Steile These 2024: „Pflicht zur Nachhaltigkeitspräferenzabfrage wird ausgesetzt“
Hintergrund:
Versicherungsvermittler müssen bereits seit August 2022, Finanzanlagenberater seit April 2023 die ESG-Präferenzen ihrer Kunden abfragen, ihre Produktempfehlungen danach ausrichten und dies dokumentieren. Allerdings existieren noch immer keine einheitlichen und verbindlichen Rahmenbedingungen, was nicht nur verwirrt und Vermittler in Haftungsrisiken bringt, sondern zunehmend auch auf Ablehnung stößt.
Es war das wichtigste regulatorische Thema des letzten Jahres: die überhastete Einführung einer Abfragepflicht von Vermittlern zu den Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden über eine EU-Verordnung. Und dies, obwohl zu diesem Zeitpunkt viele Produktgeber noch gar keinen klaren Rahmen für die Nachhaltigkeitseinstufung ihrer Produkte vorliegen hatten. Die Vermittler mussten also zeitweise im luftleeren Raum agieren. Zwar lieferten die Vermittlerverbände, wie der AfW und Votum, rasch Vorlagen und Empfehlungen.
In der Praxis jedoch fand die regulatorische Maßnahme kaum Widerhall, geschweige denn Akzeptanz. Zu komplex, zu zeitraubend, zu unsicher – und die Kunden bestanden und bestehen auch nicht darauf. Laut AfW-Vermittlerbarometer, einer Umfrage unter 1.300 Vermittlern, hat nur gut jeder zweite Kunde (53 Prozent) an einer Beratung zu nachhaltigen Finanz- und Versicherungsprodukten Interesse und möchte über seine ESG-Präferenzen sprechen. 22 Prozent wollen das Thema überhaupt nicht anschneiden, und jedem vierten Kunden (25 Prozent) sind ESG-Aspekte in der Geldanlage egal! Da ist es einfacher, wenn der Kunde bei der Frage, ob er nachhaltige Produkte wünscht, „nein“ antwortet und dann das gesamte verpflichtende Abfrageprozedere gar nicht weiter zur Anwendung kommt.
Prognose:
Regulierungen werden zwar evaluiert, aber selten zurückgenommen. Die Abfrage wird daher kaum wieder eingemottet werden. Es ist wahrscheinlicher, dass die Politik versucht, die Umsetzung deutlich zu vereinfachen.
Wahrscheinlichkeit der These: 15 Prozent