Maklerrente: Welchen Einfluss der Kundenabrieb hat
Die Redaktion hat gemeinsam mit Andreas Grimm, Spezialist für Unternehmensbewertungen, ein Modell entworfen, um die Höhe der „Maklerrente“ zu ermitteln: Ein Einzelmakler bezieht 80.000 Euro aus Bestandscourtagen von Versicherungen (30.000 Euro aus Kfz-, 35.000 Euro aus Sach-, 15.000 Euro aus Lebens- und Krankenversicherungen). Fünf Maklerrentenanbieter haben bei Umfrage mitgemacht: SDV Servicepartner der Versicherungsmakler, blau direkt, Policen Direkt, Jung DMS & Cie. (JDC) sowie Finanz-Zirkel.
Mitunter fließen in die Rentenberechnung auch ratierliche Abschlussprovisionen ein (Policen Direkt), gehen 50 Prozent der künftigen Kfz-Provisionen weiter aufs Konto des Maklers (SDV kauft aber den Kfz-Bestand nicht an) oder gar 50 Prozent vom künftigen Neugeschäft aus dem übergebenen Bestand (Finanz-Zirkel).
Warum die Rente mit der Zeit sinkt
Alle Anbieter liefern eine lebenslange Rente, aber keine konstante, garantierte Rentenhöhe - die Auszahlung sinkt mit der Zeit. Grund: Die Bestandscourtage sinkt. Der Verlust beginnt schon bei der Übertragung des Bestandes, da erfahrungsgemäß nicht alle Kunden die Betreuung durch den neuen Makler akzeptieren. „Bei Policen Direkt kalkulieren wir konservativ mit einem Abrieb des Bestandes pro Jahr von ungefähr 3,0 Prozent in den ersten zehn Jahren und danach mit 6,0 Prozent“, sagt Philipp Kanschik, verantwortlich für Bestandsübernahmen bei Policen Direkt.
Dies hänge aber stark vom jeweiligen Bestand ab. Blau direkt hält 10 Prozent Abrieb bei der Übernahme und dann ebenfalls 3,0 Prozent pro Jahr für realistisch und hat dies ehrlicherweise auch so angegeben. „Unsererseits verursachen wir keinen Abrieb, weil der Abrieb bei Bestandsübernahme eher von der Qualität des Bestandes des Maklers abhängt als von uns“, relativiert Oliver Pradetto, Geschäftsführer von blau direkt.
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blau direkt moniert falsche Zahlen
Pradetto ärgerte sich nach der Veröffentlichung von procontra 2/2019 über die Zahlen in mehrfacher Hinsicht: Zum einen hat Policen Direkt überall genau die gleichen Zahlen, sowohl in den Kosten als auch in den Rentenhöhen, kommt in der Marktübersicht der Redaktion jedoch besser weg. Auch die Vertragsinhalte sind nahezu identisch. De facto zahlt blau direkt nach eigener Aussage für die 80.000 Euro Bestandscourtagen dem Makler anfänglich auch 80.000 Euro Jahresrente.
Ist ein Abrieb vorhanden, weil der verkaufende Makler die Übernahme nicht optimal begleitet oder nicht übertragbare Verträge vermittelt hat, mindert dies bei allen Anbietern gleichermaßen die Anfangsrente. „Selbst wenn bei uns mal 10 Prozent Übertragungsverlust vorkommen sollte, gibt es anfänglich immer noch 72.000 Euro vor Kosten statt der veröffentlichten 67.680 Euro“, stellt Pradetto klar.
Vergleich ohne Kundenabrieb fairer?
Die Konkurrenz-Zahl von 77.600 Euro bei Policen Direkt kann Pradetto auch nur bedingt nachvollziehen, weil dort lediglich 3 Prozent Abrieb kalkuliert worden sind. „Es wäre vielleicht besser gewesen, die Rentenhöhe völlig ohne Abrieb zu veröffentlichen, weil die Höhe nicht vom Aufkäufer beeinflusst wird, sondern eben von der Qualität des Bestandes und damit vom verkaufenden Makler“, kritisiert Pradetto. Dann wären Verfälschungen vermieden worden. Philipp Kanschik von Policen Direkt entgegnet: „Natürlich ist der Bestandsabrieb eine Musterannahme. Er liegt in der Praxis bei uns aber sogar noch darunter, dadurch, dass wir die Makler aktiv bei der Bestandsübertragung unterstützen.“
Die anfängliche Rentenhöhe nach Kosten betrage bei blau direkt mindestens 66.000 Euro Jahresrente – statt der von procontra veröffentlichten 61.800 Euro. „Dies ist ein Folgefehler der oben genannten falschen Rentenhöhe vor Kosten“, sagt Pradetto. Demgegenüber stehen 71.601 Euro bei Policen Direkt. „Es wirkt sich eben deutlich aus, wenn jeder Anbieter andere Rahmenbedingungen annehmen darf - ein fairer Vergleich setzt exakt vergleichbare Bedingungen voraus“, gibt Pradetto zu bedenken. Tatsächlich kommen Policen Direkt und Blau Direkt bei der Annahme eines identischen Bestandsabriebs zu fast identischen Angeboten.
Trotz des ärgerlichen Fehlers lobt Pradetto das Bestreben, Licht ins Dunkel der intransparenten Szene zu bringen: „Es ist höchste Zeit, für mehr Klarheit im Markt zu sorgen, dazu trägt die Initative von procontra bei". Auch Kanschik kommt zu einem grundsätzlich positiven Fazit: „Mehr Transparenz bringt Makler mit seriösen Anbietern von Nachfolgelösungen zusammen.“
Mehrere Arten von Bestandsübernahme
Übrigens: Als Aufkäufer von Maklerbeständen gegen Einmalbetrag (Asset-Deal) wurde von procontra etwa ein Dutzend Unternehmen identifiziert und von Maklerrenten (ebenfalls Asset-Deal) ein knappes halbes Dutzend. Ein zuletzt reger Aufkäufer gegen Einmalbeitrag ist die Lesitas Holding (procontra berichtete).
Als Basis für den Kaufpreis legt das Unternehmen wie auch die Maklerrenten-Anbieter die letzte Jahrescourtage zugrunde. Gezahlt werden von Lesitas bis zum 3,5-fachen (Sach/Kranken), 2,5-fachen (Leben) und 2,0-fachen (Kfz). Generell kommen zum Kaufpreis noch 50 Prozent der Abschlusscourtagen, die Lesitas aus dem gekauften Bestand als Neugeschäft generiert, dauerhaft hinzu.
Ausführliche Bewertungen des Marktes der Bestandsaufkäufer können Sie in der Titelgeschichte von procontra lesen. Das Heft kann hier bestellt werden.
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