„Die Lage ist so ernst wie nie“

In der Pflegeversicherung brennt es lichterloh

Die finanzielle Situation der gesetzlichen Pflegekassen ist nach eigener Einschätzung sehr kritisch. Man verlangt nach Lösungen von Seiten der Politik. Hier gehen die Konzepte weit auseinander.

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14:01 Uhr | 27. Januar | 2025
Krankenschwester mit Patient in einem Pflegeheim

In der gesetzlichen Pflegeversicherung droht auch in den kommenden Jahren ein hoher Fehlbetrag.

| Quelle: Maskot

„Die Lage ist so ernst wie nie“, Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, mahlt im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa ein sehr düsteres Bild zur Finanzsituation in der gesetzlichen Pflegeversicherung.

„Die Situation der Pflegeversicherung ist sehr ernst, denn mit der Beitragserhöhung zum Jahreswechsel wurde das Finanzierungsproblem nicht gelöst, sondern lediglich aufgeschoben“, so Pfeifer. So betrug das Minus im vergangenen Jahr insgesamt 1,55 Milliarden Euro. Zum Jahreswechsel erhöhte die Bundesregierung den Pflegebeitrag um 0,2 Prozentpunkte, wodurch Mehreinnahmen in Höhe von 3,7 Milliarden Euro erzielt wurden.

Nachhaltig gut aufgestellt ist die gesetzliche Pflegeversicherung laut Pfeiffer dadurch aber nicht. Der höhere Beitrag wird bestenfalls ausreichen, um die Ausgabensteigerungen in diesem Jahr auszugleichen. Aber für 2026 reicht das dann keinesfalls mehr“, ist Pfeiffer überzeugt.

Bereits in diesem Jahr könnten einzelne Kassen bereits auf Liquiditätshilfen aus dem Pflege-Ausgleichsfonds angewiesen sein. Damit ließe sich sicherstellen, dass alle Kassen zumindest in diesem Jahr noch zahlungsfähig bleiben. „Aber dies zeigt: Die Lage ist so ernst wie noch nie“, mahnt Pfeiffer.

Die Gründe für die hohen Kosten

Als Grund für die hohen Kosten nannte Pfeiffer die rasant gewachsenen Leistungsausgaben. Diese seien im vergangenen Jahr um 11 Prozent bzw. 6 Milliarden Euro angestiegen. „Und für dieses Jahr erwarten wir ebenfalls einen Anstieg deutlich über 11 Prozent. Damit wird die Pflegeversicherung erstmals über 70 Milliarden Euro ausgeben“, sagte Pfeiffer. Die Gründe hierfür sind die Anhebung der Leistungsbeiträge zum Jahreswechsel, die Reformen der Politik, mit denen die Eigenanteile begrenzt werden sollten, und die wachsende Zahl der Pflegebedürftigen. Bezogen zur Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 nur 1,1 Millionen Menschen Leistungen, waren es Ende 2023 bereits 5,7 Millionen. Der Großteil von diesen (4,9 Millionen) erhielt ambulante bzw. teilstationäre Leistungen.

Dass sich Pfeiffer so kurz vor der Bundestagswahl zu Wort meldet, dürfte kein Zufall sein. So verband Pfeiffer ihr Interview auch mit einem Appell in Richtung Politik: „Es ist wichtig, dass die Parteien nun im Wahlkampf ihre Konzepte vorstellen, damit die Menschen sich ein Bild machen können, wer auf diese existenzielle Frage welche Antwort hat.“

Unterschiedliche Konzepte

Die Antworten der Parteien unterscheiden sich dabei stark voneinander. So setzt die SPD beispielsweise darauf, das Nebeneinander von gesetzlicher und privater Pflegeversicherung zu beenden und ein „gemeinsames, solidarisch finanziertes Pflegesystem“ zu schaffen. Gleichzeitig will man die Eigenanteile in der stationären Pflege auf 1.000 Euro im Monat deckeln.

Bei der Union heißt es derweil nur vage: Neben einer schnellen finanziellen Stabilisierung erarbeiten wir ein umfassendes Konzept für eine stabile pfle gerische Versorgung in einer alternden Gesellschaft und setzen es schnellstmöglich um.“

Gleichzeitig will man jedoch nicht nur auf die gesetzliche Pflegeversicherung setzen, sondern auf einen Finanzierungsmix aus Steuermitteln, gesetzlicher, privater sowie betrieblicher Pflegeversicherung. „Bezahlbare Pflegeversicherungen können die Finanzierungslücke in der Pflege schließen“, heißt es im aktuellen Wahlprogramm. Man wolle deshalb prüfen, ob solche Modelle in Zukunft besser steuerlich absetzbar sein werden.