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Was taugt die Risikolebensversicherung der Europa für junge Kunden?

Die Europa hat Ende 2024 angekündigt, mit dem „Junge-Leute-Antrag“ und dem „Family-Antrag" den Zugang zur Risikolebensversicherung noch einmal zu vereinfachen. Das neue Antragsdesign soll dem Makler helfen, mit den vereinfachten Gesundheitsfragen ganz gezielt junge Kunden zu gewinnen. Wir haben uns das einmal angeschaut.

12:01 Uhr | 27. Januar | 2025
procontra Produkt-Check

Versicherungsmakler Oliver Mest nimmt für procontra die Tariflandschaft unter die Lupe. Dieses Mal die Risikolebensversicherung der Europa, die im Family-Antrag eine vereinfachte Gesundheitsprüfung mit nur zwei Gesundheitsfragen vorsieht.

| Quelle: procontra

Was leistet der Tarif?

Die Risikolebensversicherung der Europa sieht im Family-Antrag eine vereinfachte Gesundheitsprüfung mit nur zwei Gesundheitsfragen vor:

  1. Wurden Sie in den letzten 2 Jahren untersucht, beraten oder behandelt oder hatten Sie Beschwerden hinsichtlich:

●      Herz-Kreislauf, Blutgefäße

●      chronische Magen-Darm-Erkrankungen, Pankreas

●      Nieren, Harnwege, Leber oder Galle

●      gutartige und / oder bösartige Neubildungen (Tumorerkrankungen / Krebs), Leukämie

●      Diabetes

●      Kontrollbedürftige Laborwerte außerhalb der Norm

●      psychische oder neurologische Erkrankungen

●      chronische Atemwegs- und Lungenerkrankungen

●      rheumatische Erkrankungen und Kollagenosen

●      HIV Infektion/AIDS

●      Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenmissbrauch

 

  1. Haben Sie in den letzten 2 Jahren regelmäßig (d. h. täglich über mehr als 2 Wochen, wöchentlich, monatlich) Medikamente eingenommen, oder nehmen Sie aktuell Medikamente? 

Voraussetzungen

Das ist auf den ersten Blick wirklich sehr übersichtlich, mehr dazu aber weiter unten im Artikel. Die Voraussetzungen für die Family-Anträge sind klar umrissen: Die zu versichernde Person wird Mutter oder Vater (Elternteil) eines eigenen Kindes durch Geburt, Adoption oder sie ist in den letzten sechs Monaten Mutter oder Vater geworden. Absicherbar sind maximal 600.000 Euro, die auch unter den Eltern aufgeteilt werden können. Die Eltern dürfen nicht älter als 50 sein bei Vertragsschluss und der BMI der zu versichernden Person darf nicht über 30 liegen. Natürlich muss die Elternschaft nachgewiesen werden.

Die Family-Anträge umfassen den regulären Schutz der Europa Risikolebensversicherung, die je nach Tarif einige Erweiterungen zum klassischen Todesfallschutz vorsieht. Dazu gehören neben den umfangreichen Nachversicherungsgarantien Sofortleistungen um Todesfall, Verlängerungsoptionen, vorgezogene Leistungen bei terminalen Erkrankungen und eine erhöhte Todesfallleistung in den ersten sechs Monaten nach Geburt oder Adoption des Kindes. Zusätzlich können Sofortleistungen bei einer Krebserkrankung vereinbart werden.

Neben den Familien-Anträgen gibt es auch bei Hypotheken- oder Praxisfinanzierungen vereinfachte Gesundheitsfragen bis zu einer Versicherungssumme von 800.000 Euro. Die Antragsstellung für einen 25-Jährigen mit normalem BMI und einem Bürojob in der Stichprobe ergab dagegen keine vereinfachten Gesundheitsfragen nach dem beschriebenen Muster. Wir haben auch vor diesem Hintergrund zu dem Tarif Fragen an die Europa gestellt, die man jedoch wie alle anderne Freagen leider nicht beantworten wollte. 

Was sind die Stärken? 

Gerade in der Basis-Variante gehört die Europa in vielen Musterrechnungen zu den günstigsten Anbietern am Markt. Wer dann noch von einfachen Gesundheitsfragen profitieren kann, findet einen günstigen Anbieter für den Hinterbliebenenschutz. Die Premium-Variante und der Zusatzschutz gegen die Krebserkrankungen können den Schutz jedoch schnell um 50 Prozent teurer machen – hier ist zu überlegen, wie wichtig die zusätzlichen Leistungen wirklich sind.

Was ist bei dem Produkt kritisch zu sehen?

Der große Bonus der neuen Risikolebensversicherung könnte auch zum Bumerang werden. Die Europa fragt nämlich nicht nur nach Behandlungen, Beratungen und Untersuchungen in den letzten zwei Jahren, sondern auch nach Beschwerden. Eine sehr schwammige Formulierung, die man als Kunde wahrscheinlich kaum verlässlich beantworten kann. Denn wer hatte nicht in den letzten zwei Jahren mal  Beschwerden, sei es Schwindel, Kopfschmerzen oder Bauch- und Unterleibsschmerzen, ohne dass er oder sie zum Arzt gegangen ist. Wer das nicht angibt, könnte eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung begehen, wenn diese Beschwerden irgendwann später einmal doch in den Arztunterlagen auftauchen.

Wer ist die Zielgruppe?

Die ergibt sich aus dem Produkt: Eltern und Immobilienfinanzierer, die gerne eine Risikolebensversicherung abschließen möchten, aber eine umfangreiche Gesundheitsprüfung scheuen. 

Tipps für den Vermittler und die Vermittlung

Vorsicht bei dieser vereinfachten Gesundheitsprüfung. Es gibt zahlreiche Anbieter, die ihre Gesundheitsfragen deutlich sauberer verkürzt haben: Etwa die Dortmunder, die LV 1871, die Baloise oder auch die Gothaer und die Allianz. Zwar mag die maximale Versicherungssumme hier ein wenig geringer ausfallen, aber das lässt sich durch eine Zwei-Vertrags-Lösung korrigieren.  

Das Fazit

Die Europa ist als klassische Risikolebensversicherung in der Basis-Variante mit der „normalen“ Risikoprüfung in vielen Fällen eine gute Wahl, weil die Beiträge oft in den Top 5 oder Top 10 liegen. Die Frage nach Beschwerden aber ist nicht mehr zeitgemäß und torpedierte den grundsätzlich begrüßenswerten guten Willen, den Zugang zu einer Risikolebensversicherung für Interessierte zu erleichtern.

Bewertung: 6 von 10 Sternen