Grundsatzentscheidung

Axa gewinnt vor dem BGH im Streit um Beitragserhöhungen

Der BGH hat in einem Grundsatzurteil entschieden, dass die privaten Krankenversicherer den Versicherten nicht vollkommen offenlegen müssen, warum sie die Beiträge erhöhen. Ein Sieg für die Versicherungsbranche.

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09:03 Uhr | 21. März | 2024
Richter mit Hammer
| Quelle: gorodenkoff

Der Kläger wendete sich gegen Beitragserhöhungen seines privaten Krankenversicherers, der Axa, die er für unwirksam hielt, und klagte daher unter anderem auf Rückzahlung der auf die Beitragserhöhungen gezahlten Prämienanteile. Der BGH hat sich im Gegensatz zu den vorherigen Instanzen auf die Seite der Versicherungsbranche gestellt (IV ZR 68/22). Private Krankenversicherer haben bei der Erhöhung von Beiträgen und der Verwendung von Rückstellungen einen Spielraum und müssen nur in gewissen Grenzen darlegen, wie sie kalkuliert haben.

Vorgeschichte

Das Landgericht hatte der Klage zunächst stattgegeben. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil zum Teil abgeändert, aber ebenfalls unter anderem die Unwirksamkeit einer Prämienanpassung festgestellt und die Beklagte zur Rückzahlung der darauf gezahlten Prämienanteile verurteilt. Soweit die Klage Erfolg hatte, richtet sich dagegen die Revision der Beklagten, während sich der Kläger mit der Anschlussrevision gegen die zeitliche Beschränkung der Feststellung wendet, dass er nicht zur Zahlung des Erhöhungsbetrages verpflichtet ist.

Das Urteil des BGH

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Berufungsgerichts, das die Prämienanpassung für materiell unwirksam gehalten hat, nicht bestätigt.

In der Begründung des BGH heißt es, dass die Prämienanpassung sich in zwei Schritten vollzieht. Die Prämie wird zunächst anhand der geänderten Rechnungsgrundlagen neu kalkuliert; in einem Gerichtsverfahren hat der Versicherer zu beweisen, dass diese Nachkalkulation den Anforderungen des § 155 Abs. 1 VAG entspricht. In einem zweiten Schritt kann die Beitragserhöhung gemäß § 155 Abs. 2 VAG durch die Verwendung von Mitteln aus den Rückstellungen für Beitragserstattungen limitiert werden.

Bei einer gerichtlichen Kontrolle der Limitierungsmaßnahmen sind lediglich besonders schwerwiegende Verstöße gegen die schutzwürdigen Interessen der Versicherten geeignet, einen materiellen Verstoß gegen den sich aus § 155 Abs. 2 VAG ergebenden Prüfungsmaßstab für die Limitierungsmaßnahmen zu begründen. Eine Motiv- oder Begründungskontrolle der vom Versicherer getroffenen Limitierungsentscheidung findet nicht statt.

Selbst wenn eine Limitierungsmaßnahme fehlerhaft ist, lässt das die materielle Wirksamkeit einer Prämienanpassung unberührt. Diese führt lediglich dazu, dass dem einzelnen Versicherungsnehmer, soweit er dadurch konkret beeinträchtigt ist, ein individueller Anspruch auf (weitere) Limitierung, d.h. auf dauerhafte Absenkung seiner Prämie zustehen kann.

Nach Angaben des BGH muss nicht der Versicherer beweisen, dass die Limitierungsentscheidung den Anforderungen des § 155 Abs. 2 VAG entspricht, sondern der Versicherte, dass das nicht der Fall ist und er hierdurch in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Allerdings müssen die Versicherer dem Versicherten unter Umständen die nötigen Informationen für eine Prüfung zur Verfügung stellen. Das bezeichnet der BGH als sekundäre Darlegungslast. Diese Darlegungslast beinhaltet jedoch nicht die Vorlage eines umfassenden, sich auf alle parallel mit Limitierungsmitteln bedachten Tarife erstreckenden Limitierungskonzepts.

Die Revision hatte auf dieser Grundlage Erfolg und führte zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit der Klage darin stattgegeben worden war. Soweit es die Wirksamkeit der Prämienanpassung betrifft, hat der Bundesgerichtshof die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit es die Prüfung der Nachkalkulation der Prämie nachholen und, falls diese Prüfung keine Fehler ergibt, die Limitierungsmaßnahme unter Berücksichtigung der Rechtsansicht des Bundesgerichtshofs neu beurteilen kann. Die Anschlussrevision des Klägers führte aufgrund eines Verfahrensfehlers des Berufungsgerichts ebenfalls zur Aufhebung und Zurückverweisung.