Jeder 3. Vermittler hört in den nächsten 15 Jahren auf
Nachfolgeregelung, Bestandsverkauf - Themen, die im Alltag untergehen und mit denen sich viele Versicherungsvermittler viel zu spät auseinandersetzen.
Dass der Berufstand der Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler ein Nachwuchsproblem hat – das ist nicht neu, geht aber im Tagesgeschäft immer wieder unter. Die Ergebnisse des 16. AfW-Vermittlerbarometers zeigen nochmal, dass dringend dafür gesorgt werden muss, dass der Beruf für junge Menschen attraktiv bleibt.
Aktuell liegt das Durchschnittsalter bei 53,7 Jahren. Kumuliert und in Prozent umgerechnet haben lediglich 4,4 Prozent der Vermittler ein Alter von 30 Jahren und jünger. Und zwei Drittel (67,2 Prozent) sind bereits 50 Jahre oder älter mit entsprechender Erfahrung. Nicht wenige Vermittler (9,6 Prozent) beraten auch im Rentenalter nach 67 – womöglich in reduzierter Form – weiter.
Worauf muss sich die Branche in den nächsten Dekaden einstellen? Laut AfW-Vermittlerbarometer plant jeder dritte Vermittelnde, seine Tätigkeit innerhalb der nächsten 15 Jahre zu beenden. Nach 20 Jahren wird bereits die Hälfte der aktuellen Vermittlerschaft im Ruhestand sein. Innerhalb der nächsten acht bis neun Jahre wird jeder Zweite entsprechende Pläne für die eigene Unternehmensnachfolge konkretisieren.
So schätzen Vermittelnde Ihren Bestandswert ein
Für die Vermittlerinnen und Vermittler, die ihren Ruhestand planen, ist die Frage des Bestandsverkaufs wesentlich. Hier geht die Schere weit auf. Jeder neunte befragte Vermittler (11,2 Prozent) geht von einem aktuellen Unternehmenswert von mindestens einer Million Euro aus. Auf der anderen Seite schätzen 38,7 Prozent der Vermittler, dass sie maximal 100.000 Euro bei einem aktuellen Verkauf erzielen.
„Das ist natürlich die eigene Einschätzung der Vermittler. Es ist nicht gesagt, dass solche Verkaufspreise tatsächlich erzielt würden, zumal die Preise je nach Spezialisierung schwanken. Derzeit sind Maklerbestände zwar branchenweit sehr gefragt, jedoch müssen diese möglichst vollständig digitalisiert und sehr gepflegt sein, sonst lässt das Interesse der Käufer schnell nach“, betont AfW-Vorstand Rottenbacher. Es ist daher essenziell, sich rechtzeitig vor einem potenziellen Verkauf fachkundig beraten zu lassen, um die eventuell notwendigen Änderungen rechtzeitig einzuleiten.
Initiativen um junge Leute zu erreichen
Doch Lösungen können die Maklerinnen und Makler nicht ganz alleine auf die Beine stellen. Verbände und Politik sind gefragt, um junge Leute für Finanzthemen zu begeistern.
„Es liegt an der Branche jetzt Vorsorge dafür zu treffen, dass der Beruf des Versicherungs- oder Finanzanlagenvermittlers attraktiv für junge Menschen wird. Das beginnt schon mit der Vermittlung von ausreichend Finanzbildung an Schulen, weswegen wir uns auch bei der Initiative Finanzbildung von Bildungs- und Finanzministerium engagieren werden“, sagt Frank Rottenbacher, Vorstandsmitglied des Bundesverband Finanzdienstleistungen AfW.
Der Verband begrüßt und unterstützt auch Initiativen, wie etwa die Einladung junger Studenten auf die DKM oder die Prämierung besonders erfolgreicher Jungmakler, die als Influencer in Social Media viel positiven Einfluss auf die Ansichten gleichaltriger junge Menschen haben können.
Beraterschwund nicht nur wegen Alter
Im vergangenen Jahr hat sich das Vermittlersterben wieder beschleunigt (procontra berichtete). Zwischen dem 1. Januar 2023 und dem 1. Januar 2024 ist die Anzahl der Eintragungen im DIHK-Vermittlerregister von 190.708 auf 183.655 gesunken.
Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), dessen Mitglieder überwiegend Vertreter sind, kritisierte die EU-Politik als Verursacher dieses beschleunigten Vermittlersterbens hierzulande. „Zwar mag das hohe Durchschnittsalter der Vermittler eine gewisse Rolle spielen, aber nach unserem Dafürhalten ist dieser Vermittlerschwund maßgeblich eine Folge der Verunsicherung des Berufsstands durch die Diskussion um mögliche Provisionsverbote durch die EU-Kommission“, sagt BVK-Präsident Michael H. Heinz. Außerdem würden die seit Jahren fortschreitende Regulierung, Bürokratisierung und immer neue Auflagen die Versicherungsvermittler belasten. Für das Jahr 2024 rechnet man beim BVK deshalb einem weiteren „bedauerlichen Rückgang der Registrierungen“.