Doppel-Interview

Nach jahrelangem Schrumpfkurs: So will die Dialog wieder wachsen

Die Dialog hat seit ihrer Gründung viele Komposit-Verträge eingebüßt. Die Hintergründe und was sie nun mit dem Maklerversicherer der Generali vorhaben, verrieten die neue CEO Tamara Pagel und der neue Vertriebs-Chef Michael Reinelt im Gespräch mit procontra.

Author_image
11:06 Uhr | 04. Juni | 2025
Tamara Pagel und Michael Reinelt

Tamara Pagel ist seit dem 1. April 2025 Vorstandsvorsitzende der Dialog Lebensversicherungs-AG sowie der Dialog Versicherung AG. Michael Reinelt ist seit Beginn des jahres 2025 Vertriebsvorstand der beiden Gesellschaften.

| Quelle: Dialog/Generali

Was Sie erfahren werden:

-          Warum die Dialog so viele Komposit-Verträge verloren hat

-          Was das neue Vorstandsteam mit der Generali-Tochter vorhat

-          Wie man zukünftig Makler von sich überzeugen möchte

procontra: Seit der Gründung als Maklerversicherer der Generali im Jahr 2019 hat die Dialog im Komposit-Bereich konstant nur verloren – sowohl bei der Vertragsanzahl als auch bei den Beitragseinnahmen, mit Ausnahme eines Beitragswachstums in Wohngebäude. Wie finden Sie das?

Tamara Pagel: Das finden wir auf der einen Seite natürlich nicht gut. Wachstum ist wichtig und Risiken zu verlieren ist per se erstmal etwas, was wir nicht bewusst so forcieren. Aber wir legen den Fokus bei der Dialog ganz klar auf Profitabilität. Und da war es in den letzten Jahren wichtig, dass wir uns konsolidieren und profitabel aufstellen. Deswegen ist in den letzten Jahren aus unserer Sicht vieles richtig gemacht worden von unseren Vorgängern und Vorstandskollegen. Das betrifft vor allem die Frage, mit welchen Risiken wir weitermachen wollen und mit welchen eben nicht.

procontra: Das heißt also, Sie haben bestimmte Risiken, vielleicht auch bestimmte Bestände, rausgeschmissen?

Pagel: Wir haben uns ganz bewusst mit unseren Beständen und mit unseren Risiken auseinandergesetzt. Und dabei haben wir an der einen oder anderen Stelle tatsächlich auch die Entscheidung getroffen, dass es da nicht weitergehen kann. Wir haben uns aber mit Maklern und Maklerinnen auch ganz bewusst auseinandergesetzt, wie wir gemeinsam gute Lösungen finden können, nämlich für Risiken, bei denen es sichtbar in eine positive Richtung ging.

procontra: Also sind die teils hohen Vertragsverluste im Komposit-Bereich aus Ihrer Sicht kein Zeichen dafür, dass etwas schief läuft bei der Dialog?

Michael Reinelt: Die Dialog Versicherung ist in Komposit ja ein sehr junges Unternehmen. Nachdem wir die damaligen Broker-Bücher der Generali übernommen haben, mussten wir diese natürlich durchschauen und gezielt auf Profitabilität prüfen. Ich glaube, wir haben da in den letzten fünf Jahren auf Augenhöhe und gemeinsam mit unseren Partnern die Bestände saniert. Tatsächlich sind die Prämieneinnahmen pro Sparte ja auch keineswegs so deutlich zurückgegangen wie die Vertragszahlen. Denn wichtig ist: Wir haben es geschafft, viele alte Risiken in unseren Büchern durch ein angemessenes, vernünftiges Prämienniveau auf neue Beine zu stellen, anstatt sie zu kündigen. Mittlerweile können wir stolz sagen, dass wir in Komposit eben nicht mehr in unsicheren Fahrwassern unterwegs sind, so wie einige andere mittelgroße Anbieter in diesem Bereich, die es anders gemacht haben als wir.

Was wir aber nicht tun ist: mit niedrigen Prämien und überzogenen Courtagen möglichst viel Geschäft einzukaufen.
Michael Reinelt

procontra: Heißt das dann im Umkehrschluss, die Dialog hat sich über die letzten Jahre eine sehr harte Tür aufgebaut und Makler haben es nun schwer, bei Ihnen Risiken zu platzieren, die nicht tip-top sind?

Pagel: So würde ich das nicht formulieren. Die Tür ist weit geöffnet – wir schauen nur genau darauf, wie wir gemeinsam durch diese Türe gehen. Da steht für uns ganz bewusst die Frage im Mittelpunkt, welche Risiken wir zeichnen möchten und welche nicht. Wie gesagt: Das Schlagwort lautet Profitabilität. Wie wir handeln, zeigt deutlich, dass hier im Haus eine hohe Kompetenz vorhanden ist, Risiken ordentlich und nachhaltig einzuschätzen. Ich glaube, das ist ein Aspekt, der auch für Makler auf Dauer ganz wichtig ist: Wie nachhaltig und partnerschaftlich gehen wir eine Beziehung ein? Können wir uns bei einem Risiko zutrauen, gemeinsam auch mal durch harte Zeiten zu gehen, weil es solide und sauber kalkuliert ist? Was die harte Tür angeht, glaube ich, dass wir die Risiken intensiv prüfen und es einfach nur etwas länger dauert, bis man durch die Tür gegangen ist. Aber für eine partnerschaftliche Beziehung zu unseren Maklerinnen und Maklern steht sie ganz weit offen.

Reinelt: Dieses Bild kann ich nur unterstützen. Wir schlagen vor keinen Risiken die Türen zu, sondern setzen uns intensiv mit diesen auseinander. Was wir aber nicht tun ist: mit niedrigen Prämien und überzogenen Courtagen möglichst viel Geschäft einzukaufen.

procontra: Aber wollen Sie nach dem Schrumpfkurs der letzten Jahre bei den Vertragsbeständen in Komposit auch wieder merklich wachsen?

Pagel: Unbedingt, jetzt wo die Weichen gestellt und wir stabil und profitabel sind. Das gilt sowohl für den Privatkunden- als auch den Firmenkundenbereich – in beiden Bereichen wollen wir nachhaltig wachsen.

Wir wollen es Maklern so leicht wie möglich machen, Umsatz zu generieren.
Tamara Pagel

procontra: Das ist nun offenkundig Ihre Aufgabe, als neue Chefin und neuer Vertriebsvorstand der Dialog. Wie wollen Sie das schaffen?

Pagel: Wir haben ein neues, auf die Dialog fokussiertes Vorstandsteam, und wir haben das klare, gemeinsame Ziel, unsere Partner in ihren Geschäftsmodellen zu unterstützen, damit wir profitabel wachsen können. Das heißt, wir wollen es ihnen so leicht wie möglich machen, Umsatz zu generieren.

Reinelt: Genau. Zum einen durch Schulungsangebote, aber wir wollen auch unsere Digitalisierungsstrecken vereinfachen und dadurch die Dunkelverarbeitungs-Quoten erhöhen. Da können wir aufgrund der Größe des Generali-Konzerns aus europaweiten Best-Practice-Beispielen schöpfen. Unter dem Strich soll unseren Vertriebspartnern dadurch mehr Zeit für die Kundenberatung bleiben.

procontra: Bekommt bei der Dialog jeder Makler eine Direktanbindung, unabhängig vom Geschäft der Vorjahre und auch als Neuling im Beruf?

Reinelt: Ja, auf jeden Fall. Wir sehen insbesondere die Notwendigkeit, jüngere Menschen als Vertriebspartner zu gewinnen. Wir befinden uns in einer Konsolidierungsphase am Maklermarkt und stehen vor einem Generationenwechsel in vielen Betrieben. Deswegen engagieren wir uns überall dort, wo wir können, um junge Leute dabei zu unterstützen, den Schritt in die Selbstständigkeit als Versicherungsvermittler zu gehen.

procontra: In der Lebensversicherung verlief die Geschäftsentwicklung der Dialog über die letzten Jahre ganz anders: Konstant steigende Vertragsbestände und Beitragseinnahmen. Was machen Sie hier anders als in Komposit?

Pagel: Es sind nicht nur zwei ganz unterschiedliche Sparten, sondern auch die Grundvoraussetzungen für Komposit und Leben sind bei uns völlig andere. Als junger Maklerversicherer war es in Komposit unser erklärtes Ziel, uns über die letzten Jahre profitabel aufzustellen. Aber als Lebensversicherer sind wir schon über 50 Jahre am Markt . Hier verfügen wir über eine lange Historie als Spezialversicherer für Biometrie. Wir haben sehr gute Biometrie-Produkte und sind bei den Maklern in diesem Segment etabliert. So soll es auch weitergehen. Die Dialog zählt zu den profitabelsten Maklerversicherern und genau dies gibt uns die Freiheit, nun aus einer Position der Stärke heraus nachhaltig zu wachsen.

Wir analysieren aktuell eine Reihe von Möglichkeiten zur Unterstützung (Anm. d. Red. beim Thema Prävention) unserer Kunden und Vertriebspartner.
Tamara Pagel

procontra: Eine große Herausforderung in der Arbeitskraftabsicherung sind die deutlich höheren Beiträge für körperlich anstrengende Tätigkeiten im Vergleich zu Bürojobs. Wie lösen Sie das bei der Dialog?

Reinelt: Die Preisunterschiede resultieren aus den Leistungsstatistiken. Handwerker sind statistisch öfter betroffen als Kaufleute. Eine gute BU-Absicherung ist aber immer ihren Preis wert, denn nur sie bietet eine vollwertige Absicherung. Zudem muss sich der Vertrag auch bei Änderungen im Leben des Kunden anpassen können. Ein Beispiel dafür sind unsere umfangreichen Nachversicherungsgarantien.

Pagel: Auch im Leistungsfall stehen wir unseren Kunden zur Seite. Bei Selbstständigen verzichten wir beispielsweise darauf zu prüfen, ob eine Umorganisation zumutbar ist, sofern im Betrieb des Kunden weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigt sind. Bei bestimmten Erkrankungen verzichten wir auf die Prüfung, ob eine 50-prozentige BU vorliegt und leisten sofort für bis zu 15 Monate.

procontra: Psychische Erkrankungen sind längst der Hauptgrund für Berufsunfähigkeit. Für wie wichtig halten Sie den Hebel Prävention und wie unterstützen Sie Ihre Kunden und Makler dabei, um Leistungsfälle zu verhindern?

Pagel: Auch aus unserer Sicht wird das Thema Prävention immer wichtiger – insbesondere im Bereich Psyche, die inzwischen den Löwenanteil bei den Leistungsfällen ausmacht. Deshalb analysieren wir aktuell eine Reihe von Möglichkeiten zur Unterstützung unserer Kunden und Vertriebspartner. Bereits heute haben wir in unseren Bedingungen verankert, dass wir uns auch bei psychischen Erkrankungen an Reha-Maßnahmen des Kunden finanziell beteiligen.