Kolumne

Debatte um Unabhängigkeit: Es wird absurd!

Laut EU-Kommission ist ein Makler nur unabhängig, wenn er seine Vergütung gar nicht oder direkt vom Kunden erhält. Das hat absurde Konsequenzen, kritisiert AfW-Vorstand Norman Wirth.

08:06 Uhr | 27. Juni | 2023
Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand beim Vermittlerverband AfW

Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand beim Vermittlerverband AfW

| Quelle: AfW

Die aktuelle Diskussion um eine partielles Provisionsverbot für Versicherungsmaklerinnen und -makler macht sich an einem Wort fest: unabhängig.

Nach Definition der EU-Kommission ist man nur unabhängig, wenn man seine Vergütung gar nicht oder direkt vom Kunden erhält – aber man wolle mit dem Provisionsverbot die deutsche Maklerschaft ja gar nicht treffen.

Nach deutschem Rechtsverständnis der Mehrheit der Fachleute, macht sich die Unabhängigkeit daran fest, in wessen Lager ich stehe, wessen Interessen ich in erster Linie zu wahren habe. Maklerinnen und Makler stehen im Lager ihrer Kunden. Sie sind gesetzlich verpflichtet in deren Interessen zu agieren, sie unabhängig zu beraten – bis hin zu Nachhaltigkeitspräferenzen - und aus der gesamten Marktbreite passende Produkte nach deren Wünschen und Bedürfnissen zu ermitteln.

Was hier jetzt im Raum steht, ist die krude These, dass – wenn man also weiter auch zu Bruttoprodukten als Makler beraten und diese vermitteln will – man dann dem Kunden sagen müsste: „Ich bin Dein Sachwalter, stehe in Deinem Lager, suche für Dich aus der ganzen Marktbreite die Deinen Wünschen und Bedürfnissen entsprechenden Produkte heraus – aber unabhängig bin ich nicht, weil ich ja Courtage bekomme.“ 

Und was ist mit denjenigen, die am liebsten, aber nicht ausschließlich, Nettoprodukte vermitteln? Die müssten dann sagen: „Eigentlich bin ich meistens unabhängig, weil ich ja meistens von Dir, lieber Kunde, vergütet werde. Nur manchmal – wenn ich kein passendes Nettoprodukt finde – bin ich nicht unabhängig.“

Diese Absurdität kann man unendlich weiterspinnen, bis hin zu einer Pflicht von Nettoprodukten, der Zusammenlegung von Versicherungsberater- und Maklerstatus oder einem Provisionsverbot dann doch für alle. Wehret den Anfängen!