorge und Versicherungen bei der VZHH.

Die BaFin teilte auf procontra-Nachfrage mit, dass sie ein hohes Beschwerdeaufkommen sehr ernst nimmt und die betreffenden Unternehmen besonders im Blick behält. „Ergeben sich Anhaltspunkte für Verstöße gegen aufsichtsrechtliche oder verbraucherschützende Vorgaben, prüft sie (die BaFin), ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen sie innerhalb ihrer Befugnisse ergreift“, sagte ein Sprecher der Aufsichtsbehörde. Dabei liege ein besonderes Augenmerk auf etwaigen Leistungsverzögerungen.

Solche Leistungsverzögerungen bei Renten-Policen waren im vergangenen Jahr ein Problem bei Proxalto. Nun sieht es aber so aus, als hätte der Versicherer seine Hausaufgaben gemacht. Eine Kennzahl, an der sich die Viridium-Gruppe messen lassen muss, werden also die BaFin-Beschwerdequoten im nächsten Jahr sein.