Herr Reindl, Sie haben im Sommer 2022 Ihren neuen Gewerbeschutz gestartet, bei dem der Fokus auf acht Zielgruppen mit rund 400 Betriebsarten liegt. Ein Baustein für den vertrieblichen Erfolg Ihrer Gewerbewelt ist das Dynamic Pricing, das dynamische Preismanagement. Das kennt man zum Beispiel vom Mobilitätsmarkt – Bahntickets kosten mehr, wenn alle reisen. Aber was müssen wir uns in der Versicherungswelt darunter vorstellen?
Ludwig Reindl: Das ist ein interessanter Aspekt unserer Produktwelt. Der Versicherungsmarkt ist mittlerweile dominiert durch Vergleichsrechner, also durch online abrufbare Beitragsvergleiche, die beispielsweise über Pools angeboten werden. Auch Vermittler orientieren sich daran und müssen das auch tun, weil die Kunden es auch machen. Wir wollen als kleiner Versicherer bei unseren Zielgruppen unter den Top-Anbietern sein in diesen Vergleichen.Also wird dynamisch angepasst? Reindl: Ja, und das kann in zwei Richtungen schwingen – positiv und auch negativ. Sie haben das Beispiel mit der Bahn gerade genannt, aber wir sehen das natürlich anders. Wenn wir Branchen für uns gewinnen wollen, senken wir die Prämie. Das erkennt man sehr gut an den Zielgruppen, auf die wir uns fokussieren: Hier haben wir bereits sehr gute Prämien bei den Vergleichen hinterlegt und erscheinen unter den besten Drei im Preisleistungsverhältnis.Läuft das nicht auf einen Preiskampf hinaus? Reindl: Natürlich nicht bis zum untersten Ende. Wenn Branchen aus dem Ruder laufen, müssen wir auch Prämien anpassen. Das kann auch in die andere Richtung gehen. Für den Vermittler ist das klasse. Er sieht somit immer in Echtzeit, was der Markt hergibt und bietet einen Vorteil für Endkunden. Aber ganz klar ist auch: Wir wollen keinen ruinösen Preiskampf ausfechten. Die Bayerische ist Vorreiter beim Thema Nachhaltigkeit. Sie haben die erste nachhaltige Gewerbepolice auf den Markt gebracht und Nachhaltigkeit gewinnt in der Gewerbeversicherung immer weiter an Bedeutung. Jetzt haben wir auf der anderen Seite drei Jahre Corona in den Knochen, einen Krieg in der Ukraine und eine Rezession, deren Ausmaß wir noch gar nicht kennen. Ist Nachhaltigkeit am Markt dennoch ein Thema? Reindl: Das kann ich nur mit einem glasklaren Ja beantworten. Die politische Akzeptanz ist da, die gesellschaftliche Akzeptanz ist da, die unternehmerische Akzeptanz ist da. Nachhaltigkeit heißt ja: Ich darf nicht mehr verbrauchen als nachwachsen kann. Der Fokus wird aber zu sehr auf die ökologische Nachhaltigkeit gesetzt. Man darf auch die soziale und ökonomische Nachhaltigkeit nicht außer Acht lassen. Also ja, ich finde, es ist definitiv ein Thema. Wie äußert sich das in den Produkten? Reindl: Nehmen wir mal ganz aktuell den Gewerbebereich, wo Nachhaltigkeit inbegriffen ist. Die Bedingungen sehen eine nachhaltige Mehrleistung und klimafreundliche Schadenregulierung für Inhalts-, Betriebshaftpflicht- und Wohngebäudeversicherung vor. Das heißt, bis zu 20 Prozent Mehrleistung sind vorgesehen, wenn der Kunde nach einem Schaden Mehrleistungen hat, weil er nachhaltig produzierte Ersatzprodukte einsetzt. Sie setzen im Gewerbegeschäft auf Zielgruppenkonzepte. Was ist hier der Vorteil für den Vermittler?Reindl: Wir sprechen die Sprache der Makler, denn die haben sich in aller Regel auch auf eine Zielgruppe fokussiert. Wenn der Vermittler seine Zielgruppe definiert hat, stellen wir die passenden Zielgruppenkonzepte zur Verfügung. Das haben wir jetzt durchdefiniert für die Branchen Gastro und Hotellerie, Einzel-, Textil und Lebensmittelhandel, Heilnebenberufe, Elektrikerin und Elektriker, Gebäudereinigung und Garten- und Landschaftsbau. Darauf haben wir die letzten Monate viel Kraft verwendet und bieten die Betriebshaftpflichtversicherung und die Inhaltsversicherung an. Aber es gilt auch: Wenn die Makler andere, eigene Zielgruppen haben, die wir noch nicht fokussieren, dann setzt man sich zusammen und kann ein gemeinsames Absicherungskonzept entwerfen.Das klingt spannend. Wie oft passiert es, dass sich Makler und Maklerinnen bei Ihnen melden?Reindl: Es kommen regelmäßig Makler auf uns zu. Wir setzen uns zusammen und legen Vorstellungen übereinander und schauen: Funktioniert das? Und das funktioniert bei uns relativ schnell, denn wir haben flache Hierarchien und ein Underwriting-Team inklusive Produktmanagement und Entscheidern. Somit können Entscheidungen schnell getroffen werden. Es ist auch wichtig, entweder ein ganz klares Ja zu senden, aber auch, wenn etwas nicht geht, ein ganz klares Nein.