Bestandsübertragung: Antworten auf die 10 wichtigsten Fragen

Die Bestandsübertragung ist für Makler, die in den Ruhestand gehen wollen, eine maßgebliche Altersversorgung. Patentlösungen gibt es nicht. Die Pools Blau Direkt und Wifo haben dazu eine „BÜ-Fibel“ herausgebracht. Die 10 wichtigsten Punkte daraus stellt procontra vor.

Author_image
14:09 Uhr | 15. September | 2021
Unverdiente, rückbelastete Courtagen müssen durch den übernehmenden Vermittler gezahlt werden“, sagt Sacha Korinth, verantwortlich für Bestandsübertragung bei Blau Direkt. Bild: Blau Direkt

Unverdiente, rückbelastete Courtagen müssen durch den übernehmenden Vermittler gezahlt werden“, sagt Sascha Korinth, verantwortlich für Bestandsübertragung bei Blau Direkt. Bild: Blau Direkt

Die courtagepflichtige Bestandsübertragung ist im rechtlichen Sinne eine Übertragung von Forderungen. „Der bisherige Makler lässt sich seine Courtageansprüche gegenüber Versicherern vom Käufer dieser Forderungen vergüten“, sagt Sascha Korinth, verantwortlich für Bestandsübertragung beim Maklerpool Blau Direkt. Die Zustimmung des Kunden sei zwingend erforderlich.

Korinth hat zusammen mit anderen Fachleuten von Blau Direkt und dem Pool Wifo wichtige Marktbeobachtungen zu Bestandsübertragungen in dem Kompendium „Die BÜ-Fibel“ zusammengefasst. Aufgelistet ist chronologisch, wie sich Verträge von vielen Versicherern (400 Seiten) und Pools (4 Seiten) effizient und rechtssicher übertragen lassen. Der ausführliche und alphabetisch geordnete Versicherer-Teil enthält samt Assekuradeuren und Deckungskonzeptanbietern Angaben von insgesamt 160 Gesellschaften.

Zahlreiche Tipps zur Übertragung

Ausführlich werden auch die rechtlichen Grundlagen der Bestandsübertragung (40 Seiten) beleuchtet. procontra hat Antworten auf die wichtigsten 10 Fragen zusammengestellt:

1. Gibt es Anspruch auf courtagepflichtige Bestandsübertragungen?

Makler haben nur dann einen Rechtsanspruch darauf, wenn eine einschränkungsfreie Courtagezusage des jeweiligen Versicherers vorliegt. Allerdings wird selbst dann in der Praxis nicht jeder Vertrag courtagepflichtig übertragen, etwa bei Ausschließlichkeitsversicherern. „Es liegt im Ermessen des Versicherers, ob dem Makler der Wunsch auf courtagepflichtige Übertragung gewährt wird“, so Korinth. Im Zweifel bleibe nur die Umdeckung durch den Makler.

2. Warum Verträge vor der Übertragung im MVP erfassen?

Das ist vor allem bei der Übertragung an einen Pool wichtig, damit ein übertragener Vertrag auch als Vertrag des Maklers erkannt und ihm zugeordnet werden kann. Daher müssen die Verträge bereits im MVP des Pools erfasst sein. Dann können übertragene Verträge automatisch, schnell und absolut sicher dem Makler zugeschrieben werden und er erhält Courtage, Dokumente und immer aktualisierte Daten. Gewerbliche Verträge dürfen dabei nicht mit Policen für Privatkunden vermischt werden.

3. Weshalb ist die richtige Versicherungsnummer so wichtig?

Das ist wichtig, damit die Übertragung schnell und zuverlässig funktioniert. Bei einigen Versicherern ändert sich mit der Übertragung die Versicherungsnummer. Dann ist eine Zuordnung nach der Übertragung nur noch möglich, wenn die ursprünglichen Versicherungsnummern korrekt übermittelt worden waren. Da der Abgleich vollelektronisch erfolgt. „Sie müssen die Versicherungsnummer so erfassen, wie sie Versicherer im automatischen Datenaustausch verwenden, was nicht unbedingt identisch mit den Angaben in den Druckstücken der Versicherer ist“, warnt Korinth.

4. Wie übertrage ich Verträge aus einer ehemaligen Ausschließlichkeit?

Bestandsübertragungen aus der Ausschließlichkeit werden nicht in der BÜ-Fibel behandelt. Es gibt jedoch den Hinweis auf einen Blogartikel. Wer als Handelsvertreter ausscheidet, muss eine Konkurrenzschutzklausel unterschreiben, die verhindern soll, dass er noch an seine Kunden herantreten darf. Diese Klausel hat aber nur Bestand, wenn der Versicherer für künftige Forderungen eine Abfindung gezahlt hat. In diesem Fall darf sich der Vertreter bei seinen Kunden verabschieden und ihnen sachlich mitteilen, was er nun stattdessen tut. Sollte sich dann ein Kunde entscheiden, dass er künftig geschäftlichen Kontakt mit dem Vermittler behalten will, darf der Vermittler ihn als Neukunden aufnehmen.

5. Wie funktionieren klassische oder digitale Einzelübertragung mit Maklervollmacht?

Bei Blau Direkt, Finanz-Zirkel und Insuro geht das laut BÜ-Fibel einfach. Das MVP des Pools stellt die Übertragung mit wenigen Klicks zur Verfügung. Wenn bei dem Kundendatensatz noch keine Maklervollmacht hinterlegt ist, dann erscheint an dieser Stelle ein Button „Maklervollmacht hochladen“. Damit lässt sich die passende Datei (wichtig: als PDF) hochladen. Anschließend kann man „Bestandsübertragung starten“ anklicken. Noch einfacher geht es digital: über die „Companion-App“ zum MVP, die man unter dem Namen „blau direkt“ kostenlos aus dem App-Store und im Playstore auf das Smartphone herunterladen kann.

Seite 1: Auf welche rechtlichen Punkte Makler achten solltenSeite 2: Was bei Bestandsübertragung für Stornohaftung und -reserve gilt

6. Was ist bei Agenturübertragungen aus Direktvereinbarungen zu beachten?

Wer eine Direktvereinbarung auflösen und den gesamten Bestand auf einen Pool oder anderen Makler übertragen will, benötigt nicht für jeden Kunden eine eigene Maklervollmacht, sondern kann bequem alles zusammen übertragen. Das entbindet den „Käufer“ nicht von der Pflicht, grundsätzlich die Einwilligung des Kunden vorliegen zu haben, heißt es in der Fibel. Wichtige Schritte für den „Verkäufer“:

7. Was ist bei Teil- oder Vollübertragung aus Poolbeständen zu beachten?

Teilübertragungen sind notwendig, wenn der Makler Bestände auf sich oder einen neuen Pool übertragen möchte. Sie sind zudem nötig, wenn sich nicht alle Verträge einer Direktvereinbarung übertragen lassen, weil einzelne Kunden etwas dagegen und widersprochen haben. „Für eine Teilübertragung ist immer die Freigabe der Verträge durch den ursprünglichen Bestandsinhaber notwendig“, weiß Korinth. Die Zustimmung sollte zwingend zusammen mit einer durch den Bestandsinhaber gestempelten und unterschriebenen Bestandsliste erfolgen, denn nur diese autorisiert die Versicherer zu einer sicheren Übertragung.

8. Wie werden Stornohaftung und Stornoreserve nach der Übertragung behandelt?

Einzelvertragliche Bestandsübertragungen erfolgen in der Regel nicht mit allen Rechten und Pflichten, das Haftungsrisiko verbleibt also beim ursprünglichen Vermittler. Agenturübertragungen oder auch Teilübertragungen dagegen erfolgen immer mit allen Rechten und Pflichten. Das Haftungsrisiko geht damit auf den übernehmenden Vermittler über. „Unverdiente, rückbelastete Courtagen müssen durch den übernehmenden Vermittler gezahlt werden“, so Korinth.

Zur Stornoreserve: Bei einzelvertraglichen Bestandsübertragungen verbleibt die Stornoreserve mit dem Haftungsrisiko beim ursprünglichen Vermittler, da die Courtage bereits dem Vermittler zugeflossen und durch ihn zu versteuern ist. Bei Agenturübertragungen oder auch Teilübertragungen, die mit allen Rechten und Pflichten erfolgen, geht das Haftungsrisiko auf den neuen Makler über. Die Stornoreserve wird jedoch unterschiedlich behandelt. „Die meisten Versicherer übertragen die Stornoreserve jedoch gesellschaftsintern auf das Konto des übernehmenden Maklers, statt sie auszuzahlen“, hat Blau Direkt beobachtet.

9. Wie werden Korrespondenzmakler behandelt?

Übernimmt ein Makler nach einer Bestandsübertragung zu sich zwar die Arbeit, erhält aber keine Courtage, ist das unerfreulich. Doch ohne Courtagevereinbarung besteht kein gesetzlicher Vergütungsanspruch. Das passiert häufig mit Direkt- und Ausschließlichkeitsversicherern. Tipps zum Umgang gibt die BÜ-Fibel nicht, verweist aber auf einen Blog-Beitrag. Im Zweifel bleibt nur die Umdeckung durch den Makler, insbesondere bei Bereinigung der Bestände kurz vor dem geplanten Ruhestand und der damit gewünschten Bestandsübertragung.

10. Welche Verträge sind nicht übertragbar?

Die Gefahr besteht häufig bei Verträgen mit Sonderkonditionen (Kundenrabatt oder zusätzliche Leistungen), die ein Versicherer mit dem jeweiligen Konzeptgeber, Assekuradeur, Vermittler, Pool oder Verein vereinbart hat. Soll ein solcher Vertrag übertragen werden, so droht der Versicherer oft mit dem Wegfall der Sonderkonditionen. Die Gefahr besteht, wenn der Konzeptgeber Funktionen des Versicherers übernimmt und damit der eigentliche Vertragspartner des Kunden ist. „Als übertragungswilliger Makler sollten Sie daher genau prüfen, wer der Vertragspartner des Kunden ist und inwieweit die Vertragsbedingungen schriftlich fixierte Voraussetzungen enthalten“, rät Korinth.

Weitere Informationen gibt es in der Fibel

Wer als Makler seinen Bestand im Rentenalter unbetreut auslaufen lässt und nur auf Anfrage berät, verliert auch Kunden und damit Bestandscourtage. Makler, die bisher weit unter Wert verkaufen mussten, können mit dem Know-how in der BÜ-Fibel bessere Erlöse erzielen. Durch den Wegfall seiner Kosten können Makler als Rentner sogar ein höheres Nettoeinkommen verbuchen als vorher, heißt es bei Blau Direkt.

Die BÜ-Fibel ist für Versicherungsmakler mit Zulassung nach Paragraf 34d Absatz 1 GewO gedacht. Das Buch kostet 59,99 Euro, kann aber gebraucht für 19 Euro hier bestellt werden. Teilnehmer des 60-Tage-Test-Programms von Blau Direkt erhalten hier ein kostenfreies Exemplar.

Wenn Ihnen dieser Artikel gefällt, abonnieren Sie unseren täglichen kostenlosen Newsletter für weitere relevante Meldungen aus der Versicherungs- und Finanzbranche!

Seite 1: Auf welche rechtlichen Punkte Makler achten solltenSeite 2: Was bei Bestandsübertragung für Stornohaftung und -reserve gilt