Die Debatte um eine Koppelung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung ist noch lange nicht zu Ende geführt. Nun schaltet sich der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Rainer Dulger, in die Diskussionen ein. Im Gespräch mit „Bild am Sonntag“ sagte er, das Renteneintrittsalter müsse weiter hoch gesetzt werden. So sei dringend eine „Sanierung der Altersvorsorge“ nötig, denn die Finanzierung des Rentensystems stehe „vor dem Zusammenbruch“.
„So wie unsere Sozialversicherungen heute funktionieren, werden sie in den kommenden fünf Jahren nicht mehr funktionieren“, malte Dulger ein düsteres Zukunftsszenario. „Die Kosten werden explodieren.“ Auf 100 Beitragszahler kämen derzeit etwa 50 Rentner, in 15 Jahren würden 100 Beitragszahler auf 70 Rentner kommen. Die weiterwachsende Lebenserwartung dürfe nicht zu einem immer noch längeren Ruhestand führen. Stattdessen sei eine Sozialreform nötig, in einer Dimension wie nach der Wiedervereinigung. Eine solche Reform sei „ähnlich herausfordernd wie die Energiewende – aber zweifelsfrei genauso wichtig für die Generationengerechtigkeit“, so der BDA-Chef.
Bereits in der Vergangenheit hatten etliche Ökonomen sowie Volkswirte der Bundesbank zu einer Anhebung des Renteneintrittsalters geraten. „Die Kopplung dämpft den Druck auf Beitragssatz und Bundeshaushalt spürbar“, hieß es beispielsweise in einer Bundesbank-Studie vom Juni dieses Jahres. Denn längere Erwerbsphasen würden nicht nur die individuellen Renten steigern, sondern auch die Beschäftigungsraten erhöhen.
Als Gegenentwurf zur Koppelung des Eintrittsalters an die Lebenserwartung brachten Wirtschaftsforscher Michael Hüther und BDI-Chef Siegfried Russwurm die Einführung einer 42-Stunden-Woche ins Spiel. Und Gesamtmetall-Chef Dr. Stefan Wolf machte deutlich: Eine Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre sei unausweichlich.
Nach den Plänen der Ampelkoalition steht eine Erhöhung des Renteneintrittsalters aktuell nicht zur Debatte. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hält stattdessen einen „flexiblen Übergang“ in den Ruhestand für richtig.
Nach der aktuell geltenden Rechtslage wird die Altersgrenze für die Rente ohne Abschläge bis 2029 schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Experten zufolge ist das nicht ausreichend, um die Finanzierung der Rente auf Dauer zu sichern.