Zurich Lebensversicherung verkauft Bestand an Run-off-Gesellschaft
Paukenschlag in der deutschen Versicherungslandschaft: Die Zurich Gruppe Deutschland schickt einen großen Teil ihres Lebensversicherungsbestands in den externen Run-off. Wie der Versicherer am Freitag mitteilte, werden rund 720.000 alte Verträge – überwiegend traditionelle Garantieprodukte – mit einem verwalteten Vermögen in Höhe von 21 Milliarden Euro in eine neu gegründete Gesellschaft überführt, die schließlich an die Frankfurter Viridium Gruppe verkauft werden soll.
Sollte die BaFin dem Verkauf zustimmen, wäre das der größte externe Run-off seit dem Verkauf der Generali-Bestände (jetzt: Proxalto) im Jahr 2019. Damals hatten 3,8 Millionen Verträge den Besitzer gewechselt. Käufer war auch damals Viridium.
Fokussierung auf Biometrie und Fondspolicen
„Die Übertragung der traditionellen Lebensversicherungspolicen reduziert die Kapitalintensität der bestehenden Lebensversicherungsportfolios und hat einen positiven Einfluss auf unser Zinsrisiko“, begründete Carsten Schildknecht, Vorstandsvorsitzender der Zurich Deutschland die Entscheidung, über die die vergangenen Monate bereits länger spekuliert worden war.
Aufgeben wolle man das Leben-Geschäft trotz des Run-offs indes nicht, unterstrich Schildknecht. „Wir werden Vollsortimenter im Bereich der Lebens- und Schaden-/Unfallversicherung sowie der Gewerbe- und Industrieversicherung bleiben.“ Insgesamt hat die Zurich nach eigenen Angaben derzeit – inklusive der zum Verkauf stehenden 720.000 Verträge – drei Millionen Lebensversicherungsverträge im Bestand.
Künftig wolle man sich allerdings auf das Geschäft mit Biometrie-Produkten, der betriebliche Altersvorsorge sowie Fondspolicen konzentrieren. „Mit einem Volumen von 18 Milliarden Euro und einem Marktanteil von rund 14 Prozent ist die Zurich Gruppe Deutschland heute der zweitgrößte Anbieter im deutschen Markt für fondsgebundene Lebensversicherungen. Wir werden unsere aktuelle Position über alle Vertriebswege hinweg ausbauen“, erklärte Schildknecht.
Fünfter Erwerb eines Lebensversicherungsbestands
Mit der Übernahme würde Viridium insgesamt 4,5 Millionen Verträge mit einem verwalteten Vermögen von rund 92 Milliarden Euro verwalten. „Der fünfte Erwerb eines Lebensversicherungsbestands ist der logische nächste Schritt in unserer erfolgreichen Entwicklung seit 2014. Er unterstreicht zugleich, dass Viridium mit ihrem spezialisierten, auf nachhaltigen Kundennutzen ausgerichteten Modell des Bestandsmanagements als verlässliche Partnerin der Lebensversicherungsbranche fest etabliert ist“, sagte Viridium-CEO Tilo Dresig.
Der Verkauf von alten Lebensversicherungsbeständen ist nicht unumstritten – besonders der Verkauf der Generali Leben hatte damals für eine Welle der Empörung, sowohl bei Verbraucherschützern als auch innerhalb der Branche, gesorgt. Maxpool-Chef Oliver Drewes nannte den Verkauf von Lebensversicherungsbeständen im Gespräch mit procontra eine „Bankrotterklärung“. Schließlich stehen die Versicherer bei lange laufenden Leistungsversprechen vertraglich, aber auch moralisch in der Pflicht, diese zugesagten Leistungen zu erbringen. „Ein Versicherer, der sich aus dieser von ihm gegebenen Verpflichtung lösen möchte, sollte für mein Verständnis so geradlinig sein und sich insgesamt aufgeben und verkaufen“, so Drewes.
Bei den Run-off-Gesellschaften betont man indes die positiven Effekte für die Kunden. Im Hinblick auf die Proxalto-Übernahme seien die an die Kunden ausgezahlten Überschüsse deutlich gestiegen. Auch die Stornoquote sei im Drei-Jahres-Durchschnitt vor und nach der Übernahme von 3,1 Prozent auf 2,6 Prozent gesunken.
Im vergangenen Herbst bestätigte dann auch die Rating-Agentur Assekurata, dass es den drei Run-off-Gesellschaften am deutschen Markt – neben Viridum noch die Frankfurter Leben sowie Athora – gelungen sei, zuvor wenig profitable Versicherer kurzfristig zu deutlich rentableren Unternehmen zu formen. „Die meisten Run-off-Gesellschaften schaffen es, höhere Umsatz- und Kapitalrenditen als der Markt zu erzielen, da sie aus den schrumpfenden Prämieneinnahmen einen vergleichsweise hohen Ertrag generieren“, bemerkte Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata. Größter Profiteur der positiven Ertragsentwicklung ist jedoch nicht der Kunde. Zwar profitiert dieser dank Mindestzuführungsverordnung an den steigenden Erträgen. Allerdings sei die Verteilungsphilosophie bei den Run-off-Gesellschaften primär auf den Aktionär ausgerichtet, so Heermann.