BVSV gesteht Fehler ein und will sich reformieren
Der Bundesverband der Sachverständigen für das Versicherungswesen (BVSV) stellt sich und die ihm nahestehenden Gewerbezentren grundlegend in Frage. Das hat der erste Vorsitzende des Vereins, Andreas Schwarz, am Mittwoch telefonisch auf procontra-Nachfrage bestätigt und ausführlich in mehreren großen Social-Media-Gruppen für Versicherungsvermittler mitgeteilt. Mehrere organisatorische und kommunikative Veränderungen seien bereits beschlossen und teilweise umgesetzt worden.
Die Ursache für die Reform des Verbands liege, laut Schwarz, in anhaltender Kritik von ehemaligen wie auch aktiven Mitgliedern. Grob umrissen betreffe diese „mangelnde Transparenz, schlechte Kommunikation, missverständliche Darstellung der einzelnen Aufgaben und Tätigkeiten sowie die Vermischung von Begrifflichkeiten“, schreibt der Vorsitzende in seinen Posts.
Dass dieser Eindruck erweckt wurde, bedauere er – das sei nicht seine Absicht oder Zielsetzung gewesen. Er könne verstehen, dass diese Eindrücke durch die Darstellung der BVSV-Verantwortlichen und deren Kommunikation entstanden seien. „Ich gebe den Kritikern absolut Recht, der Fehler liegt zu 100 Prozent bei uns“, so Schwarz. Zudem bedankte er sich bei seinen Kritikern für deren Hartnäckigkeit, da sie dem BVSV aufgezeigt hätten, dass er handeln müsse.
Was war geschehen?
Ende Juli hatte procontra exklusiv darüber berichtet, dass manche der rund 170 BVSV-Gewerbezentren von Versicherungsvertretern geleitet werden. Diese Zentren sollen in ihrer Umgebung lokale und regionale Gewerbetreibende anziehen, unter anderem durch die Kooperation mit Steuerberatern und Rechtsanwälten. Auch vor dem Hintergrund des Unternehmensstabilisierungs- und ‑restrukturierungsgesetzes (StaRUG) sollen dort gebührenpflichtige Risikoanalysen für die Gewerbetreibenden erstellt werden. Darauf aufbauend können die Leiter der Gewerbezentren fließend in die Versicherungsvermittlung übergehen.
Während Makler dann unabhängig beraten und den Kunden die im Marktvergleich besten Policen vermitteln können, bleibt Vertretern immer nur der Griff ins Portfolio des einen Anbieters. Dieser Umstand hatte in Folge der procontra-Berichterstattung zu verblüfften Reaktionen in den Sozialen Netzwerken sowie an unsere Redaktion geführt. Denn etwa fünf Prozent der BVSV-Gewerbezentren werden von Einfirmenvertretern geleitet. Unter diesen befand sich bis vor kurzem auch ein DVAG-Vertreter. Sein BVSV-Gewerbezentrum Hochtaunus ist mittlerweile aber nicht mehr unter der Liste der Gewerbezentren-Standorte zu finden.
Webseiten offline, Maßnahmen beschlossen
Seine Streichung ist voraussichtlich nur die Vorhut mehrerer Änderungen, die zukünftig die BVSV -Gewerbezentren betreffen werden. Diese werden unter der BVSV Gewerbezentrum GmbH & Co. KG kommerziell gebündelt. Die Leiter der Zentren bezahlen an diese Firma monatliche Gebühren für den Betrieb sowie einen Teil der Gebühren, die sie mit den „RiskChecks“ einnehmen. Über mehrere zwischengeschaltete Firmen verdient letztendlich BVSV-Vereinsvorstand Andreas Schwarz am Betrieb der Gewerbezentren mit.
Auf Social Media schreibt dieser, dass im Zuge der Hinterfragung und Reformierung bereits neue Anforderungsprofile für zukünftige BVSV-Gewerbezentren erarbeitet und beschlossen wurden. Außerdem seien Richtlinien für die Darstellung und Kommunikation der vorhandenen BVSV-Gewerbezentren eingeführt worden. Darüber hinaus habe der BVSV die mit ihm in Verbindung stehenden Social-Media-Auftritte überprüft und eine Neuordnung derselben beschlossen.
Generell wird am öffentlichen Auftreten des Vereins gerade kräftig Hand angelegt. Schon seit Tagen ist die Internetseite des BVSV nicht mehr erreichbar – aufgrund von Wartungsarbeiten, wie es dort heißt. Auch die Internetpräsenz von Schwarz‘ Versicherungsmaklerfirma Commodus aus Koblenz befindet sich seit kurzem in der Wartung. Zu all diesen Punkten hat procontra am Mittwoch mehrere Nachfragen an Schwarz in seinen verschiedenen Funktionen gestellt, die dieser aus terminlichen Gründen erst im Laufe des Donnerstags beantworten könne.
Mitgliederversammlung und Compliance-Untersuchung
Der BVSV möchte auch seine Mitglieder in die Reform einbeziehen. Auf einer Versammlung im Oktober wolle man weitere Maßnahmen vorschlagen, diskutieren und darüber abstimmen lassen. Doch damit nicht genug. „Um den gesamten Verbesserungsprozess unserer zukünftigen Arbeit und Kommunikation so zu etablieren, dass es eindeutig ist, was wir wie und für wen und warum erbringen, müssen wir jedoch die Aufklärung der Vergangenheit fundiert und lückenlos gewährleisten“, schreibt Schwarz. Deshalb habe man eine externe, unabhängige Compliance-Untersuchung in Auftrag gegeben. Diese soll insbesondere folgende Punkte analysieren:
Legalität der Beratung durch Inhaber von Gewerbezentren, Verbraucherzentren oder Sachverständige des Verbandes im Hinblick auf die Gewerbeordnung (GewO) und das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)
Transparenz der Unternehmensstrukturen und Vergütungen
Zuverlässigkeits- und Qualitätsstandards für die Zusammenarbeit mit Fachbereichsleitern, Inhaber von Gewerbezentren und Kooperationspartnern
Compliance im Außenauftritt und in der Kommunikation auch im Hinblick auf das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb (UWG)
Sofern sich aus der Compliance-Untersuchung Hinweise zu Gesetzesverstößen ergeben, würden interne und externe Ermittlungen angestoßen, heißt es. Zu der externen Untersuchungsstelle wolle man kurzfristig eine Anlaufstelle für anonyme Hinweisgeber einrichten und den Kontakt zu dieser kommunizieren. Aus der Compliance-Untersuchung erhofft sich Schwarz konkrete Maßnahmen und Handlungsempfehlungen für die Einrichtung eines Compliance-Management-Systems beim BVSV. Die Ergebnisse der Untersuchung will er veröffentlichen, um für Außenstehende maximale Transparenz zu erzielen.
Auch zu den Feinheiten der geplanten Compliance-Untersuchung haben wir Nachfragen an Andreas Schwarz gerichtet, über deren Ergebnisse wir am Donnerstag für Sie berichten werden.