Steuer: Neuer Freibetrag für Aktiengewinne?

Es bewegt sich was in Sachen Freibeträge aus Kapitalertrag. Nicht nur der Sparer-Pauschbetrag steigt 2023, sondern zusätzlich soll es einen Freibetrag für Gewinne aus Aktien und -fonds geben. Auch die bisher enge Verlustbegrenzung könnte kippen.

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09:10 Uhr | 17. Oktober | 2022
Aktuell sind die Kurse vieler Aktien und Aktienfonds im Feuer. Anleger können Verluste aber nur begrenzt mit Gewinnen verrechnen. Das soll sich bald ändern. Bild: FotografieLink

Aktuell sind die Kurse vieler Aktien und Aktienfonds im Feuer. Anleger können Verluste aber nur begrenzt mit Gewinnen verrechnen. Das soll sich bald ändern. Bild: FotografieLink

Privatanleger haben 2021 ihre Scheu vor Wertpapieren abgelegt: 90 Prozent des Neugeschäfts in Publikumsfonds stammten von den Privaten, ergab die Bilanz des Fondsverbandes BVI. Dies dürfte 2022 durch die russische Invasion der Ukraine und die folgenden Sanktionen gegen Russland, Wirtschaftskrise, Inflation und Zinserhöhungen der Notenbanken anders aussehen. Immerhin kann man den Fiskus bei Gewinnen und Verlusten steuerlich beteiligen, zumindest in kleinem Rahmen. Dazu sind demnächst einige Neuerungen zu erwarten.

Im Entwurf für das Jahressteuergesetz, den die Bundesregierung Mitte September beschlossen hat, steht eine Erhöhung des Sparer-Pauschbetrages an. Danach sollen ab 2023 1.000 Euro Kapitalerträge pro Jahr von der Abgeltungssteuer verschont bleiben (bis 801 Euro). Für steuerlich gemeinsam veranlagte Ehegatten/Lebenspartner steigt der Freibetrag entsprechend von 1.602 auf 2.000 Euro pro Jahr. Dieser Effekt greift natürlich nur bei Gewinnen aus Kapitalerträgen.

Eigener Freibetrag für Gewinne aus Aktien und Aktienfonds

Ende Juni 2022 wurden Eckpunkte eines Zukunftsfinanzierungsgesetzes vom BMF bekannt, das im Laufe des Jahres 2023 umgesetzt werden soll. Ein maßgeblicher Aspekt: Es soll einen völlig neuen Freibetrag für Gewinne aus Aktien und Aktienfonds geben. Die Höhe steht noch nicht fest, aber er könnte über 1.000 Euro pro Jahr liegen. Laut BMF soll er für „im Privatvermögen erzielte Gewinne aus der Veräußerung von Aktien und Aktienfonds“ gelten. Für laufende Erträge aus Aktien oder Aktienfonds ist er nicht vorgesehen.

Sobald dieser neue Freibetrag für Gewinne aus dem Verkauf von Aktien und Aktienfonds gilt, sollten Anleger einen entsprechenden Freistellungsantrag bei der Bank einrichten, denn der neue Freibetrag gilt zusätzlich zum Sparer-Pauschbetrag, sagt Steuerberater Ulf Knorr von der Kanzlei Ecovis in Rostock. Auch hier greift der Effekt natürlich nur bei Gewinnen aus dem Verkauf von Aktien und Aktienfonds, weil damit mehr Ertrag von Abgeltungsteuer verschont bleibt.

Verluste nur sehr begrenzt mit Gewinnen verrechenbar

Anders bei Verlusten, die aktuell viele Anleger insbesondere bei Aktien und Aktienfonds treffen, sofern sie die Papiere beziehungsweise Anteile verkaufen und damit Verluste realisieren. Bislang dürfen Verluste aus Aktienverkäufen nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen steuerlich verrechnet werden – ein Ärgernis. Verluste aus Kapitalvermögen müssen nämlich zwei verschiedenen Verlusttöpfen zugeordnet werden:

Alle Einbußen, die sich in Topf 2 befinden, werden mit positiven Kapitaleinkünften ausgeglichen. Stehen Verluste aus dem Verkauf von Fondsanteilen zu Buche, können die also gegen laufende Erträge aus Sondervermögen, Zinsen, Dividenden und Gewinne aus Anleihen- oder Aktienverkäufen aufgerechnet werden. Wer jedoch Aktien mit Verlust verkauft (Topf 1), darf die nicht mit Gewinnen aus Topf 2 verrechnen. Selbst ein Ausgleich mit Dividenden ist verboten.

Wichtig in diesem Zusammenhang: Haben Sparer ihr Geld bei mehreren Banken geparkt, müssen sie selbst aktiv werden, denn einen institutsübergreifenden Verlustausgleich gibt es nur über die Steuererklärung, schreibt Finanztest in der November-Ausgabe 2022. Dazu müsse man bis zum 15. Dezember des laufenden Jahres bei jeder Bank eine Verlustbescheinigung anfordern. „Das ist eine Ergänzung zur normalen Jahressteuerbescheinigung“, so Finanztest weiter.

Karlsruhe sitzt über Beschränkung der Verlustbegrenzung

Für Fondsanleger, die auch Einzelaktien im Depot haben, wäre es natürlich vorteilhaft, wenn Verluste aus dem Verkauf von Aktien künftig gegen Gewinne aus dem Verkauf von Fondsanteilen gerechnet werden dürften, erklärt Knorr. Die Chancen dazu stehen ziemlich gut. Der Bundesfinanzhof (BFH) hält die sogenannte Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktienveräußerungsverluste – also die Trennung der Verlusttöpfe – für verfassungswidrig (Az.: VIII R 11/18).

Zur Sicherheit hat der BFH mit Vorlagebeschluss vom 17. November 2020 das Bundesverfassungsgericht um eine Grundsatzentscheidung gebeten (Az.: 2 BvL 3/21), die bislang noch aussteht. Alle Steuerbescheide bleiben in diesem Punkt vorläufig.

Klar ist aber: Wertpapiere, die vor 2009 erworben wurden und damit aus einer Zeit vor dem Start der Abgeltungsteuer stammen, bleiben bei der Verlustrechnung außen vor, schreibt Finanztest. Der Grund: Da Gewinne aus solchen Anlagen steuerfrei waren, kann es auch keine Verlustverrechnung geben.