Lebensversicherung: Bis zu 50 Prozent mehr Beitragsfreistellungen wegen Corona
Schon beim ersten Lockdown im Frühjahr war schnell klar: Die Corona-Pandemie wird auch Einfluss auf die Versicherungsbranche nehmen. In der Lebensversicherung kam die Sorge auf, dass viele Kunden aufgrund von Einkommenseinbußen und Jobverlusten ihre Verträge voreilig kündigen könnten. Die Bereitschaft der Verbraucher, bei finanzieller Knappheit die Investitionen in ihre Altersvorsorge zu reduzieren, wurde zeitnah von Umfragen bestätigt. Solche Storni würden auch für viele Vermittler Einbußen bei Abschluss- und Bestandsprovision bedeuten.
Um dem entgegenzuwirken, kommunizierten viele Lebensversicherer die Alternativen zur Vertragskündigung. Zahlreiche Anbieter erleichterten ihren Kunden zudem die Möglichkeiten für die Beitragsfreistellung oder die Stundung von Beiträgen.
Höchstwerte im April und Mai
Doch wie wurden diese Alternativen im Krisenjahr 2020 angenommen und konnten damit tatsächlich Vertragskündigungen verhindert werden, die für die Kunden zwar schnelles Geld, aber häufig auch einen Verlust bedeutet hätten? Wir haben dazu bei einigen der größten deutschen Lebensversicherer nachgefragt. Zwar verweisen diese größtenteils darauf, dass konkrete Zahlen erst mit der Veröffentlichung der Geschäftsberichte in den nächsten Monaten kommuniziert werden dürfen. Einige Einschätzungen und Vorab-Informationen konnte procontra aber zusammentragen.
So konnte beispielsweise die Alte Leipziger im April und Mai 2020 einen Höchstwert feststellen was Beitragsfreistellungen und Stundungen anbelangt. „Danach sind die Werte wieder zurückgegangen“, sagte Matthias Sattler, Leiter Vertrieb der Alten Leipziger Lebensversicherung. Bei zunächst gestundeten Verträgen sei die Beitragszahlung zum größten Teil durch die Kunden wieder aufgenommen worden. Bei der Stundung werden die Beiträge für einige Monate ausgesetzt und der Vertrag läuft unverändert weiter. Die nicht gezahlten Beiträge müssen aber anschließend nachgezahlt werden.
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Bei der R+V als auch bei der Condor Lebensversicherung wurden Freistellungen und Stundungen in 2020 stärker genutzt als im Vorjahr, heißt es. Das damit zusammenhängende Beitragsvolumen bewegte sich jedoch im Verhältnis zum Gesamtbeitragsvolumen auf einem unauffälligen Niveau, erklärte ein Sprecher.
Am konkretesten äußerte sich die Debeka. Bei den Koblenzern seien die befristeten Beitragsfreistellungen in den Monaten März und April um bis zu 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Im Mai lag der Unterschied zu 2019 aber bereits nur noch bei 20 Prozent. Die Debeka bietet befristete Beitragsfreistellungen anstelle von Stundungen an. Insgesamt sei diese Variante, bei der keine Nachzahlungen erforderlich sind, im gesamten Jahr 2020 um 14 Prozent häufiger genutzt worden als in 2019.
Weniger Kündigungen
Die Nürnberger Lebensversicherung verzeichnete im Jahresdurchschnitt eine leichte Zunahme bei den Beitragsfreistellungen. Von Vermittlern und Kunden habe man als Feedback erhalten, dass auch die erleichterten Möglichkeiten zur Beitragsstundung sehr hilfreich gewesen seien, heißt es. Bei der Nürnberger interpretiert man dies als Ursache dafür, dass es in 2020 weniger Vertragskündigungen gab als im Vorjahr. „Bei den Rückkäufen nach laufendem Jahresbeitrag und nach Anzahl der Verträge können wir trotz Corona einen leichten Rückgang im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen“, sagte Dominik Stadelbauer, Leiter des Bereichs Marktmanagement Firmen, auf Nachfrage.
Auch andere Lebensversicherer sehen einen Erfolg in ihren Maßnahmen. „Bei den Stornoquoten bezogen auf die Vertragsanzahl sind weder bei der R+V Leben AG noch bei der Condor Lebensversicherungs-AG coronabedingte Effekte festzustellen. Zusammenfassend kann aufgrund der Geschäftsentwicklung in 2020 gesagt werden, dass unsere Kunden auf ihren Vermögens- und Vorsorgeaufbau ununterbrochen großen Wert legen“, meinte dazu ein Sprecher des R+V-Konzerns. Auch bei der Alten Leipziger habe man durch die Coronakrise bisher keinen größeren Einfluss auf die Stornoquote feststellen können. Bei der Debeka sei die Anzahl der Kündigungen im Jahr 2020 sogar um circa sechs Prozent zurückgegangen.
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