Urteil

Gericht sieht weitreichende Beratungspflicht bei Versicherungsmaklern

Ein Kunde wollte seine private Krankenversicherung wechseln, doch der neu vermittelte Tarif sorgte für eine unangenehme Überraschung. Darauf klagte der Mann gegen seine Versicherungsmaklerin - und bekam nun recht.

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14:12 Uhr | 12. Dezember | 2024
Ein Zimmer in einem Krankenhaus mit zwei Betten

Um fehlende Wahlleistungen wie den Anspruch auf ein Zweibettzimmer im Krankenhaus ging es in einem Streit vor dem Landgerichts Heinsberg.

| Quelle: fStop Images - Halfdark

Die Pflichten eines Versicherungsmaklers reichen weit. Wie weit, illustriert ein aktuelles Urteil des Landgerichts Heinsbergs (Az: 3 S 66/23, Urteil vom 21. August 2024).

Konkret ging es im vorliegenden Fall um die Umdeckung einer bestehenden Krankenversicherung. Ein Kunde war auf seine Versicherungsmaklerin zugekommen, mit der Bitte, ihm eine günstigere private Krankenversicherung zu vermitteln. Diesem Wunsch kam die Maklerin über einen ihrer Mitarbeiter nach.

200 Euro monatliche Ersparnis

Der Mitarbeiter bot dem Mann eine private Krankenversicherung an, deren monatlicher Beitrag rund 200 Euro niedriger war als im vorherigen Tarif. Allerdings enthielt der neue im Gegensatz zum vorherigen Tarif keine Wahlleistungen für die stationäre Heilbehandlung, wie Chefarztbehandlung oder die Unterbringung in einem Zweibettzimmer. Hierauf wies der Mitarbeiter den Mann allerdings nicht hin.

Bei einem Krankenhausaufenthalt einige Jahre später fiel dem Mann das Fehlen der Wahlleistungen schließlich auf. Da ihm diese jedoch sehr wichtig waren, wechselte er abermals den Versicherungstarif, musste nun aber auch aufgrund eines Risikozuschlags aufgrund einer Reflux-Krankheit nun deutlich mehr zahlen.

Der Mann fühlte sich falsch beraten und klagte gegenüber seiner Maklerin auf Schadenersatz.

Amtsgericht weist Klage zurück

Vor dem Amtsgericht Werl scheiterte er jedoch zunächst mit seiner Klage. Das Gericht stellte unter anderem fest, dass das Unwissen des Mannes im Bezug auf den Umfang seiner Krankenversicherung aus grober Fahrlässigkeit seinerseits stamme. Schließlich habe er durch Übersendung seiner Versichertenkarte und seines Vertrags Kenntnis vom Umfang seiner Versicherung erlangen können. Auch habe es ihm einleuchten müssen, dass bei einem Versicherungsnehmer seines Alters eine Beitragsreduzierung in Höhe von 200 Euro mit geringeren Leistungen verknüpft sei.

Information hat gefehlt

Das Heinsberger Landgericht bewertete den Fall jedoch anders. Grund hierfür war unter anderem die Befragung des Mitarbeiters der Maklerin. Dieser räumte ein, den Versicherungsnehmer beim Wechsel des Versicherungstarifs nicht über das Fehlen von Wahlleistungen informiert zu haben, weil er ihn selbst nicht bemerkt habe. Ihm selbst hätten fehlerhaft erstellte Angebote vorgelegt, die von anderen Mitarbeitern der Maklerin erstellt worden waren. Der Mitarbeiter bestätigte auch die Angaben des Kunden, dass dieser zwar Beiträge sparen, jedoch nicht auf Leistungen verzichten wollte.

Hierin sah das Gericht eine klare Beratungspflichtverletzung. Selbst für den Fall, dass der Kunde seinen Wunsch, den bisherigen Versicherungsumfang zu behalten, nicht klar artikuliert habe, „ist der Versicherungsmakler bei einem Wechsel zu einer Versicherung, die eine geringere Absicherung bietet, zur Aufklärung über den geringeren Schutz verpflichtet“, stellte das Gericht dar.

Keine grobe Fahrlässigkeit

Auch konnte das Gericht beim Versicherungsnehmer keine grobe Fahrlässigkeit erkennen. So gebe es im Versicherungsschein keine ausdrückliche Angabe, dass stationäre Wahlleistungen nicht versichert seien. Auch eine Verpflichtung, die Angaben auf der Versichertenkarten nach deren Erhalt zu prüfen, sah das Gericht nicht.

Auch dass der Mann aufgrund der hohen Beitragsersparnis nicht stutzig wurde, könne nicht als grobe Fahrlässigkeit gewertet werden. „Die jeweilige Höhe und Spreizung der Beiträge bei verschiedenen Versicherungsunternehmen sind einem Versicherungsnehmer regelmäßig nicht bekannt, ebenso wenig wie die jeweilige Kostenstruktur des Versicherungsunternehmens, welche die Beiträge maßgeblich beeinflusst“, so das Gericht. Da der Mann auch nicht die Prüfung von Tarifen mit unterschiedlichem Leistungsumfang in Auftrag gegeben habe, sei er auch nicht zu erhöhter Aufmerksamkeit verpflichtet gewesen.

Entsprechend muss sich die Versicherungsmakler einen Beratungsfehler vorwerfen lassen, so das Gericht. Den Streitwert legte es auf 4.000 Euro fest, die die Maklerin bzw. deren Vermögensschadenshaftpflichtversicherung ihrem Kunden nun zahlen muss.