Provisionsverbot und Co.

Die EU-Kleinanlegerstrategie kommt offenbar später als gedacht

Der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW erwartet, dass sich der Start der Trilog-Verhandlungen zu den neuen Regelungen der Retail Investment Strategy (EU-Kleinanlegerstrategie) weiter verzögern wird. Die Vorzeichen bezüglich eines Provisionsverbots stehen derzeit noch gut.

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13:10 Uhr | 16. Oktober | 2024
Flaggen der europäischen Union im Wind

Das europäische Gesetzgebungsverfahren zur EU-Kleinanlegerstrategie befindet sich kurz vor dem Trilog.

| Quelle: iantfoto

Die Verzögerungen ergeben sich laut AfW aus der noch ausstehenden Bestätigung der neuen EU-Kommission, fehlenden Verhandlungsgruppen im Europäischen Parlament sowie einer komplexen Abstimmung innerhalb der Ratspräsidentschaft. "Ein Beginn der Trilog-Verhandlungen vor Mitte Dezember ist somit unwahrscheinlich; realistischerweise wird der Prozess erst im Januar 2025 beginnen", so AfW-Vorstand Frank Rottenbacher. Stéphanie Yon-Courtin, die weiterhin für die Kleinanlegerstrategie zuständige Berichterstatterin im Europäischen Parlament, äußerte sich entsprechend vor kurzem bei einer Konferenz in Brüssel, an der auch Frank Rottenbacher teilnahm.

Vorsichtiger Optimismus bei den Verbänden

Da die inhaltlichen Verhandlungen noch nicht begonnen haben, gibt es keinen neuen Sachstand zum Thema „potenzielles Provisionsverbot für Versicherungsmaklerinnen und -makler für die Beratung und Vermittlung zu versicherungsbasierten Anlageprodukten“. Der AfW bleibt wie die anderen Branchenverbände auch weiterhin vorsichtig optimistisch, dass ein solches Provisionsverbot aufgrund der Positionen des Europäischen Parlaments sowie des Rats der EU nicht umgesetzt wird.

Die Vertreter des Rates der Europäischen Union, des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission kommen erst im sogenannten Trilog zusammen - ein politische Verhandlungstreffen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens der EU.

Nach Parlamentswahlen erstmal Stillstand

Die Entscheidungsträger des Europäischen Parlaments, insbesondere des ECON-Ausschusses (Ausschuss für Wirtschaft und Währung), sind jedoch nach der Parlamentswahl im Juni 2024 aktuell noch nicht vollständig aufgestellt. Zudem hat die ungarische Ratspräsidentschaft Anfang Oktober eine umfassende Synopse zu den unterschiedlichen Versionen des RIS-Dossiers mit Rückfragen an die EU-Mitgliedstaaten verschickt. „Dieses eher ungewöhnliche Vorgehen lässt vermuten, dass das Dossier wahrscheinlich erst von der kommenden polnischen Ratspräsidentschaft ab Januar 2025 inhaltlich weitergeführt werden kann“, erläutert Frank Rottenbacher.

Das Retail-Investment-Strategy-(RIS)-Dossier selbst, das als sogenanntes Omnibusgesetz zahlreiche Regelwerke wie beispielsweise die MiFID ändert, wird nach einer Einigung sowohl eine komplexe juristische Prüfung als auch eine Übersetzung in alle Amtssprachen durchlaufen müssen. Eine Einigung vor dem zweiten Quartal 2025 erscheint somit wenig wahrscheinlich. Das bedeutet, dass eine finale Veröffentlichung der Regelungen im EU-Amtsblatt wohl erst ab dem dritten Quartal 2025 erfolgen könnte. Ein Inkrafttreten in den Nationalstaaten würde dann 18 oder sogar 36 Monate (nach Vorschlag des Rats der EU) nach dieser Veröffentlichung stattfinden.