Kfz: Was Kunden an Direktversicherern stört

Die Unternehmen mit den höchsten BaFin-Beschwerdequoten in der Kfz-Sparte sind fast alle Direktversicherer. procontra wollte von ihnen wissen, woran das liegt. Die gemeinsame Hauptursache dürfte vor allem Vermittler freuen.

Author_image
15:06 Uhr | 12. Juni | 2019
Die Kunden von Kfz-Direktversicherern griffen in den letzten Jahren verhältnismäßig häufig zum Instrument BaFin-Beschwerde.

Die Kunden von Kfz-Direktversicherern griffen in den letzten Jahren verhältnismäßig häufig zum Instrument BaFin-Beschwerde. Bild: Pixabay

Günstige Beiträge, etwas weniger Service und kein Außendienst: So lässt sich grob das Modell Direktversicherung beschreiben. Ein Modell, das ein erheblicher Teil der Versicherungskunden gut findet – vor allem in der Kfz-Versicherung.

Doch diese Kunden gehen mit ihren Anbietern auch hart ins Gericht. Das zeigt die aktuelle Bafin-Beschwerdestatistik. So finden sich unter den 9 Kfz-Versicherern mit den höchsten Beschwerdequoten 7 Direktversicherer. Ein Bild, das in etwa die Situation der letzten Jahre bestätigt. procontra wollte herausfinden woran das liegt und hat bei den Unternehmen nachgefragt.

Direktversicherer von Berechnungsmethode benachteiligt?

Die schlechteste Beschwerdequote im Jahr 2018 wies die Allsecur Deutschland AG aus, die Direktversicherungstochter der Allianz. Pro 14.845 Kfz-Policen gab es hier eine, von der Aufsicht abschließend bearbeitete Beschwerde. Die Zahlen zeigen bereits, dass man hier nicht von einer absoluten Beschwerdewelle sprechen kann, wohl aber von einer relativen. Denn während es über die Allianz Deutschland mit rund 12,6 Millionen Kfz-Policen im Bestand (laut Zahlen des BaFin-Jahresberichts 2018) insgesamt 89 Beschwerden gab, waren es bei der nur ein Zehntel so großen Tochter Allsecur 88 Fälle.

Bei der Allsecur versucht man das auch damit zu begründen, dass die BaFin-Beschwerdestatistik die Beschwerdeanzahl zum Ende eines Jahres ins Verhältnis zur Policenanzahl am Jahresanfang setzt. Die schnell wachsenden Direktversicherer würden deshalb bei dieser Berechnungsmethode grundsätzlich schlechter abschneiden als Unternehmen mit einem sehr stabilen Bestand.

Das mag bei kleinen Direktversicherern teilweise zutreffen. Die Allsecur ist von 2017 auf 2018 aber nur um etwa 5 Prozent gewachsen, was für eine verzerrte Statistik wohl nicht ausreichend ist. Auch bei anderen Direktversicherungstöchtern großer Häuser sahen die BaFin-Beschwerdequoten des letzten Jahres nicht gut aus – obwohl bei beiden der Bestand sogar geschrumpft ist. Allerdings wollte man unsere Nachfrage seitens der R+V Direktversicherung AG (R+V-Tochter) nicht kommentieren. Die DA Deutsche Allgemeine Versicherung AG (Direktversicherer der Zurich Gruppe Deutschland) ließ unsere Anfrage sogar gänzlich unbeantwortet. (Anm. d. Red.: Die DA Direkt hat doch noch auf unsere Anfrage geantwortet. Als Gründe für die BaFin-Beschwerden nennt der Versicherer unter anderem Kritik an der Bearbeitungsdauer, insbesondere in der arbeitsintensiven Kfz-Wechselsaison. Man sei aber stets um Verbesserung bemüht, zum Beispiel durch zusätzliche Mitarbeiter.).

Seite 1: Kfz-Direktversicherer mit hohen Beschwerdequoten Seite 2: Dieses Defizit haben alle Direktversicherer

Alle Kfz-Direktversicherer, die uns geantwortet haben, erklärten, dass sie mehr oder weniger abhängig von den Ergebnissen der BaFin-Beschwerdestatistik bereits an der Verbesserung ihrer Kundenzufriedenheit arbeiten würden. Die Zahlen der Aufsicht sprechen den Unternehmen auch nicht im großen Stile jegliche Kompetenz in Sachen Kundenservice ab. Tatsächlich kann jedes der Unternehmen Umfrageergebnisse oder Rating-Siegel vorweisen, die ihnen eine besondere Kundenzufriedenheit und -treue bescheinigen.

Die BaFin-Beschwerden können aber trotz ihrer geringen Stückzahl (zum Beispiel R+V Direkt: 13 Fälle; Sparkassen Direkt: 11 Fälle) nicht vernachlässigt werden. Vielmehr können sie als Chance begriffen werden, um die Ursachen nach außen zu tragen und somit Toleranz für sich ändernde Prozesse im Unternehmen zu schaffen.

Unverständnis bei Kunden

So erklärte eine Axa-Sprecherin bezüglich der schlechten Beschwerdequote des hauseigenen Online-Versicherers Axa easy, dass die Beanstandungen größtenteils auf die Einstufung der Schadenfreiheitsklasse (SFK) nach einem Versichererwechsel zurückzuführen seien. So könne Axa easy natürlich nicht die vom Kunden angegebene SFK im neuen Vertrag zugrunde legen, wenn der Vorversicherer diese nicht bestätigt. „Offenbar sind die teilweise komplexen Regelungen zur SF-Einstufung für viele Verbraucher nicht hinreichend verständlich“, so die Sprecherin. Doch auch daran wolle man arbeiten.

Auch bei der Verti Versicherung AG (ehemals Directline) sieht man das Problem, dass Kunden vertragliche Angaben falsch interpretieren. Dies hätte zu einer Vielzahl der Beschwerden über den Direktversicherer geführt, was interne Aufzeichnungen belegen würden.

Vermittler machen den Unterschied

Eine Verti-Sprecherin begründet die Ursache für dieses Problem wie folgt: „Versicherungsnehmer ‚konventioneller‘ Versicherungsunternehmen wenden sich beispielsweise direkt an ihren Vertreter, der in der persönlichen Interaktion mit dem Kunden einiges an Fragen und Unklarheiten auffangen kann. Im Gegensatz dazu haben Direktversicherer keinen solchen Außendienst.“

Mit dieser Ansicht steht man bei Verti nicht allein da. Alle Kfz-Direktversicherer (mit Ausnahme der DA Direkt) erklärten, dass ihre Beschwerdequoten besser ausfallen würden, wenn sie einen persönlichen Vermittler beziehungsweise Außendienst beschäftigen würden. Dazu wird es zwar sehr wahrscheinlich nicht kommen, da sich die Beschäftigung eines Außendienstes nicht mit dem Modell Direktversicherung vereinbaren ließe. Zu Zeiten, in denen intensiv über eine weitere Einkommensbegrenzung von Versicherungsvermittlern diskutiert wird, ist ein kollektives Lob von Seiten der Direktversicherer für die Service-Bereitschaft von Maklern und Co. bei der Vermittlerschaft aber sicher willkommen.

Seite 1: Kfz-Direktversicherer mit hohen Beschwerdequoten Seite 2: Dieses Defizit haben alle Direktversicherer