Factoring: Sinnvolle Investition für den Mittelstand?

Gerade in Coronazeiten bangen viele Firmen um ihre Liquidität. Vermittler können per Factoringmodellen helfen. Was es dabei für Unternehmer und Berater zu beachten gilt.

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06:06 Uhr | 11. Juni | 2021

Die Badewanne ist vermauert, die Wasserhähne sind montiert und die Rechnung an den Auftraggeber aus dem Baugewerbe ist verschickt. Doch der Geldeingang auf dem Geschäftskonto bleibt aus, die Zahlungsfrist ist längst verstrichen – und parallel steht der nächste große Materialeinkauf an. Werden Rechnungen nicht beglichen, stört das nicht nur den Liquiditätsfluss von Unternehmen und verschlingt Zeit.

Das Verschicken von Mahnungen dürfte auch selten zum favorisierten Bestandteil der täglichen Berufsausübung gehören. Um sich der Rolle des Schuldeneintreibers zu entledigen, kann in solchen Fällen ein sogenanntes Factoring-Verfahren in Anspruch genommen werden. Seit den 70er Jahren gibt es dieses Modell in Deutschland. Mittlerweile entdecken auch immer mehr Versicherer das Potenzial, jüngst sprach die Axa verstärkt über Factoring als Teil ihres Leistungskatalogs.

Das Prinzip: Der Versicherungsnehmer hat bei einem seiner Kunden eine Leistung in Auftrag gegeben und – nachdem diese erbracht wurde – die Rechnung verschickt. Im Fall des oben beschriebenen Handwerksbetriebes wird die Rechnung nicht vom auftraggebenden Bauunternehmen bezahlt, sondern stattdessen an eine Factoring-Gesellschaft weitergereicht. Dabei garantiert die Axa eine Überweisung des offenen Geldbetrags durch das Factoring-Unternehmen innerhalb von 48 Stunden. Falls der Schuldner Insolvenz anmelden muss, übernimmt der Versicherer dafür die Garantie und begleicht auch in diesem Fall die Rechnung. Der Unterschied zur Warenkreditversicherung: Letztere deckt meist 60 bis 80 Prozent der Forderungen ab, das Factoring versteht sich eher als Ausfallschutz, der – abzüglich der Factoringgebühr – annähernd 100 Prozent des Rechnungsbetrages leistet.  

Echtes und unechtes Factoring

„Mit dem Factoring bedient der Makler mindestens zwei elementare Bedürfnisse seiner Firmenkunden: Den Zugang zu Liquidität sowie die Prüfung und Absicherung der finanziellen Forderungen gegenüber den Schuldnern“, macht Timm Hinkel, Projektleiter im Firmenkundengeschäft der Axa, deutlich. Was für den Makler finanziell dabei herausspringt, ist abhängig von der Factoring-Gebühr, die der Kunde bezahlt. Die Gebühr wird bei jeder angekauften Rechnung fällig und schwankt im Schnitt zwischen 1 und 3,5 Prozent des Bruttorechnungsbetrages. An dieser Gebühr bekommt der Makler eine Beteiligung. Wie hoch diese ist, gibt der Versicherer nicht bekannt.

In den Augen von Martin Klein ist die Maklervermittlung von Factoring ein Nischenprodukt. „Wir hatten Factoring im Jahr 2020 einmal auf dem Tisch“, berichtet der Geschäftsführer des Votum-Verbandes, in dem die Interessen der unabhängigen Finanzdienstleistungsunternehmen vertreten werden. Für Makler, die beispielsweise in der Ärzteberatung tätig sind, könne das Thema aber interessant sein. Ihnen rät Klein dazu, ausschließlich „echtes Factoring“ anzubieten. Gemeint ist damit ein Verfahren, das für den Firmenkunden nicht nur offene Rechnungen begleicht, sondern ihn auch gegen Forderungsausfall absichert. „Der Makler sollte keine falschen Erwartungen wecken“, sagt Klein. „Am Ende darf der schwarze Peter nicht wieder beim Forderungsinhaber landen. Beim „unechten Factoring“ verbleibe das Risiko einer Debitoren-Insolvenz in den Händen des ursprünglichen Forderungsinhabers.

Dabei kann Factoring auch für Makler, die auf Honorarbasis arbeiten, eine Option sein. Laut Klein gebe es dafür jedoch noch keine Nachfrage. „Factoring im Bereich der Honorarberatung ist eine wirklich exotische Pflanze“, ist er sich sicher. „Aber das mag eine Idee sein.“

Seit einigen Jahren setzt auch die GVH-Assekuranzmakler GmbH in Köln auf die Vermittlung von Factoring-Verträgen. Geschäftsführer Fabian von Krosigk beschreibt diese als eine „nachrangige Einnahmequelle“ und nennt dafür folgenden Grund: „Das Factoring-Geschäft ist bei uns einfach relativ neu.“ Mit Hilfe von Factoring könnten Unternehmen eine größere Unabhängigkeit von Hausbanken gewinnen und ihre Bonität verbessern. Das sei prinzipiell ein großer Pluspunkt. Letzteres könnte aktuell an Bedeutung gewinnen. Axa-Projektleiter Hinkel hat die Erfahrung gemacht: „Durch die Pandemie wurden deutlich mehr Kunden für das Thema Factoring sensibilisiert.“