Kontaktaufbau, Verkaufspreis, Fallstricke

Komm, wir kaufen einen Bestand!

Wer als Versicherungsmakler schnell wachsen und wiederkehrende Einnahmen will, kann einen Kundenbestand kaufen. Wie das in der Praxis abläuft und welche Fallstricke lauern, erzählen Makler und Bestandsvermittler.

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12:02 Uhr | 01. Februar | 2023
Junge gute Berater Bestandsnachfolge

Bestände kaufen bringt Vorteile für junge Versicherungsmakler, die wachsen wollen. Doch wie stellt man den Kontakt zu potenziellen Verkäufern her, was kostet das alles und welche Fallstricke gilt es zu beachten?

| Quelle: PeopleImages

72 Kundenbestände von Versicherungsmaklern hat die Policen Direkt Gruppe im Jahr 2022 übernommen. Diese bringen dem Unternehmen eine jährliche Bestandscourtage von knapp vier Millionen Euro. Im Vorjahr kamen schon etwa 50 Bestände mit rund zwei Millionen Euro dazu. Ein gutes Geschäft, besonders wenn man die Vertragsdichte der Kunden anschließend noch ausbaut. Das weiß man nicht nur bei Policen Direkt. Auch das Interesse von Maklerpools, wie JDC und Fonds Finanz, wächst stetig, Bestände selbst zu übernehmen, um sie zum Beispiel an sehr erfolgreiche Partner weiterzugeben. Damit einher gehen Aspekte wie eine Konsolidierung von Beständen und eine zumindest tendenziell zentralisierte Betreuung der Kunden.

Das sieht Robert Peukert kritisch. Der Makler aus Jena möchte das Thema Bestandsnachfolge nicht allein den großen Firmen überlassen. Er glaubt, dass es für die Kunden, aber auch für die Vermittler, die Versicherungsbranche und nicht zuletzt die deutsche Wirtschaft sinnvoll ist, wenn die Betreuung und Beratung von Kunden bei persönlichen Ansprechpartnern in der Region bleiben. „Wir haben im vergangenen Jahr einen Bestand aus 100 großen Gewerbekunden und rund 600 Privatkunden hier bei uns in Thüringen gekauft“, erzählt der Geschäftsführer der Lieblingsmakler GmbH & Co. KG. Die Entscheidung fiel, weil Peukert mittlerweile ein zehnköpfiges Team beschäftigt und deshalb einen Großteil seiner Zeit für Personal- und Unternehmensführung aufbringen muss. Gleichzeitig war seine eigene Vermittlungstätigkeit wichtig für den Gesamtumsatz des Unternehmens. „Ein Geschäftspartner brachte mich schließlich auf die Idee, uns durch einen Bestandskauf wiederkehrende Einnahmen zu sichern, wodurch ich mich selbst fast vollständig aus der Produktion herausnehmen kann“, erklärt Peukert.

Kontaktaufbau über Maklerbetreuer

Im Herbst 2021 informierte er einige Maklerbetreuer von Versicherern über sein Vorhaben. Aus seiner Sicht könnten diese am besten einschätzen, bei welchen Kollegen sich das Karriereende beziehungsweise ein Verkauf abzeichneten. Im Dezember erhielt er von diesen dann den Kontakt zu einem Makler aus einer kleinen Stadt, etwa eineinhalb Stunden Autofahrt von seinem Büro in Jena entfernt. Die Eckdaten hörten sich gut an und so beschlossen Peukert und sein Team auf der gemeinsamen Jahresauftaktveranstaltung, dass sie 2022 einen Bestand kaufen wollen. Bereits am 11. Januar hatte er den ersten Termin mit dem Verkäufer. „Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden, was mir sehr wichtig war. Ich hätte niemals einen Bestand von einem Makler gekauft, mit dem ich nicht ‚grün‘ bin“, sagt der Lieblingsmakler-Chef.

Eine Woche lang bastelte er anschließend an Finanzierung und Konzept des Kaufs. Denn auf der Ausgabenseite gibt es, laut Peukert, mehr zu beachten als nur den Kaufpreis. Der Produktionsrückgang des Teams während der Migrationsphase, Lohnkosten für eventuell übernommenes Personal des Altmaklers und die Ausstattung eines neuen Büros vor Ort beispielsweise. Dazu kommt, dass auch die Bank ihre Zusage geben muss. Bereits vor ein paar Jahren hatte der Jenaer Makler einen kleineren Bestand für einen mittleren fünfstelligen Betrag gekauft, den er in mehreren Etappen aus laufenden Einnahmen bezahlte. Doch diesmal lag der Kaufpreis im sechsstelligen Bereich und musste kreditfinanziert werden. „Die Verkäufer wollen zurecht zeitnah sehen, ob man sich den Preis überhaupt leisten kann. Erst dann wollen sie sich komplett öffnen und Zeit in den Deal stecken. Der Bestand dieses Maklers war zuvor schon drei Mal kurz vor dem Verkauf gescheitert, unter anderem, weil der Interessent keinen ausreichenden Kredit bekam“, weiß Peukert.

Nachdem dies geklärt war, schickte er dem Makler eine Videopräsentation, in der er genau erläuterte, wie er auf Fünfjahressicht mit dem Bestand arbeiten will. Nach ein paar weiteren Gesprächen hatten die beiden Ende Februar die Vertragsmodalitäten geklärt und einen Monat später wurde der Kaufpreis überwiesen. Der Verkäufer (möchte anonym bleiben; Anm. d. Red.) habe dabei, laut Peukert, einen „fairen Preis“ aufgerufen, den er konkret nicht beziffern möchte. „Er sagte mir, er wolle auch in zehn Jahren noch durch seine Stadt laufen können und dort auf ehemalige Kunden treffen, die mit ihm und seinem Nachfolger zufrieden sind. Das sei ihm wichtiger als den höchstmöglichen Kaufpreis zu erzielen“, berichtet der Jenaer Makler.

Viele zahlen das Drei- bis Fünffache

Beweggründe, die auch Andreas Grimm kennt. Mit seinem Resultate Institut ist er auf die Vermittlung und Beratung von Bestandsverkäufen spezialisiert und hat, laut eigener Aussage, bereits über 500 solcher Deals begleitet. „Wir betreuen einerseits Verkäufer, die rein preisgetrieben sind und nach einem langen Berufsleben einfach den Wert ihres Lebenswerks ausbezahlt haben möchten. Anderen ist es wichtig, dass Kunden und Mitarbeiter in ‚guten regionalen Händen‘ bleiben und verzichten dafür teilweise auf richtig große Beträge“, so Grimm. Er könne alle diese Ziele gut nachvollziehen und wolle sich kein Urteil darüber erlauben. In seinen aktuellen Projekten würde er in der Regel das 3,2- bis 4,8-Fache der Bestandscourtage als Kaufpreis erzielen. Deutlich höher als in Peukerts Fall. Manche würden sogar noch höher liegen. Das hängt offenbar mit der, laut Grimm, in den letzten Jahren signifikant gestiegenen Nachfrage zusammen. Seine Datenbank an kaufwilligen Maklern sei mittlerweile sehr groß und habe eine Kaufkraft von rund 350 Millionen Euro versammelt, die in Bestandskäufe fließen wollen.

Doch auch nach Abschluss des Deals kann ein Bestand für den Käufer teuer werden. „Geschäftsmodelle, die auf Neugeschäft ausgelegt sind, müssen entsprechend fortgeführt werden“, weiß Grimm. Hat der neue Makler aber nicht die nötigen Kapazitäten dafür geschaffen, würde dies unweigerlich zu Kapitalvernichtung führen.

Alle Kunden anschreiben und die Gewerbekunden persönlich kennenlernen, die Papierdaten des alten Maklers digitalisieren und dessen übernommenes Personal einarbeiten: Die Lieblingsmakler aus Jena hatten sich dafür mit rund sechs Monaten genügend Zeit eingeplant. „In die Gewinnzone werde ich mit dem Deal aber erst in diesem Jahr kommen“, verrät Peukert. In den nächsten Monaten will er alle Baustellen beseitigt haben, um sich erneut voll konzentrieren zu können. Denn für Anfang 2024 hat er bereits den nächsten Bestandskauf im Auge.