Auslegungshilfe für EU-Kleinanlegerstrategie?
In der Debatte um die Auslegung der veröffentlichten EU-Kleinanlegerstrategie sieht sich der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) in seiner Auffassung bestätigt: Demnach sehe die EU kein Courtageverbot für Versicherungsmakler in Deutschland vor. Das sei durch Äußerungen der EU-Kommission bekräftigt worden, so der Verband.
„Wir hatten direkt nach Bekanntwerden des Entwurfes zur betreffenden Retail Investment Strategy (RIS) Anfang Mai festgestellt, dass das von der EU-Kommission aufgenommene Provisionsverbot nur bei unabhängiger Beratung gilt, also im weitesten Sinne für Versicherungsberater, die auf Honorarbasis arbeiten“, erklärt BVK-Präsident Michael H. Heinz. Er ist überzeugt, dass das Verbot nicht für Versicherungsmakler in Deutschland gedacht sei.
„Zahlreiche Verbote enthalten“
Die Irritation um die Auslegung der Strategie sind in den vergangenen Wochen deutlich geworden. Immer noch gibt es innerhalb der Branche keinen Konsens darüber, welche Folgen die EU-Forderungen für Makler hierzulande tatsächlich haben. Im Gegensatz zum BVK lesen die Vermittlerverbände AfW und Votum aus dem Papier ein klares Provisionsverbot für Makler heraus.
Auch Insurance Europe, der europäische Dachverband der nationalen Versichererverbände, warnte unlängst: „Obwohl die Kommission erklärt hatte, sie habe ihren ursprünglichen Plan, Provisionen vollständig zu verbieten, aufgegeben, (…) sind zahlreiche Verbote für die Zahlung von Provisionen in der Kleinanlegerstrategie enthalten (…).“
Nico Spiegel, Legal and Policy Officer in der EU-Kommission, erklärte auf einer Branchenveranstaltung: „Das ist kein Provisionsverbot für Makler. Das ist nicht beabsichtigt und auch nicht vorgesehen.“ Solange Makler ihren Kunden gegenüber erklären, dass sie eine Courtage vom jeweiligen Versicherungsunternehmen erhalten, könnten sie weiterhin Provision verlangen. Demnach befürchtet die EU, dass Verbrauchern in einem Beratungsgespräch nicht klar sei, dass der Makler auch vom Versicherer vergütet wird.
Methodische Auslegungshilfe für deutschen Gesetzgeber
Eine Erklärung, die Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des Bundesverband Finanzdienstleistung (AfW), bereits gegenüber procontra kritisiert hatte. Schließlich sind Makler per se unabhängig: „Die EU-Kommission hat sich sicherlich nicht mit den Feinheiten des deutschen Rechts auseinandergesetzt“, bemängelt er gegenüber procontra. „Was wir hier haben, ist ein vom Wortlaut her europarechtswidriges Vorhaben zulasten gerade der unabhängigen Beratung von Kleinanlegern und natürlich auch der dann betroffenen Maklerinnen und Makler.“ Müssten Makler gleich zu Beginn des Beratungsgesprächs einen Versicherer für ein Produkt auswählen, nur damit sie ihn nennen und damit EU-konform handeln, wäre es mit der Unabhängigkeit vorbei.
Auch der BKV-Präsident ist sich des möglichen Interpretationsspielraumes offenbar bewusst: „Noch ist die Gefahr allerdings nicht gebannt“, so Heinz. Schließlich handelt es sich augenscheinlich um ein komplexes Regelungswerk. Der Verband wolle nun mehr Klarheit und Sachlichkeit in die Debatte innerhalb der Vermittlerbranche bringen. Dafür hat er ein universitäres Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. „Dieses soll auch als methodische Auslegungshilfe für den deutschen Gesetzgeber dienen“, so der BVK.