Private Rentenversicherung stellt bAV in den Schatten
Wer für seine Altersvorsorge sparen möchte und dabei auf Unterstützung seitens Vater Staat setzt, dem steht ein breites Angebot zur Verfügung: Förderung erfährt er nicht nur im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung über die Ersparnis von Steuer- und Sozialabgaben, sondern auch bei der Basis- (Beiträge steuerlich absetzbar) und Riester-Rente (Zulagenzahlungen und steuerliche Absetzbarkeit) greift der Staat mit unter die Arme. Zusätzlich kann jeder Sparer auch eine private Rentenversicherung abschließen, bei der der Staat keine Abgeltungssteuer auf die Erträge erhebt.
Die Vielzahl der bestehenden Förderwege mit jeweils unterschiedlichen Förderkreisen, Steuerlasten und Kosten ist jedoch für viele Sparer eher Fluch als Segen. „Viele Sparer sind massiv verunsichert“, behauptet Alberto del Pozo, Geschäftsführer von myPension. Doch anstatt dass die Politik das Thema adressiere, spiele es ihm Wahlkampf nur eine untergeordnete Rolle – auf dem ersten Triell der Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl wurde das Thema in nicht einmal einer halben Minuten abgehandelt.
Das Frankfurter Insurtech hat aus diesem Grund zusammen mit dem Deutschen Institut für Altersvorsorge und der V.E.R.S. Leipzig GmbH die unterschiedlichen Förderwege unter die Lupe genommen und anhand von fünf Musterfällen errechnet, bei welchem Förderweg „am Ende am meisten netto herauskommt“, so del Pozo. „Schließlich haben die meisten Sparer nur das Geld für einen Förderweg.“ Entscheidend sei folglich, die beste Lösung für den jeweiligen Kunden zu finden.
Ertrag steht nicht immer im Verhältnis zur Förderung
Eine wichtige Erkenntnis der Studie: Obwohl der staatliche Förderaufwand enorm ist, steht der erzielte Ertrag zum Teil in keinem adäquaten Verhältnis. So schneidet beim Musterfall einer durchschnittlich verdienenden Familie mit zwei Kindern beispielsweise die betriebliche Altersversorgung (Direktversicherung, Entgeltumwandlung ohne zusätzliche Förderung seitens des Arbeitsgebers) deutlich schlechter ab als eine private Rentenversicherung. Trotz geringerem privaten Sparbeitrag erzielte die Beispielfamilie mit einer privaten Rentenversicherung deutlich höhere Nettorenten im Alter – ein Plus von 86,46 Prozent im Vergleich zur Nettorente, die mittels betrieblicher Altersversorgung zu erzielen war.
Als Gründe hierfür machten die Prüfer vor allem die im Vergleich hohe Besteuerung der Betriebsrenten sowie die Einbußen bei der gesetzlichen Rentenversicherung fest. „Diese beiden Faktoren und die wegen der vorgeschriebenen Beitragsgarantie konservative Kapitalanlage der Direktversicherung führen dazu, dass trotz der bevorzugten Förderung in der Ansparphase die betriebliche Rente in allen betrachteten Musterfällen beim Vergleich unterliegt“, heißt es von den Studienautoren.
Die perfekte Altersvorsorgeform für alle gibt es jedoch nicht: Entscheidend sei stattdessen stets der jeweilige Einzelfall. Während die Riester-Rente für Geringverdiener eindeutig die effizienteste Altersversorgung darstellte, schnitt in den anderen vier untersuchten Musterfällen die private Rentenversicherung besser ab. Die Basisrente wiederum erwies sich für Selbstständige und für Sparer mit hohem persönlichen Steuersatz als beste Option – dafür müssen Sparer jedoch beträchtliche Einschränkungen bei der Flexibilität des Produkts in Kauf nehmen.
Überraschend effektiv erweist sich hingegen die private Rentenversicherung, die von Seiten des Staats vermeintlich am wenigsten gefördert wird. In der Mehrzahl der angestellten Musterberechnungen führte die private Rentenversicherung zu einer höheren Nettorente als die Alternativen. Als Gründe hierfür machten die Studienautoren die niedrige Ertragsanteilbesteuerung aus. Zudem könne mittels privater Rentenversicherung – zumindest bei Fondspolicen – das angesparte Kapital in der Ansparphase wesentlich freier angelegt werden.
Seite 1: Privatrente sticht bAVSeite 2: "Die enorme Komplexität schreckt viele Menschen ab"
Doch welche Schlüsse lassen sich aus der Studie für die Zukunft der geförderten Altersvorsorge ziehen? „Das jetzige Fördersystem kann man den Menschen eigentlich nicht zumuten“, so del Pozo vernichtendes Urteil über den herrschenden Status quo. „Die enorme Komplexität des Systems schreckt viele Menschen davon ab, für ihre Altersvorsorge zu sparen.“
Das bestehende System müsse mittels Konsolidierung vereinfacht werden. Doch danach sieht es – nimmt man die Wahlprogramme der einzelnen Parteien zur Bundestagswahl zum Maßstab – eher nicht aus. Statt das bestehende System zu verschlanken oder zu vereinheitlichen, ist eher eine Ausweitung, beispielsweise durch einen staatlichen Bürgerfonds, geplant. „Wir brauchen keinen neuen Player am Markt, sondern einen Abbau von Komplexität“, forderte del Pozo.
Rendite in den Vordergrund stellen
Das bedeutet im Hinblick auf die untersuchten Anlageformen unter anderem, die zu erwartende Rendite in den Vordergrund zu stellen. So müssten bei Förderwegen, die derzeit eine konservative Kapitalanlage fahren, die regulatorischen Einschränken aufgehoben werden. Im Hinblick auf die betriebliche Altersversorgung bedeutet das aus Sicht der Studienautoren unter anderem, mehr Freiheiten bei der Gestaltung von Betriebsrentenzusagen zu gewähren und die Beitragszusage mit Mindestleistung neu zu definieren.
Wünschenswert sei es darüber hinaus, die geförderten Altersvorsorgeprodukte flexibler zu gestalten. „Wir müssen den Kunden mehr Selbstverantwortung für ihre Altersvorsorge zutrauen“, forderte del Pozo. Durch die Ermöglichung vorzeitiger Beitragsentnahmen könnten beispielsweise psychologische Hürden auf Seiten der Kunden abgebaut werden.
Jenseits der zu ändernden Regulatorik sei jedoch auch ein Mentalitätswandel innerhalb der Bevölkerung unerlässlich. So könnten Produkte mit Beitragsgarantien, die immer noch überwiegend seitens der Kunden nachgefragt werden, aufgrund der niedrigen Renditeerwartungen keinen ausreichenden Beitrag zur Altersversorgung leisten. Es gelte folglich, renditestärkere Anlagen in den Fokus zu stellen. „Dafür müssen wir aber Aktien von ihrem Zockerimage befreien“, so del Pozo.
Die Präsentation zur Studie sehen Sie hier
Seite 1: Privatrente sticht bAVSeite 2: "Die enorme Komplexität schreckt viele Menschen ab"