In Deutschland werden Versicherungsmakler in der Regel über Provisionen bezahlt: Versicherer, aber auch Fondsgesellschaften, zahlen dem Vertrieb eine bestimmte Summe für die Vermittlung ihrer Produkte. Kritiker sehen im provisionsbasierten Vertrieb die Gefahr von Fehlanreizen, was regelmäßig eine mediale Diskussion über die Vergütung von Vermittlern befeuert. Zumindest in den kommenden vier Jahren dürfte sich an der Vergütungssituation von Vermittlern hierzulande nichts ändern: Die aktuelle schwarz-rote Bundesregierung hielt in ihrem Koalitionsvertrag fest, auch künftig auf ein Nebeneinander von Provisions- und Honorarvermittlung setzen zu wollen.
Kaum einer weiß von Nettopolicen
Auch wenn Kunden die Wahl zwischen Provision und Honorar haben, stehen Honorare klar im Schatten des Provisionsvertriebs. Ein Grund dafür: Vielen Kunden sind sogenannte Nettopolicen, bei denen keine Abschlusskosten für den Vermittler eingepreist sind, schlicht unbekannt. Zu diesem Schluss kommt zumindest eine Umfrage des zum JDC-Konzern gehörenden Informationsportals Fragfina. 722 Passanten wurde von Fragfina in vier nordrhein-westfälischen Städten befragt – gerade einmal 13 von diesen wussten, was eine Nettopolice ist. Lediglich einer der Befragten hatte tatsächlich eine entsprechende Police abgeschlossen.
Gleichzeitig ist aber laut Umfrage die Bereitschaft unter den Menschen hoch, eine Nettopolice abzuschließen und den Vermittler entsprechend per Honorar zu bezahlen. Insgesamt 630 Befragte erklärten ihre Bereitschaft, für eine entsprechende Versicherung zahlen zu wollen. Weitere 55 Menschen konnten bzw. wollten die Frage nicht beantworten, lediglich 37 Befragte sprachen sich klar gegen den Abschluss einer Nettopolice aus.
Darüber hinaus wollte Fragfina von den Umfrageteilnehmern wissen, welches Honorar diese bereit seien, für die Vermittlung einer Nettopolice zu zahlen. Im Schnitt ist für die Menschen hier ein Honorar in Höhe von 340 Euro angemessen. Kommt hierzu noch eine Beratung, waren die Leute sogar bereit, durchschnittlich 616 Euro zu zahlen.
Laut Fragfina, die selbst Nettopolicen vermitteln, sind diese provisionsbasierten Produkten im Hinblick auf die Ablaufleistung überlegen. Berechnungen seitens Fragfina hätten ergeben, dass Nettopolicen eine um 11 bis 15 Prozent höhere Ablaufleistung erwirtschafte, teilt das Monheimer Unternehmen mit.
Wird aus Nischen- ein Standardprodukt?
Dass die Produkte bei den Kunden kaum bekannt und von Vermittlern selten empfohlen werden, liege laut Fragfina daran, dass es an konkreten Finanzierungskonzepten auf Seiten der meisten Vermittler, Vertriebe und Ausschließlichkeitsorganisationen fehle. Dennoch sieht Gründer Dennis Rose Nettopolicen im Aufwind. „Die Nettopolice als Alternative zur Bruttopolice ist heute noch ein Nischenprodukt. Der Trend zu mehr Preissensibilität, Vergleichbarkeit und Wettbewerb wird meiner Meinung nach in den kommenden Jahren aus dem Nischenprodukt ein Standardprodukt machen.“ Für ihn sei es nur eine Frage der Zeit, bis Vermittler von Seiten ihrer Kunden explizit nach Nettotarifen gefragt werden.
Der Anteil an Nettotarifen war bislang mikroskopisch. Eine Untersuchung der Versicherungsprofessoren Matthias Beenken (FH Dortmund) und Heinrich Schradin (Universität Köln) kam 2021 zu dem Schluss, dass Nettotarife im Markt kaum eine Bedeutung haben. Bei Lebensversicherungen entfielen nur 6,3 Promille des Neugeschäfts auf Netto-Tarife – bei Kranken- und Kompositversicherungen lag der Anteil noch einmal deutlich darunter. Am Angebot liege es allerdings nicht, bemerkten die Professoren. So haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche Versicherer dem Honorarmarkt gegenüber geöffnet. Vielmehr fehle es schlechthin an der Nachfrage seitens der Kunden. Nimmt man die aktuelle Fragfina-Umfrage als Grundlage, hat sich an dieser in den vergangenen Jahren jedoch nichts geändert.