Investieren wie die Reichen
Die Abkürzung ELTIF kennt mittlerweile wohl jeder Vermittler. Die fünf Buchstaben stehen für European long-term investment funds, also Vehikel in langfristige alternative Anlagen wie insbesondere Infrastrukturprojekte und Private-Equity.
Hohe Renditen
Hier geht es also nicht um Aktien und Anleihen, die an Börsen gehandelt werden, sondern um Investments in Sachwerte über meist fünf bis acht Jahre. Die Illiquidität lohnt sich für Anleger. „Die Rendite dieser Fonds sind teilweise viel höher als an den Börsen. Die Höhe ist abhängig von der jeweiligen Asset Klasse. Anleger können bei der aktuellen Produktauswahl im Markt bei erneuerbaren Energien mit 3 bis 7 Prozent p.a. und bei Private Equity mit 10 bis 14 Prozent p. a. nach Kosten rechnen“, betont Jamal El Mallouki, Geschäftsführer von Portagon, einer digitalen Distributionsplattform für den privaten Kapitalmarkt, die neben Asset Manager und Banken auch Maklerpools zu ihren Kunden zählt.
ELTIF gibt es seit dem Jahr 2015. Dafür interessiert haben sich bisher nur Reiche beziehungsweise deren Family Offices und institutionelle Investoren. Der Grund: Bisher mussten Privatanleger mindestens 10.000 Euro anlegen. Zudem mussten sie mindestens 100.000 Euro auf dem Konto haben. Doch jetzt kommt ELTIF 2.0. Ab dem 10. Januar 2024 fallen diese beiden Grenzen komplett weg. Dann ist der Weg frei. In der Branche ist bereits von einer „Demokratisierung“ von Privatanlagen die Rede. Auch werden bereits Vergleiche mit dem Siegeszug von ETF gezogen, der vor gut zwanzig Jahren begann.
Produkte in der Pipeline
„Der ELTIF 2.0 wird das Anlageuniversum für Privatanleger in Europa grundlegend verändern“, ist Moritz von Rhein, Head of Private Markets und Geschäftsführer der Liqid Asset Management, überzeugt. Das Analysehaus Scope erwartet, dass die ersten ELTIF nach neuem Zuschnitt bereits 2024 auf den Markt kommen. Tatsächlich hocken die Anbieter in den Startlöchern. Wie procontra jetzt erfuhr, legt die Fondsgesellschaft Union Investment Ende März einen ELTIF für Infrastrukturanlagen wie Solar- und Windparks sowie Strom- und Glasfaserleitungen auf. Die Details will das Unternehmen am 15. Januar veröffentlichen. Dann soll auch die Zeichnungsfrist starten.
Voraussetzung für einen Erfolg von ELTIF in der Breite sind Vermittler, die sich mit dem Produkt und dem Markt auskennen. Ohne fachkundige Beratung wird es nicht gehen. Das ist eine Chance für Vermittler. Auch eine effiziente Abwicklung ist wichtig, meinen die Analysten von Scope. Hier sei Besserung in Sicht: „Drittanbieter machen mit ihren digitalen Plattformen die bislang weitgehend manuellen Prozesse von Kunden-Onboarding und Verbuchungen skalierbar“, heißt es in einer Marktstudie.
Markt mit Potenzial
Ein solcher Anbieter ist Portagon. Eigenen Angaben zufolge bietet die Plattform Maklerpools eine All-in-one-Lösung von digitaler Beratungsstrecke bis zur Abwicklung. Vermittler mit Interessen an ELTIF sollten sich bei ihrem Pool erkundigen, ob er eine technische Lösung dafür anbietet. Der Markt für ELTIF jedenfalls ist vielversprechend. Fachleuten zufolge sind heutzutage lediglich 10 Prozent der Vermögenswerte an Börsen handelbar und damit für Privatanleger zugänglich, aber 90 Prozent eben nicht. Und noch eine Zahl: Ende 2022 betrug das in Europa verwaltete ETF-Vermögen bereits fast 1,5 Billionen Euro. ETF haben viele Anleger zu Aktionären gemacht. Vielleicht machen ELTIF viele Anleger zu Investoren in Windparks, Stromnetze und Unternehmensbeteiligungen. Der Bedarf an privatem Kapital jedenfalls ist enorm.