Über den Run-off von Vertragsbeständen in der Lebensversicherung wird in der Branche seit Jahren intensiv diskutiert. Vor allem dann, wenn Bestände an externe Abwickler verkauft werden (sollen). Im Falle der Ergo Lebensversicherung AG hatte man lange darüber nachgedacht, – begleitet von Kritik der eigenen Mitarbeiter und einer politischen Diskussion zum Thema – die Überlegungen zum Verkauf von rund 6 Millionen Policen dann aber verworfen.
Anders lief es im vergangenen Jahr bei der Generali Lebensversicherung. Trotz großer Bedenken von Belegschaft und Betriebsräten wurde der Verkauf von gut 4 Millionen Verträgen an die Viridium Gruppe besiegelt. Damit hatte sich das Volumen von Lebensversicherungen im externen Run-off auf einen Schlag mehr als verdreifacht.
Parallel dazu zeigte sich mit Blick auf die Beschwerdestatistik der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), dass sich die Kunden im Verhältnis zur Bestandsgröße am häufigsten über solche externen Abwicklungsgesellschaften beschwert hatten. procontra hatte damals bei diesen Run-off-Spezialisten nachgefragt, woher die Probleme rühren und Antworten von der Athora Lebensversicherung (damals noch Athene) sowie der Viridium Gruppe erhalten.
procontra hakt nach
Auch in diesem Jahr liegen wieder auffällig viele externe Abwickler an der Spitze der Lebensversicherer mit den höchsten BaFin-Beschwerdequoten. Einige von ihnen haben sich gegenüber dem Vorjahr sogar noch verschlechtert. Zwar sei zur Einordnung gesagt, dass hier in den meisten Fällen nur von etwa 10 bis 50 Beschwerdefällen pro Jahr die Rede ist. Allerdings gilt diese Prämisse auch für die Anbieter, die deutlich weniger Fälle aufweisen beziehungsweise viel größere Bestände haben.
procontra wollte deshalb auch dieses Mal wieder wissen, was die Probleme der Run-off-Gesellschaften sind. Die Antworten der drei großen externen Abwickler (Frankfurter Leben-Gruppe, Viridium Gruppe und Athora) finden sich auf den Seiten 2 und 3 dieses Artikels.
Seite 1: Viele BaFin-Beschwerden über Run-off-Spezialisten Seite 2: Probleme mit IT und Niedrigzins Seite 3: Aus eigener Sicht verbessert
Zum Käufer der Generali Leben-Verträge, der Viridium Gruppe, gehört auch die Skandia Lebensversicherung. Seit 2014 wird deren Bestand von Viridium abgewickelt. Zwar hat sich deren BaFin-Beschwerdequote im Vergleich zum Vorjahr verbessert, es ist jedoch immer noch die schlechteste auf dem Markt.
Ein Sprecher erklärte, dass es sich dabei größtenteils um Nachlaufeffekte der 2017 durchgeführten, weitreichenden Migrationsarbeiten handeln würde. Bereits im Vorjahr hatte man seitens Viridium auf Schwierigkeiten mit der IT verwiesen. „Wir lernen mit jedem Migrationsprozess und tun alles, um die Auswirkungen zu minimieren“, so der Sprecher. Dies sei durch einen merklichen Rückgang der Beschwerden über die Skandia bereits sichtbar. Auch bei der weiteren Viridium-Gesellschaft, der Heidelberger Leben, erwarte man einen Rückgang der Beschwerden in 2019. Ihre Beschwerdequote hatte sich nach einer Verbesserung in 2017 in 2018 wieder erhöht.
Niedrigzins-Beschwerden bei Frankfurter Leben
Bei der Frankfurter Leben-Gruppe sieht man sich auf einem guten Weg. Zwar ist die Anzahl der BaFin-Beschwerden für die beiden Gesellschaften Frankfurt Münchener Lebensversicherung AG und Frankfurter Lebensversicherung AG von 16 auf 18 gestiegen und die Beschwerdequote hat sich verschlechtert. Gleichzeitig hätten sich aber die Beschwerden beim Ombudsmann sowie über andere Wege verringert.
„Die Gesamtzahl der Beschwerden ging somit […] zurück. Die Ursache für die leichte Erhöhung der BaFin-Beschwerden liegt daher in einer Verschiebung von Ombudsmannbeschwerden zu BaFin-Beschwerden. Beschwerden im Zusammenhang mit dem Run-off sind die absolute Ausnahme“, erklärte der Vorstand beider Gesellschaften, Bernd Neumann, auf procontra-Nachfrage.
In Zukunft wolle man aber weiter an der Verbesserung der eigenen Services arbeiten. Die Gründe für generell höhere Beschwerdequoten bei Abwicklern sieht Neumann im generellen Geschäftsmodell Bestandskauf sowie in den zugehörigen Formalitäten:
„Dies dürfte insbesondere damit zusammenhängen, dass wir alle Kunden über den Erwerb durch unsere Gruppe informieren und wir die Kunden dabei auf die Beschwerdemöglichkeit bei der BaFin ausdrücklich hinweisen. Deshalb ist unseren Kunden die Beschwerdemöglichkeit bei der BaFin kurz nach Übernahme bewusster, als es im Gesamtmarkt üblich ist. Zudem spielen Versicherungsabläufe bei Run-off-Plattformen naturgemäß eine größere Rolle, als bei anderen Lebensversicherern. Somit kommen Beschwerden im Zusammenhang mit durch die Niedrigzinsphase verursachte niedrigere Ablaufleistungen häufiger vor“, so Neumann.
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Die Niedrigzinsphase nennt man auch bei der Athora Lebensversicherung AG (vormals Athene) als Hauptgrund für die BaFin-Beschwerden. Ein Umstand, mit dem alle Lebensversicherer zu kämpfen hätten und auf den man keinen Einfluss nehmen könne.
„Die Verträge, die nun in die Leistungsphase gelangen, wurden in einer Zeit abgeschlossen, als den Kunden basierend auf höheren Zinsen höhere Versicherungsleistungen in Aussicht gestellt wurden. Diese können jedoch heute aufgrund der dauerhaft niedrigen Zinsen nicht realisiert werden. Oftmals wird das dem Kunden erst mit der Auszahlung bewusst“, so eine Sprecherin. Durch den höheren Anteil von ablaufenden Verträgen bei Athora im Vergleich zu einem Erstversicherer sei auch die Beschwerdequote stärker betroffen.
Natürlich sei es aber im Interesse von Athora, jeden Kunden möglichst bis zum Vertragsablauf zu halten. Mit Blick auf deren Zufriedenheit befinde man sich aus eigener Sicht auch bereits auf einem guten Weg. Denn laut einer selbst geführten Statistik über die eingegangenen BaFin-Beschwerden (die BaFin-Beschwerdestatistik bezieht sich nicht auf neu eingegangene, sondern im jeweiligen Jahr abgeschlossene Fälle) habe man die eigene Beschwerdequote von 2016 bis heute um mehr als ein Drittel reduzieren können. Laut der offiziellen BaFin-Beschwerdestatistik hatte sich Athoras Quote im Vergleich zum Vorjahr allerdings verschlechtert.
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