Investitionen für Europa

GDV setzt auf EU-Label für Altersvorsorge – andere warnen vor Risiken für Sparer

Ein neues EU-Label für Sparprodukte soll privates Kapital für Europa mobilisieren. Die deutsche Versicherungswirtschaft unterstützt dieses Ansinnen. Andere Marktteilnehmer sehen das kritischer.

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13:06 Uhr | 12. Juni | 2025
Blick auf den Eurotower in Frankfurt

EU-Flagge vor dem Euro-Tower in Frankfurt: Deutschland und andere EU-Länder wollen ein Label für Altersvorsorgeprodukte einführen.

| Quelle: instamatics

Was Sie erfahren werden:

  • Ein neues EU-Label für Altersvorsorgeprodukte soll privates Kapital für die Aufgaben der EU mobilisieren.

  • Die deutsche Versicherungswirtschaft unterstützt das Label, sieht es als Chance für eine sichere Altersvorsorge.

  • Kritische Stimmen warnen indes vor den Risiken für Sparer, insbesondere im Hinblick auf geringere Renditen und das eingeschränkte Anlageuniversum.

Sieben Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) – darunter Deutschland, Frankreich und Spanien – haben sich dieser Tage darauf verständigt, ein freiwilliges Label für Spar- und Altersvorsorgeprodukte einführen zu wollen. Das geplante EU-Label namens „Finance Europe“ ist Teil der „Savings and Investments Union“ (SIU) – einer Weiterentwicklung der Kapitalmarktunion, und soll vor allem Finanzprodukte kennzeichnen, die einen signifikanten Beitrag zur Finanzierung europäischer Vorhaben leisten.

Hintergrund: Der enorme Finanzbedarf der EU

Hintergrund der Initiative ist der enorme Finanzbedarf der EU für den ökologischen Wandel, die digitale Transformation und für Verteidigungsausgaben. Laut aktuellen Berechnungen sind bis 2030 jährlich zusätzliche Investitionen von rund 800 Milliarden Euro notwendig, um diese Herausforderungen stemmen zu können. Mit dem neuen Label soll deshalb auch privates Kapital mobilisiert werden, denn europäische Haushalte verfügen über ein riesiges Finanzvermögen von schätzungsweise fast 35 Billionen Euro.

Ziel des Labels: Orientierung für Sparer und Investoren

Das Label soll kein neues Finanzprodukt darstellen, sondern ein Maßstab für alle sein, die mit ihren Ersparnissen einen Beitrag zur Finanzierung europäischer Unternehmen leisten möchten. Sein Ziel: Sparern eine klare und zuverlässige Orientierung für ihre langfristigen Vorsorgeentscheidungen bieten. Das Anlageuniversum soll hauptsächlich Produkte umfassen, die mit einem langen Anlagehorizont in Aktien investieren. Mindestens 70 Prozent des investierten Kapitals sollen dabei in europäische Vermögenswerte fließen.

GDV unterstützt Initiative

Die deutsche Versicherungswirtschaft unterstützt das Vorhaben. „Wird das Projekt richtig angegangen, stärkt es nicht nur Investitionen in Europa, sondern auch die Motivation, fürs Alter vorzusorgen“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

Die Versicherungswirtschaft leiste bereits einen maßgeblichen Beitrag zur Finanzierung der europäischen Wirtschaft. „Allein die deutschen, französischen, italienischen und spanischen Versicherer verwalten heute schon Kapitalanlagen in Höhe von rund 8 Billionen Euro“, so Asmussen.

Damit das Label alle Sparerinnen und Sparer erreicht, sollte es nach Ansicht des GDV auch Produkte mit Garantien einschließen. Asmussen: „Die Lebensversicherung bietet Kapitalmarktzugang mit Sicherheitsnetz. Kundinnen und Kunden sind vor Totalverlust geschützt und können zudem eine sichere Rente bis zum Lebensende erhalten.“ Das Label hätte somit eine doppelte Wirkung: Es fördert Investitionen in Europa und stärkt die private Altersvorsorge.

BVI und aba warnen vor den Risiken

Beim deutschen Fondsverband BVI teilt man die Euphorie des GDV nicht. Das Ziel, mehr Menschen an die Kapitalmärkte zu bringen und die europäische Wirtschaft zu finanzieren, sei zwar gut, heißt es dort. „Allerdings kann sich das Label nicht an unerfahrene Sparer richten, weil es unter anderem Anlagen mit geringer Liquidität ermöglicht“, meint BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter. „Auch für die Altersvorsorge eignet sich das Siegel nicht, denn das engere Anlageuniversum führt langfristig zu geringeren Renditechancen. Zudem ist fraglich, ob die EU-Länder es schaffen, die notwendigen steuerlichen Anreize zu gewähren.“

Auch die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) steht den EU-Plänen skeptisch gegenüber. Altersversorgungseinrichtungen spielten zwar als potenzielle Kapitalgeber eine wichtige Rolle bei der Initiaitve, doch dürfe ihre soziale Funktion nicht für die Erreichung politischer Vorhaben kompromittiert werden, teilt die aba auf ihrer Webseite mit. Und weiter: „Sollen Altersversorgungseinrichtungen das von ihnen verwaltete Kapital (noch) stärker in der EU anlegen, ist es erforderlich, dass das Rendite-Risikoprofil für diese Investitionen attraktiver sein muss als die Kapitalanlage in Drittstaaten. Eine entsprechende einschlägige Gewichtung darf dem Interesse der Versorgungsberechtigten und -empfänger an einer sicheren und angemessenen zusätzlichen Altersversorgung nicht im Weg stehen.“