„Fachlich fraglich“: Maklerin kritisiert PKV-Rating für Vollversicherungen

„Die besten PKV-Vollkostentarife 2021 für jedes Portemonnaie“ wollte dieser Tage das DFSI ermittelt haben. Doch PKV-Spezialistin Anja Glorius hat einige Schwächen im Rating aufgetan. Mindestens ein Testsieger dürfte demnach gar keiner sein.

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14:11 Uhr | 11. November | 2021
Die Leistungen mancher PKV-Volltarife im Rating des DFSI würden die Mindestvorgaben schlicht nicht erfüllen, kritisiert Maklerin Anja Glorius. Bild: KVoptimal.de

Die Leistungen mancher PKV-Volltarife im Rating des DFSI würden die Mindestvorgaben schlicht nicht erfüllen, kritisiert Maklerin Anja Glorius. Bild: KVoptimal.de

Damit man im Krankheitsfall nicht vor unbezahlbaren Rechnungen steht, sollte es in der privaten Krankenvollkostenversicherung vorrangig um die Leistungen gehen. Doch weil für die Police monatliche Beiträge von mehreren hundert Euro anfallen, spielt auch der Preis eine Rolle. „Die besten PKV-Vollkostentarife 2021 für jedes Portemonnaie“ ermittelt zu haben, damit rühmte sich dieser Tage das Deutsche Finanz-Service Institut (DFSI). Aber hält der Rating-Titel was er verspricht?

„Eine grundlegende Segmentierung in Preisklassen ist aus unserer fachlichen Sicht zur Einordnung für Kunden und Vermittler durchaus hilfreich. Gerade junge Selbstständige haben ein niedriges gesundheitliches statistisches Risiko für hohe Kosten. Speziell zu Beginn Ihres Business sind sie auf geringe Ausgaben angewiesen, um sich auf die Entwicklung und das Wachstums Ihres Unternehmens zu konzentrieren. Wichtig ist dann aber ein Optionsrecht, um den schlanken Einsteigertarif upgraden zu können, wenn das Business besser läuft“, meint Anja Glorius. Die Berliner Maklerin ist mit ihrem Unternehmen KVoptimal.de GmbH auf die PKV-Beratung spezialisiert.

Weniger gutheißen kann Glorius hingegen die Mindestleistungskriterien, nach denen das DFSI die drei Tarifgruppen Grundschutz, Standardschutz und Premiumschutz für ihr Rating definiert hat. „Das DFSI mag sicherlich in einigen Bereichen versiert sein, aber die PKV-Tarifbewertung muss ich nach diesem Rating fachlich in Frage stellen“, so die PKV-Expertin.

Schwächer als der Basistarif

Als erstes Beispiel kritisiert Glorius den Hinweis der Rating-Autoren, dass die von ihnen ausgewählten Grundschutz-Tarife mehr Leistungen bieten als die gesetzlich vorgeschriebenen Basis- und Standardtarife. „Das ist schlicht nicht korrekt“, betont die Maklerin. Beispielsweise würde der mit Gesamtnote 1,5 (sehr gut) bewertete Tarif „START“ der Signal Iduna Heilmittel und Therapien nur zu 75 Prozent übernehmen und das nur bis zu einem Rechnungsbetrag von 500 Euro pro Kalenderjahr. Nur ganz bestimmte schwere definierte Erkrankungen werden darüberhinausgehend von der Signal Iduna gezahlt.

„Bei einer logopädischen Behandlung sind die 500 Euro bei circa acht Sitzungen aufgebraucht. So etwas nicht klar als unzureichend und nicht teilnahmewürdig herabzusetzen, erklärt sich mir überhaupt nicht“, sagt Glorius. Der PKV-Basistarif sei da leistungsstärker.

Zu niedrige Zahn-Vorgaben

Ebenfalls kritisch betrachtet sie die Vorgabe für den Grund- und Standardschutz, Leistungen über den Regelhöchstsatz der GOÄ (2,3-facher Satz) nur im ambulanten Bereich zu übernehmen. „Gerade beim Zahnarzt ist dies statistisch ein empfehlenswerter Mindeststandard für jeden Tarif der PKV“, erklärt die Maklerin. Viele zahnärztliche Behandlungen würden aber ebenfalls über dem Regelhöchstsatz und sogar zum Höchstsatz (3,5-fach) und höher abgerechnet.

Dazu kommt, dass Zahnärzte laut §5 II ihrer Gebührenordnung bei der Ausführung der Behandlung selbst entscheiden dürfen, ob sie jetzt gerade eine Leistung erbringen müssen, die über dem Regelhöchstsatz liegt. Als Beispiele nennt Glorius den erhöhten Zeitaufwand und Schwierigkeitsgrad, die etwa bei der Behandlung anatomisch sehr eng zusammenstehender Zähne entstehen können. Dass er plötzlich selbst etwas dazuzahlen müsse, erfahre der Kunde erst nach der Behandlung.

Testsieger dürfte gar keiner sein

Einer der Premium-Testsieger, der Tarif „NK.Bonus“ der Halleschen Krankenversicherung (Gesamtnote 1,0), würde die DFSI-Mindestvorgaben bei den Zahnleistungen nicht erfüllen, kritisiert Glorius. Diese geben mindestens 90 Prozent Kostenersatz bei Zahnbehandlungen und mindestens 80 Prozent bei Zahnersatz vor.

Der Hallesche-Tarif würde zwar sogar 100 Prozent für Zahnbehandlung und -ersatz leisten, allerdings nur bis zu einem Rechnungsbetrag in Höhe von 550 Euro. Für darüberhinausgehende Kosten sinkt der Erstattungssatz bedingungsgemäß auf 75 Prozent.

Als Fehlerquelle im DFSI-Rating betrachtet Glorius die Datenbeschaffung. Diese wurden von den Krankenversicherern per Fragebogen und teilweisen Nachfragen eingeholt. „Wirklich Bedingungen gelesen und die Aussagen der Versicherer überprüft hat hier wohl keiner“, glaubt die Maklerin.

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