Laut aktueller Umfragen wird das Geschäft mit Gewerbeversicherungen für Makler zu einem immer wichtigeren Standbein. Können Sie diese Entwicklung auch für bei der INTER bestätigen? Andreas Herber: Ja, definitiv. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Einerseits in den Personensparten, was immer schwieriger wird. Stichwort Provisionsdeckel oder auch die lange Stornohaftung. Auf der anderen Seite ein attraktives Gewerbegeschäft – auch im Vergleich zum privaten Kompositgeschäft. Denn ich habe in der gewerblichen Sparte in den meisten Fällen eine wesentlich höhere Prämie, die ich erzielen kann. Somit kann ich relativ schnell einen auskömmlichen Bestand für mich als Versicherungsmakleraufbauen. Also der einfachere Weg?
Herber: Ja und nein, das muss man mit einem Aber sehen. Gewerbekunden sind Fleißarbeit. Ich muss mich nicht nur mit den Produkten auskennen, sondern ich muss mich mit meinem Kunden und mit seinen Bedürfnissen auskennen. Jede Branche hat andere Herausforderungen, jeder Kunde selbst in einer vergleichbaren Branche tickt anders. Der Eine ist mehr bei dem Kunden vor Ort unterwegs, der Andere hat eher die Arbeiten in seinem Betrieb zu verrichten.
Und je nach dem habe ich eine unterschiedliche Ausgangssituation. Denn es ist ein Unterschied, ob ich einen Blumenladen versichere oder einen Bau-Handwerksbetrieb. Ich muss also schon genau verstehen, was mein Gewerbekunde macht, um ihn versichern zu können. Und das Aber?Herber: Das Aber ist gut für den Makler. Wir haben mittlerweile – auch durch den Wettbewerb und die Nachfrage – viel Dynamik im Markt und eine sehr gute Transparenz, was die Vergleichbarkeit der Produkte anbetrifft. Da sind wir als Versicherer gezwungen – Gott sei Dank – gute und noch bessere Produkte zu entwickeln und auf dem Markt zu platzieren. Stichwort Risikoanalyse. Die Produkte werden besser, aber der Makler muss das individuelle Risiko seines Kunden einschätzen lernen. Das ist für den Makler, der neu im Gewerbe Geschäft eingestiegen ist, eine Herausforderung. Was raten Sie hier?
Herber: Ein ganz wichtiger Punkt, wie sonst auch im Leben ist eine sehr gute Vorbereitung und im Nachgang natürlich auch die Dokumentation.
Ich kann nicht sagen, ich habe keine Ahnung davon und mache das mal. Ich muss aber auch nicht das Rad neu erfinden, um eine sehr gute Risikoanalyse zu machen. Schließlich kann man das notfalls auch aus anderen Bereichen der Kundenberatung gedanklich übertragen.
Und natürlich stelle ich mir die Frage: will ich das überhaupt? Das ist eine Grundvoraussetzung, die man erfüllen muss. Nun sind die Herausforderungen in diesem Jahr gestiegen – hohe Inflation, drohende Rezession im nächsten Jahr. Welche Folgen erwarten Sie für das Geschäft mit Gewerbeversicherungen? Herber: Es ist tatsächlich ein unsicheres Fahrwasser, worauf wir zusteuern. Wir alle wissen nicht, was passiert. Es besteht sicherlich ein Kostendruck für das produzierende Gewerbe, für Handel, für Gastronomie. Ich hoffe nicht, aber ich denke, dass sicherlich der ein oder andere Kunde seine Versicherung so weit wie möglich reduziert und im schlimmsten Fall kündigt. Hier sind wir als Versicherer genauso gefragt wie die Vermittler vor Ort beim Kunden. Wir müssen dem Kunden zeigen, was er verliert, wenn er
Versicherungsschutz aufgibt – aber wir müssen auch Angebote schaffen, damit der Schutz trotz der schlechten Rahmenbedingungen bestehen bleiben kann. Es geht ja schließlich bei Versicherungen oft um die Existenzsicherung. Wie gehen jetzt der Makler und Vermittler an das Thema ran?
Herber: Ich arbeite oft mit Maklern zusammen und aus der Erfahrung kann ich raten, den Kunden aktiv anzusprechen. Jeder Kunde wird sich aktuell fragen: Kann ich sparen? Auch bei meinen Versicherungen. Und da muss ich meinen Kunden einfach Möglichkeiten anbieten. Sicherlich gibt es möglicherweise Bausteine, die kein existenzielles Risiko darstellen, wie zum Beispiel eine Glasbruch Versicherung, die ich dann herausnehmen kann.
Das kann ich jederzeit ohne Probleme wieder aufnehmen, wenn es dem Betrieb besser geht. Alternativ dazu kann man sicherlich auch mit Selbstbeteiligung im Schadensfall arbeiten - ein interessantes Modell, um den Schutz zu bewahren, aber gleichzeitig den Beitrag zu senken. Ich sehe immer wieder, dass insbesondere Gewerbekunden gerne auch eine Selbstbeteiligung von sich aus ansprechen. Und ich kann eine vereinbarte Selbstbeteiligung meist einfach wieder aus dem Vertrag streichen, wenn die Rahmenbedingungen besser werden. Aber kommt man als Vermittler dann nicht schnell in eine Preisspirale, weil es nur noch um billig geht? Herber: Ja, da muss man aufpassen. Was man auf keinen Fall machen sollte, ist Äpfel mit Birnen zu vergleichen
Also einen bedarfsgerechten und sehr guten Versicherungsschutz mit einem weniger bedarfsgerechten vergleichen – wenn ich zum Beispiel nur Versicherungssummen reduziere, dann geht logischerweise der Beitrag auch runter. Aber ob das der richtige Weg ist, das wage ich mal zu bezweifeln. Genauso wenn ich einfach nur einen billigen Versicherungsschutz einkaufe und mit dem Schutz vergleiche, den ich bisher hatte. Nachhaltige Produkte sind auf dem Vormarsch, egal ob Altersvorsorge oder Sachversicherungen. Ist das ein Thema im gewerblichen Versicherungsschutz? Herber: Die privaten Sparten und Altersvorsorgeprodukte sind hier ein Stück weiter, aber in den gewerblichen Versicherungen tut sich auch etwas. Wir als INTER haben auch hier ein Versprechen an uns selbst abgegeben: Wir wollen bei jeder Produktentwicklung, oder auch bei der Überarbeitung von Produkten, das Thema
Nachhaltigkeit einfach mal als festen Punkt, quasi als einen festen Anker, etablieren. Aber man muss sich auch ehrlicherweise die Frage stellen: Was bedeutet eigentlich Nachhaltigkeit und wie sieht das eigentlich unser Kunde? Und wie lautet die Antwort? Herber: Nachhaltigkeit ist meiner Meinung nach ein sehr weitläufiger Begriff und wird auch komplett unterschiedlich betrachtet. Wir hören aktuell viel auf unsere Kunden, also Versicherungsmakler in erster Linie, und die berichten uns natürlich die Erfahrung mit ihren Kunden. Und die Richtung ist derzeit klar: Hier ist das Interesse sehr verhalten.
Zumindest wird das bei Versicherungsprodukten im Gewerbesegment nicht aktiv nachgefragt. Wir machen uns auch Gedanken, wie wir das Thema aufgreifen können. Könnten Sie das vielleicht näher ausführen? Das klingt noch etwas unkorrekt… Herber: Ja, das ist es auch. Denn wir müssen erst einmal konkretisieren, was man unter dem Begriff Nachhaltigkeit als Versicherer versteht. Wir verzichten zum Beispiel seit mindestens zwei Jahren auf das Rücksenden von irgendwelchen Regulierungsfragebögen in der Betriebshaftpflicht, die jeder Kunde alljährlich ausfüllen muss. Der Kunde hat hier die Möglichkeit die Fragen, die seinen Vertrag betreffen ganz bequem online zu beantworten.
Da gab es keine Beschwerden seitens der Kunden, dass da jemand auf einmal einen Brief vermisst. Anscheinend kommt das an. Ich würde beim Thema Nachhaltigkeit gerne direkt konkretisieren, dass man als Versicherungsgesellschaft sagt: Okay, lieber Kunde, wir haben hier ein Portfolio - suche dir etwas aus. Also da einfach mal Herzensanliegen der Kunden versuchen aufzugreifen und hier genau zu konkretisieren, was wir damit meinen. Sie haben aber noch etwas für Ihren Endkunden – und zwar die Ausfallversicherung. Ein guter Schutz für schlechte Zeiten. Sie haben ein neues Produkt gelauncht, das sich explizit an Mediziner, Freiberufler und Handwerker richtet. Ein wichtiges Produkt, besonders in Hinblick auf die aktuellen Umstände. Können Sie mehr darüber erzählen? Herber: Ja, sehr gerne sogar. Wir haben ein neues Produkt, bei dem wir innerhalb der Zielgruppen die Leistungsmerkmale besonders behandeln und auch die Zielgruppen unterschiedlich behandeln, weil der Bedarf einfach anders ist. Und so individuell ist auch das Produkt! Wie darf man sich das in der Praxis vorstellen? Herber: Jeder Betrieb kann genau das Risiko absichern, das individuell vorhanden ist.
Eine kleine Arztpraxis steht still, wenn der Inhaber nicht praktizieren kann. Hier müssen neben den wegfallenden Einkommen auch die laufenden Fixkosten abgesichert werden. Ein mittelgroßer Handwerksbetrieb kann den Ausfall des Inhabers kompensieren, wenn die Angestellten die Arbeit mit schultern können: Die Fixkosten müssen also gar nicht abgesichert werden, sondern vor allem das Einkommen des Inhabers.
Macht die Kalkulation natürlich ein bisschen schlanker, aber wir sind genau in dem Bedarf und das wollen wir nicht nur durch tolle Produkte darstellen, sondern mit den Ergebnissen, die dabei herauskommen.