Kolumne
Die Risikoprämie ist wissenschaftlich gut erforscht, dennoch heiß diskutiert – und am Ende soll sie immer wieder die Begründung dafür liefern, dass es sich mittel- bis langfristig lohnt, Risiken beim Investieren einzugehen. Zumindest unsere historische Betrachtung für den US-amerikanischen Markt zeigt, dass bis zum Jahr 1800 zurück fast alle Anlageperioden mit einem Horizont von 30 Jahren für Aktien eine positive Risikoprämie gegenüber einer Alternativanlage in Staatsanleihen brachten. Das Risiko hatte ich also gelohnt.
Im Unterschied zur Risikoprämie ist die Unsicherheitsprämie hingegen kaum bekannt. Dabei ist sie genau das, was Investoren in diesen Tagen an den Kapitalmärkten erleben. Unsicherheit ist – anders als Risiko – weder abschätzbar noch berechenbar. Ähnlich wie der von US-Präsident Donald Trump losgetretene Zollkonflikt. Entstehen Unsicherheiten, kommt es zu einer „Prämie“ in Form von Kursabschlägen. Wie hoch die Unsicherheit ist, zeigt der Indikator für wirtschaftspolitische Unsicherheit, der aktuell noch deutlich weiter nach oben ausschlägt als der Indikator für geopolitische Unsicherheit.
Diese Unsicherheit ist an den Kapitalmärkten zu spüren. Im Gefolge des zwischenzeitlich angeknacksten Anleihemarktes hatte auch der US-Dollar gegenüber dem Euro an Wert verloren. Es ist nicht auszuschließen, dass am Ende sogar sein Status als Weltreservewährung angezählt wird. Dies ist der Status, den ihm der chinesische Renminbi längst streitig zu machen versucht. Letztlich fußt das Vertrauen in eine Reservewährung auf der Stabilität dessen Kaufkraft und die Verlässlichkeit der Institutionen des Landes. Das schleichende Gift der Unsicherheit hingegen untergräbt jede Form von Verlässlichkeit.
Davon könnte aktuell vor allem der europäische Kapitalmarkt profitieren, der über Jahre von den internationalen Anlegern vernachlässigt wurde. Bedingung dafür ist, dass sich die EU als Hort der Stabilität positioniert. Dann könnte eine Sicherheitsprämie vereinnahmt werden. An Dividenden orientierte Anleger dürften dabei gleichzeitig auf die Verlässlichkeit der Dividendenpolitik setzen und sich über alle Schwankungen hinweg über Kapitaleinkommen freuen.