Neuer Anbieter setzt auf Unabhängigkeit

Ex-Softfair-Chef und Maklerpools gründen eigenen Vergleichsrechner

Paukenschlag für die Branche: Matthias Brauch, einstiger Geschäftsführer von Softfair, will einen neuen Vergleichsrechner für Versicherungsvermittler an den Start bringen. Der Markt brauche einen unabhängigen Anbieter, betont Brauch im procontra-Interview.

Author_image
16:03 Uhr | 22. März | 2023
Matthias Brauch

Will mit seiner neuen Firma ein neues Vergleichsprogramm für Makler entwerfen, das durch Unabhängigkeit hervorstechen soll: Ex-Softfair-Chef Matthias Brauch

| Quelle: privat

Diese Nachricht dürfte in der Versicherungsbranche für Aufregung sorgen: Matthias Brauch, einstiger Softfair-Geschäftsführer, arbeitet derzeit an der Entwicklung eines eigenen Vergleichsrechners für Versicherungsmakler. Erst im Herbst vergangenen Jahres hatte Brauch seinen Abschied vom Software-Dienstleister Softfair bekannt gegeben, für den er zuvor rund 18 Jahre tätig gewesen war.

Nun ist klar, wie es für Brauch weitergeht. Der nun in der Entwicklung befindliche Vergleichsrechner soll vor allem durch Unabhängigkeit punkten, nachdem sämtliche Vollsortiment-Anbieter in den vergangenen Jahren von einzelnen Marktteilnehmern aufgekauft worden waren. Zuletzt hatte die Swiss Life Gruppe die Hannoveraner Franke und Bornberg Research GmbH aufgekauft – ein Deal, der von vielen Maklern kritisch gesehen wird.

Über seine Motivation für das neue Projekt, die konkreten Pläne und wie er die Unabhängigkeit des neuen Unternehmens in Zukunft sicherstellen will, sprach Brauch im Interview mit procontra auf.

procontra:

Mit Ihrer neuen Firma Comparit wollen Sie neue Vergleichsrechner für Makler auf den Markt bringen. Warum braucht es noch eine solche Firma?

Matthias Brauch:

Wir haben am Markt derzeit eine aus Sicht des unabhängigen Maklers sehr unbefriedigende Situation: Die drei Vollsortimenter am Markt - also die Vergleicher, die alle Versicherungssparten abdecken - befinden sich in der Hand einzelner Branchenakteure. Softfair gehört zur Gruppe rund um die Fonds Finanz, Morgen & Morgen zu Jung, DMS & Cie. und Franke und Bornberg zur Swiss Life Gruppe. Gerade bezogen auf den letztgenannten Vergleicher finde ich es – gelinde gesagt – schwer zu verstehen, dass ein Vergleicher überhaupt in der Hand eine Versicherungsunternehmens sein kann. Als Makler stellt man sich da doch die Frage: Welcher Anbieter arbeitet ausschließlich für mich? Der Markt für einen unabhängigen Vergleicher ist aus meiner Sicht zurzeit unbesetzt und ich glaube, wenn man es richtig angeht, gibt es eine große Chance, diese Lücke zu füllen. Der Markt braucht mindestens einen unabhängigen Vergleicher.

procontra:

Unabhängigkeit ist ja ein großes Wort. Wie wollen Sie die denn sicherstellen?

Brauch:

Wir garantieren unsere Unabhängigkeit zum einen durch mehrere Investoren, zum anderen durch unser Konstrukt.

procontra:

Wie sieht ihre Firmenstruktur konkret aus?

Brauch:

51 Prozent der Firmenanteile werden den Gründern gehören, also mir und den Mitarbeitern. Konkret: 26 Prozent der Anteile werden durch meine Firma gehalten, 25 Prozent von einer Mitarbeiter-KG. Die anderen 49 Prozent verteilen sich auf mehrere Marktteilnehmer, in dem Fall: die Maklerpools Netfonds, Blau direkt und Maxpool. Für den Eintritt weiterer Pools, Vertriebe und Großmakler sind wir offen und wollen im 1. Halbjahr 2024 mit den ersten Produkten auf weitere Pools, Vertriebe und Maklerunternehmen zugehen.

procontra:

Wie weit sind Ihre Pläne fortgeschritten?

Brauch:

Am 2. Januar diesen Jahres haben wir mit der Entwicklung gestartet. Wir haben die Positionen des CEO, CTO sowie des COO bereits besetzt und verfügen über eine Entwicklertruppe, die wir im Laufe der kommenden Monate sukzessiv erweitern werden. Derzeit haben wir sechs Angestellte, weitere zehn Personen kommen bis zum 1.9. hinzu. Bis Mitte 2024 wird das Team zwischen 30 und 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählen.

procontra:

Alles bekannte Gesichter aus der Branche?

Brauch:

Der überwiegende Teil unseres Teams kommt aus der Branche, hat Erfahrung mit der Entwicklung von Lösungen für die Finanzdienstleistungsbranche. Wir haben aber auch bewusst branchenfremde Kräfte an Bord geholt, die uns mit ihrem unverstellten Blick und ihren Erfahrungen aus anderen Branchen bereichern und neue Möglichkeiten aufzeigen.

procontra:

Ist es das Ziel, noch in diesem Jahr ein fertiges Produkt auf den Markt zu bringen?

Brauch:

Ja, wir wollen bis Ende des Jahres mit einem Lebensvergleichsprogramm auf den Markt gehen. Es soll erst einmal biometrische Risiken, also Berufsunfähigkeits- und Risikolebensversicherungen, umfassen. Vielleicht schaffen wir aber auch ein bisschen mehr.

procontra:

Ihr Ziel bleibt es aber, dass das Vergleichsprogramm letztlich alle Sparten umfasst?

Brauch:

Mit diesem Ziel sind wir angetreten. Ich halte es auch für die einzige Möglichkeit, als Vergleichsprogrammanbieter am Markt zu bestehen. Nutzer der Programme verstehen zurecht nicht, warum sie mit verschiedenen Herstellern am Markt reden müssen, wenn es um Schnittstellen und einheitliche Oberflächen geht. Wir wollen uns jedoch auf die Sparten der Privatversicherung beschränken.

procontra:

Soll es außer der Sicherstellung der eigenen Unabhängigkeit noch weitere Punkte geben, mit denen sie sich von der Konkurrenz abgrenzen wollen?

Brauch:

Bislang war es häufig so, dass die digitalen Antragsstrecken lediglich ein Abfallprodukt des Vergleichs waren. Wir wollen jedoch von Anfang an in digitalen Strecken zwischen Versicherer und Makler denken, auf diesen Strecken setzen wir dann den sachlich-fundierten und unabhängigen Vergleich auf. Das ist unsere fachliche Vision, die technische Vision ist unter anderem, dass wir einen API-first-Ansatz verfolgen. Zur Nutzerfreundlichkeit kommt damit auch die „Developer Experience“. Hier kommt uns natürlich zugute, dass wir ohne irgendwelche Altlasten auf der grünen Wiese anfangen können. Der Traum eines jeden Technikers.

procontra:

Umfasst diese Vision auch noch weitere Punkte?

Brauch:

Wir möchten, dass das Vergleichsprogramm technisch möglichst unabhängig ist von den in Deutschland teils doch sehr argen Netzproblemen – der Makler muss in die Lage versetzt werden, die Beratung zu großen Teilen auch offline durchführen zu können.

procontra:

Aber die Berechnungen finden doch online statt...

Brauch:

Das ist richtig und wird auch bei uns so sein. Um das klarzustellen: wir bauen ausdrücklich ein Online- und kein Offline-Programm, der Zug für letzteres ist durch die zunehmend ausschließlich über Webservices stattfindende Berechnung abgefahren. Allerdings muss der Makler in die Lage versetzt werden, sofern er sich vor dem Beratungsgespräch gut vorbereitet und mehrere Berechnungen eingeholt hat oder das Programm automatisiert für ihn vorhält, die vollwertige Beratung inklusive Abschluss beim Kunden offline durchzuführen. Das kann derzeit kein Vergleichsprogramm, das muss vollkommen neu gebaut werden. Hier sehe ich eine große Chance für uns.

procontra:

Ist das für Vermittler ein großes Problem?

Brauch:

Aus fast zwanzig Jahren Erfahrung kann ich Ihnen sagen: ja ist es! Ich bin mir sicher, so gut wie jede Maklerin und jeder Makler weiß, wovon ich rede. Das Problem entsteht ja nicht nur durch die geringe Netzabdeckung und niedrige Netzbandbreiten in Deutschland. Insbesondere wenn man Firmenkunden berät, bekommen Makler häufig keinen Zugang zu deren W-Lan, viele der Gebäude sind abgeschirmt, so dass auch anderweitig keine Verbindung mit dem Internet hergestellt werden kann. Dann muss entweder ein neuer Termin an anderem Ort vereinbart oder auf Papier und Stift zurückgegriffen werden. Und schon gibt s kaum eine Chance, den Beratungsprozess wieder auf die digitalen Strecken zurückzuholen. Zudem zahlt diese Entwicklung auch auf weitere Features der Programme ein, unter anderem auf die Datensynchronisation bei verteilter Nutzung der Programme, beispielsweise durch eine Bürokraft.

procontra:

Die Entwicklung eines vollkommen neuen Vergleichsprogramms ist ein aufwendiger und damit auch kostenintensiver Prozess. Wie sieht es mit ihrer Finanzierung aus?

Brauch:

Wir sind über die kommenden drei Jahre komplett ausfinanziert, so dass wir in dieser Zeit keinen Euro Umsatz machen müssten. Wir suchen aber nach weiteren Interessenten und wollen, wie bereits erwähnt, dazu auch mit einem Angebot auf die Branche zugehen. Dadurch fließt aber kein weiteres Geld in die Firma – stattdessen wird lediglich das investierte Kapital der jetzigen Investoren abschmelzen. Eine Kapitalerhöhung hätte sonst zur Folge, dass die Anteile der Gründer und Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen abschmelzen – das wollen wir ausdrücklich nicht. Schließlich sollen die Mitarbeiter:innen auch zukünftig das Sagen über die Firma haben. Wir planen, unseren Break-Even ausschließlich über die Lizenzgebühren für unsere Vergleichsprogramme zu erhalten.

procontra:

Das Geschäft mit Versicherungsvergleichern ist ein sehr nischiges – ist der Markt groß genug für einen weiteren Mittbewerber?

Brauch:

Der Markt verträgt gerade in der jetzigen Zeit einen weiteren Player, der sich mit der Neutralität ja momentan auch ein Alleinstellungsmerkmal sichert. Ich habe aus der Branche dazu bislang auch ausschließlich positive Rückmeldungen bekommen. Und irgendjemand muss es ja machen: die „Nischigkeit“ des Marktes ist manchmal eben ein Hindernis für neue Akteure, in diesen Markt einzusteigen. Rechnet man alle Vergleicher im B2B-Bereich zusammen, kommt man auf ein Umsatzvolumen von ca. 50 Millionen Euro. Das sind natürlich keine Summen, die für große Player interessant sind. Es braucht also eine gewisse Leidenschaft, sich in diesem Segment zu engagieren. Diese Leidenschaft ist allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der comparit zu eigen.