Kostenexplosion

„Sozialpolitischer Skandal“: DAK-Chef poltert gegen private Krankenversicherer

DAK-Chef Andreas Storm warnt vor einem „Beitrags-Tsunami“ in der gesetzlichen Krankenversicherung. 2025 könnten die Beiträge um 0,6 Prozentpunkte steigen. Einen Schuldigen hat Storm schon ausgemacht: die PKV.

Author_image
14:06 Uhr | 26. Juni | 2024
Andreas Storm, Vorsitzender des Vorstands der DAK-Gesundheit

DAK-Vorstandschef Andreas Storm fordert eine stärkere Beteiligung der privaten Krankenversicherer an den steigenden Ausgaben im Gesundheitswesen.

| Quelle: DAK-Gesundheit/Läufer

DAK-Vorstandschef Andreas Storm fordert eine stärkere Beteiligung der privaten Krankenversicherer an den steigenden Ausgaben im Gesundheitswesen. Andernfalls gerate das System an seine Grenzen.

Anlass für Storms Forderung ist eine neue Studie des Berliner IGES Instituts im Auftrag der DAK-Krankenkasse. Danach drohen die Sozialbeiträge in Deutschland regelrecht zu explodieren: Bis zum Jahr 2035, so die Prognose, könnte der Gesamtbeitrag der Sozialversicherung um 7,5 Beitragspunkte auf 48,6 Prozent ansteigen.  

 "Die IGES-Projektion zeigt, dass die Sozialabgaben in Deutschland entgegen bisherigen politischen Vorgaben realistisch nicht auf 40 Prozent gedeckelt werden können", so DAK-Chef Storm. „Wir müssen vielmehr verhindern, dass die Gesamtbelastung in den nächsten zehn Jahren in Richtung 50 Prozent klettert und so Versicherte und Arbeitgeber überfordert.“

Allein in der gesetzlichen Krankenversicherung ist der Studie zufolge in den kommenden zehn Jahren ein Beitragssprung von 16,3 auf 19,3 Prozent zu erwarten.

DAK-Chef fordert Zeitenwende

Vor diesem Hintergrund plädiert Storm für eine „Zeitenwende“ in der Gesundheitspolitik und fordert einen zweistufigen Stabilitätspakt, um die Kostenexplosion abzufedern.

Ein elementarer Bestandteil dieses Stabilitätspaktes sieht vor, dass der Bund künftig die Krankenkassenbeiträge von Bürgergeldempfängern komplett aus Steuergeldern finanziert. Das würde die Kassen jährlich um rund 9,2 Milliarden Euro entlasten.

Der DAK-Verwaltungsrat nannte dies auf seiner jüngsten Sitzung einen "sozialpolitischen Skandal", der nicht länger zu akzeptieren sei. In einer vom Verwaltungsrat verabschiedeten Resolution heißt es dazu:  „Die gesetzlichen Krankenkassen erhalten für diese Personen [Bürgergeldempfänger, Anm. d. Red.] monatlich jeweils rund 120 Euro aus Steuermitteln. Das ist nachweislich nicht kostendeckend. Wird dagegen ein Privatversicherter zum Bürgergeldempfänger, zahlt der Staat der Versicherung dafür 420 Euro monatlich im Basistarif. Das ist dreieinhalb Mal so viel.“

"Gesetzlich Versicherte zahlen Zeche für Krankenhausreform"

Kritisiert wird vom DAK-Verwaltungsrat auch, dass die gesetzlichen Krankenkassen – wie von der Ampelkoalition geplant – mit jährlich 2,5 Milliarden Euro zur Finanzierung des Transformationsfonds bei der Krankenhausreform herangezogen werden sollen.

„Auch hier ist es völlig unverständlich, dass ausschließlich gesetzlich Versicherte belastet werden sollen, während die Private Krankenversicherung (PKV) keinerlei Finanzierungsbeitrag leisten soll“, heißt es dazu in der Resolution.

 „Die jahrelange Unterfinanzierung der GKV muss endlich beendet werden“, sagt Andreas Storm. Die Ausgaben der GKV sollten sich künftig an der durchschnittlichen Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen orientieren. Durch eine solche "dynamische Ausgabendeckelung" könne der Beitragsanstieg bis 2035 um gut zwei Beitragspunkte reduziert werden. "Das ist sehr ambitioniert. Aber die Begrenzung der Ausgabendynamik ist machbar."

Auch Techniker Kasse fordert Strukturreformen

Ähnlich wie Storm beurteilt auch Jens Baas, der Vorstandschef der Techniker Kasse die Situation. "Es macht einen immer wieder fassungslos, mit welcher Gleichgültigkeit die Kostenentwicklung im Gesundheitssystem zur Kenntnis genommen wird", schrieb Baas jetzt auf LinkedIn. "Das Schlimmste ist aber: Unser im internationalen Vergleich sehr teures System führt keineswegs zu herausragenden Ergebnissen für die Gesundheit der Menschen. Statt den Versicherten, den Arbeitgebern und Steuerzahlern immer noch mehr Geld abzunehmen, brauchen wir dringend grundlegende Strukturreformen."