Die Haftpflichtversicherer mit den höchsten Beschwerdequoten

Die Haftpflichtversicherung gehört zu den in Deutschland am meisten verbreiteten Policen – und offensichtlich sind die Kunden zu großen Teilen mit ihrem Anbieter zufrieden, im Vergleich mit anderen Policen ist das Beschwerdeaufkommen gering. Den Versicherungsombudsmann Wilhelm Schluckebier erreichten im vergangenen Jahr zu dieser Sparte 497 Beschwerden, 2021 waren es noch 561 gewesen. Die aktuelle BaFin-Beschwerdestatistik zeichnet für das Jahr 2022 ein ähnliches Bild: 271 Beschwerden bearbeitete die Behörde 2022 abschließend – ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr, als das Beschwerdeaufkommen noch bei 295 Fällen gelegen hatte.

Dabei verteilten sich die Beschwerden im vergangenen Jahr auf 64 Haftpflicht-Versicherer mit einer gesamten Vertragszahl von 62,5 Millionen. Die durchschnittliche Beschwerdequote bezifferte sich damit auf 0,43 pro 100.000 Policen.  

Beim Betrachten der Statistik fällt auf: Insurtechs sorgten für relativ großen Kundenärger. So hatten die Haftpflichtversicherer Luko aus Berlin – das sich am 9. März 2022 aus der Coya AG gegründet hat – und Getsafe aus Heidelberg mit die höchsten Beschwerdequoten zu verzeichnen. Zum Fintech Luko lagen der BaFin 21 Beschwerden vor, bei einer Vertragszahl von 27.310 kam das Unternehmen damit auf eine Beschwerdequote von 76,89 – und lag damit erheblich über dem Durchschnitt von 0,43. Bei der GVV-Kommunalversicherung war die Beschwerdequote mit 77,2 am höchsten, was allerdings in Zusammenhang mit dem verhältnismäßig geringen Vertragsbestand von 3.886 zu betrachten istt. De facto gingen bei der BaFin lediglich drei Beschwerdefälle zur GVV ein.

Etwas unübersichtlicher gestaltet sich die Situation beim Heidelberger Fintech Getsafe: Hier kamen sechs Haftpflicht-Beschwerden auf 9.741 Verträge. Allerdings ist unter der Vertragszahl sowohl die Sparte Haftpflicht wie die Sparte Hausrat zusammengefasst, die sich so errechnende Beschwerdequote von 61,6 Prozent besitzt damit nur teilweise Aussagekraft. Zudem habe Getsafe, laut eigener Aussage, zum Ende des Geschäftsjahres 2022 bereits knapp 150.000 Policen in den Büchern gehabt, sei also innerhalb eines Jahres um das 14-Fache gewachsen. Die BaFin verfolgt in der Methodik Ihrer Beschwerdestatistik für solche Unternehmen einen speziellen Ansatz:

"Stark expandierende Versicherer, zu denen häufig neu gegründete Unternehmen gehören, werden durch die Nennung der Bestandszahlen nicht angemessen berücksichtigt, weil sich der im Laufe des Jahres erhöhte Bestand, aus dem sich die Beschwerden ergeben, nicht in der Statistik wiederfindet."

Allerdings bezieht sich die Beschwerdestatistik auch nur auf die Fälle, die beispielsweise in 2022 abschließend bearbeitet wurden. Darunter befinden sich regelmäßig auch Beschwerden, die bereits im Vorjahr bei der BaFin eingegangen sind und sich somit auch bei den schnell wachsenden Unternehmen noch auf den Bestand des Vorjahres beziehen.

Wie haben die Branchengrößen in der Behördenstatistik abgeschnitten? Betrachtet man die Haftpflichtversicherer mit einer Vertragszahl von mehr als zwei Millionen, zeigt sich: Die Kunden der großen Anbieter scheinen insgesamt zufriedener. Der Versicherungsriese Allianz hatte beispielsweise mit einem Vertragsbestand von 4.530.590 eine Beschwerdequote von 0,46 zu verzeichnen und lag damit nur leicht über dem Durchschnitt. Bei der HUK-Coburg befand sich die Beschwerdequote mit 0,34 sogar unterhalb des Mittelwerts.  

Die Bafin gibt in ihrer Beschwerdestatistik keine Auskunft darüber, ob die Beschwerden berechtigt waren oder nicht. Auch über die Beschwerdegründe macht sie keine Angaben.