Die Lebensversicherer mit den höchsten BaFin-Beschwerdequoten
Die Lebensversicherung zählt seit Jahren zu den Sparten mit den meisten Konflikten zwischen Kunden und Produktgeber. Das bestätigte erst kürzlich der Jahresbericht des Versicherungsombudsmanns. Über 2.000 zulässige Beschwerden trudelten im Jahresverlauf 2022 bei der Schlichtungsstelle ein. Weitere 1.132 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im vergangenen Jahr abschließend bearbeitet. Das sind 86 Fälle mehr als in 2021 (+8,2 Prozent).
Die Vorgänge verteilten sich auf 63 Lebensversicherer – sechs weniger als im Vorjahr – mit einem Gesamtbestand von rund 78,9 Millionen Policen. Unter ihnen ergibt sich eine durchschnittliche Beschwerdequote von 14,33 Fällen pro einer Million Verträge (Vorjahr: 13,18).
So schlugen sich die Marktführer
Mit Blick auf die größten Anbieter der Branche (mehr als drei Millionen Policen im Bestand; siehe Tabelle) zeigt sich, dass diese beschwerdetechnisch fast alle besser abschneiden als der Durchschnitt beziehungsweise nur knapp darüber liegen (Ergo).
Versicherer | Verträge | Beschwerden | Beschwerdequote 2022 |
Allianz | 11.437.355 | 63 | 5,51 |
R+V | 5.478.978 | 21 | 3,83 |
Generali | 5.273.591 | 38 | 7,21 |
Ergo | 3.502.091 | 48 | 13,71 |
Debeka | 3.190.195 | 18 | 5,64 |
Auch unter den übrigen Anbietern mit mindestens 100.000 Verträgen im Bestand finden sich kaum welche, deren Beschwerdequote deutlich über dem Durchschnitt liegt. Die Huk-Coburg Leben bildet hier die Spitze (20,01).
Run-off-Gesellschaften stechen deutlich negativ heraus
Deutlich höhere Quoten finden sich nur unter Versicherern, die kein Neugeschäft mehr betreiben oder dies aufgrund ihres Geschäftsmodells nie getan haben: Die Rede ist von Run-off-Plattformen wie der Entis Lebensversicherung AG (Viridium-Gruppe), die mit neun Beschwerden bei 66.234 Verträgen auf eine Quote von 135,88 kommt (Vorjahr: 97,04). Auffällig ist auch die Landeslebenshilfe (168,96), die ihre Bestände selbst abwickelt. Hier sorgten aufgrund des kleinen Bestands (11.837 Verträge Ende 2021) nur zwei Vorgänge für die vergleichsweise hohe Beschwerdequote.
Unter den Lebensversicherern mit mehr als 100.000 Verträgen im Bestand heben sich vier Run-off-Unternehmen deutlich ab (siehe Tabelle). Davon gehören drei (Skandia, Heidelberger Leben und Proxalto) zur Viridium-Gruppe. Bereits seit Jahren stechen Run-off-Firmen im Allgemeinen und die Gesellschaften von Viridium im Speziellen negativ bei den Beschwerdequoten hervor. Gegenüber procontra hatte Viridium dies im vergangenen Jahr mit grundliegenden Umstrukturierungen in den Bereichen Kundenservice und IT erklärt.
Versicherer | Verträge | Beschwerden | Quote 2022 | Quote 2021 |
Proxalto | 3.209.063 | 470 | 146,46 | 41,34 |
Heidelberger Leben | 335.788 | 27 | 80,41 | 107,78 |
Skandia | 209.849 | 15 | 71,48 | 281,56 |
LPV (Talanx-Tochter, vorher PB Leben) | 1.082.025 | 71 | 65,62 | 33,16 |
Zwar konnten Skandia und Heidelberger Leben ihre Quoten gegenüber dem Vorjahr teilweise deutlich verbessern. Mit seiner größten Einheit Proxalto (wickelt den früheren Generali-Bestand ab) ist die Gruppe aber zu Beginn des Jahres in neue Konflikte mit ihren Kunden geraten. Mittlerweile sei man zwar auf dem Weg der Besserung, heißt es, und nach einer um mehr als 200 Prozent gestiegenen BaFin-Beschwerdequote (von 141 auf 470 Fälle) kann es im nächsten Jahr auch nur schwerlich noch schlimmer kommen. Doch wie sich das Image der Run-off-Spezialisten unter ihren Kunden weiter entwickeln wird, kann trotz allem nur die Zukunft zeigen.
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