Kommentar zur EU-Kleinanlegerstrategie
Seit Mittwoch steht nun offiziell fest, auf Basis welcher Forderungen die Brüsseler Politiker über eine zukünftige EU-weite Kleinanlegerstrategie entscheiden werden. Wenn die Vermittlerverbände AfW und VOTUM das Dokument in englischer Sprache richtig interpretieren, würde das heißen, dass Versicherungsmakler in Zukunft keine Versicherungsanlageprodukte mehr gegen Provision vermitteln dürfen – während dies für Versicherungsvertreter weiterhin erlaubt bliebe…
„Kein Problem“, hört man nun die Optimisten sagen, „dann werde ich für solche Produkte eben Honorarberater“. Zwar ist der Weg dorthin mit einigen Stolpersteinen gepflastert (detailliert nachzulesen in unserer nächsten procontra-Printausgabe im Juni), aber nicht unüberwindbar. Es handelt sich dabei aber um eine Ganz-oder-gar-nicht-Entscheidung, die auch die zukünftige Vermittlung von Haftpflicht,- Hausrat- und allen anderen Versicherungsprodukten miteinschließt. Da macht es einen großen Unterschied, ob man diesen Schritt aus eigener Überzeugung tun möchte oder per Gesetz dazu gezwungen wird.
Denn durch die EU-Kleinanlagerstudie wird sich für Makler auch die Vermittlungstätigkeit in Bezug auf Komposit-Produkte verändern, sofern die enthaltene Änderung des Artikel 30 IDD nicht noch aus dem Programm fliegt. Zwar können Makler (§34d Absatz 1 GewO) auf den Versicherungsberater (§34d Absatz 2 GewO) umsatteln, wenn sie weiterhin zu Versicherungsanlageprodukten, wie zum Beispiel fondsgebundenen Lebensversicherungen, beraten möchten. Und das werden viele wollen, schließlich sind Lebensversicherungen laut der procontra-eigenen Umfrage „Maklers Lieblinge 2022“ die wichtigste Einkommensquelle für Vermittler. Mit nur noch SHUK-Privat werden sich die wenigsten zufrieden geben beziehungsweise über Wasser halten können.
Jedoch ist die gleichzeitige Registrierung als Versicherungsmakler und Versicherungsberater verboten. Auch Winkelzüge sind nicht erlaubt, beispielsweise indem die natürliche Person als Versicherungsberater und deren juristische Person als Makler fungiert, erläutert Harald Peschken, Präsident des Bundesverbands der Versicherungsberater (BVVB). Wer auf die Honorarberatung umsteigt, muss dies also mit Haut und Haar tun und wird in Zukunft auch für alle anderen Versicherungsprodukte keine Provisionen mehr annehmen dürfen.
Der Einschlag, mit dem die EU-Kleinanlegerstudie den Beruf des Versicherungsmaklers verändern würde, würde also nicht nur den Bereich Lebensversicherung betreffen – vielmehr wäre er fundamental. Denn kaum ein Makler mit Fokus auf Privatkunden kann auf das Geschäft mit Lebensversicherungen verzichten und würde folglich zum Versicherungsberater werden. Dann würden durch das EU-Papier bald fast alle Makler vom Markt verschwinden.