D&O-Rechtsschutz: Manager richtig absichern
Nicht nur der große Dichterfürst Goethe wusste: „Es irrt der Mensch, solang er strebt.“ Was poetisch klingt, kann finanziell schwere Folgen haben. Etwa, wenn Führungskräfte in Unternehmen weitreichende Fehlentscheidungen treffen. Das Risiko ist höher, als vielen bewusst sein dürfte: „50 bis 70 Prozent aller unternehmerischen Entscheidungen führen nicht vollständig zum gewünschten Ergebnis oder können komplett nach hinten losgehen“, sagt Sören Rettig, Leiter Unternehmensrecht beim D&O-Anbieter VOV. Welches Ausmaß dies haben kann, sieht man aktuell bei der insolventen Signa Holding.
Für Berater ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um das Thema D&O-Versicherung bei Kunden zu platzieren. Denn die Gefahr von Fehlentscheidungen in der Führungsriege wird immer größer. Zum einen steigt die Regulierung – Stichworte sind hier das EU-Lieferschutzkettengesetz, ESG-Auflagen und der Ausbau von Hinweisgebersystemen. Zum anderen führt die angespannte wirtschaftliche Lage bei hoher Inflation zu mehr Insolvenzen. Dazu kommen geopolitische Unsicherheiten und Risiken, die mit neuen Technologien wie Künstlicher Intelligenz (KI) einhergehen
All das gibt dem D&O-Markt Rückenwind. Was Beratern ebenfalls in die Hände spielt: In den letzten drei Jahren war der Markt aufgrund der Corona-Pandemie und erhöhter Unsicherheit an den Finanzmärkten verhärtet. Mittlerweile hat der Trend gedreht: „Viele Versicherer fahren ihre Leistungen wieder hoch“, beobachtet Rettig. Auch die vom GDV befürchtete Prämienerhöhung blieb bisher aus – tatsächlich gehen die Beiträge tendenziell sogar zurück. „Die Versicherer wollen wieder wachsen und sich gegenüber Wettbewerbern stärker differenzieren“, sagt Alfred Mora, Chief Underwriter Financial Lines bei Allianz Commercial in Deutschland.
Ein separater Industriestrafrechtsschutz ist sinnvoll, um die Summe aus einer D&O-Police zu schützen.Alfred Mora Chief Underwriter Financial Lines in Deutschland bei Allianz Commercial
„Die Zielklientel sind Unternehmen jeder Größenordnung, die Versicherungsschutz für Manager einkaufen, aber auch Führungskräfte selbst, die ihr Privatvermögen individuell absichern“, sagt Rettig. Wichtig zu wissen: Beide Arten der D&O-Police lassen sich auch voneinander unabhängig abschließen. Das ist mitunter sinnvoll, denn die Interessen laufen im Schadenfall konträr. Während ein Unternehmen dann gegen eigene Führungskräfte vorgeht, wollen Beschuldigte persönlichen Schaden abwenden – auch mit Blick auf die eigene Reputation.
Zusätzlicher Rechtschutz ratsam
Diesen Punkt sollten Makler im Hinterkopf haben – genauso wie den Bereich Rechtschutz. Marktexperten raten, eine D&O-Police durch ein getrenntes Rechtschutzpaket zu ergänzen, um Deckungslücken abzufedern. „Der Strafrechtschutz ist in der D&O-Police immer sehr eng an das Organhaftungsrecht geknüpft“, weiß Rettig. Das heißt, an die zivilrechtliche Haftung. Allerdings sind Manager viel öfter von Staatsanwälten bedroht – was sehr teuer werden kann.
Auswertungen von Schadensfällen zeigen, dass mitunter 70 Prozent der Deckungssumme für Abwehrkosten draufgehen. Auch aus diesem Grund ist zusätzlicher Rechtschutz zu empfehlen: „Ein separater Industriestrafrechtschutz ist sinnvoll, um die Summe aus einer D&O-Police zu schützen“, sagt Mora. Und auch eine zusätzliche Anstellungsvertrags-Rechtschutzversicherung könnte sich für Führungskräfte lohnen, um Kosten aus Rechtsstreitigkeiten zu übernehmen, die mit der eigenen Anstellung zusammenhängen. Denn die private Rechtschutzversicherung greift hier nicht.
Was die Policen aus Berater-Sicht besonders attraktiv macht, ist die Nähe zu Entscheidern und die Aussicht auf Zusatzgeschäft. Allerdings ist ein gezieltes Einarbeiten in die Materie ein Muss, denn D&O-Policen sind Individuallösungen und schwer vergleichbar. „Wichtig ist, dass der Schutz auf die Bedürfnisse zugeschnitten ist“, betont VOV-Fachmann Rettig. Beim Anbieter sollten Berater darauf achten, dass dieser schon länger am Markt ist und international regulieren kann“, rät Mora.